Pitch (German Edition)
Firmengeländes und er, nachdem er seine Butterstulle
gegessen und sein Wasser abgeschlagen hat, nutzt nun die Gelegenheit,
bei der Lektüre eines Pornomagazins, das junge, alte, dicke,
dünne Frauen zeigt, die von vorne und von hinten, oben und
unten, von einem, zwei oder drei und mehr Männern so richtig
hart rangenommen werden, sich selbst zu befriedigen, das nimmt seine
ganze Aufmerksamkeit in Anspruch und so erübrigt er keinen Blick
für Ulla Mertesacker, die inzwischen oben angekommen ist und die
Tür zu Keisers Vorzimmer offen findet, sie tritt ein, auch die
Tür zum inneren Büro ist offen, dort, am Platz Karl
Keisers, hinter dem Schreibtisch sitzt Jürgen Fontaine mit dem
Rücken zu ihr, den Blick zum Fenster gerichtet, scheinbar die
Aussicht genießend, auf das Tal und den Fluss blickend, auf die
Industrielandschaft, umrandet von idyllischer Natur, von grünen
Hängen, die das Tal begrenzen, durchzogen von Weinbergen,
versetzt mit kleinen Ortschaften, in denen, hart am Hang, die Reichen
ihre Villen haben, von denen aus auch sie den Blick ins Tal werfen
können, eine davon ist die Karl Keisers, in diese Richtung
blickt Jürgen Fontaine, der Pläne schmieden muss für
eine Zukunft ohne Karl, der mehr für ihn war als nur ein
Geschäftspartner, ein Freund fast schon, und das, ein Freund,
hätte auch Worbs werden können, beim Vornamen haben sie
sich bereits genannt, das Du wäre nur eine Frage der Zeit
gewesen, der Antritt als Vorstandsvorsitzender und Nachfolger Karl
Keisers hätte sich als Gelegenheit angeboten, Michael, beim
Vornamen nennen wir uns ja schon, aber darf ich Ihnen als
Aufsichtsrat und Älterer nun auch das Du anbieten, nett wäre
das gewesen, jetzt aber steht es, scheint‘s, schlecht um Worbs,
und Mellendorf hat die Oberhand, aus diesen Gedanken wird er durch
leise Geräusche herausgerissen, durch die sachten Schritte der
Ulla Mertesacker, die in der Tür steht, als er sich umdreht, sie
hat die Hände an herabhängenden Armen in der Körpermitte
gefaltet, die Haare sind streng zurückgekämmt und zum Dutt
gebunden, sie trägt ein steifes, graues Kostüm und eine
weiße Bluse, der oberste Knopf ist offen und gibt den Blick
frei auf einen schönen Hals, den ein feines Goldkettchen ziert,
so steht sie da, guten Tag, Frau Mertesacker, schön, dass Sie es
noch haben einrichten können, kein Problem, sagt sie, wissen wir
schon genaueres, fragt er, gleich zum Punkt kommend, nein, sagt sie,
die Ärzte untersuchen ihn wohl noch oder operieren ihn, so genau
war das von Frau Worbs nicht zu erfahren, wie schlimm es wirklich um
ihn steht, werden wir wohl erst in den nächsten Tagen wissen, mhm , murmelt Fontaine, schrecklichschrecklich, erst Keiser,
dann Worbs, sagt er, das denkt hier jeder, sagt sie, nun, sagt er,
Frau Mertesacker, ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen und die
müssen Sie streng vertraulich behandeln, verstehen Sie,
natürlich, sagt sie, Mellendorf wird voraussichtlich den Posten
des Vorstandsvorsitzenden übernehmen, nach Lage der Dinge ist
dies das einzig Ratsame, er wird es werden, sie nickt, allerdings,
sagt er und fährt fort, hat er einige Andeutungen gemacht, dass
mit Worbs manches nicht ganz so, nun, sagen wir, das da etwas nicht
so ganz koscher sei, Ulla Mertesacker schaut ihn überrascht an,
Sie, fragt er, wissen nicht, was er meinen könnte, sie zuckt mit
den Schultern, ich habe keine Ahnung, sagt sie, sehen Sie, sagt er,
es ist mir ausgesprochen unangenehm, mit Andeutungen über die
Integrität eines unserer hervorragendsten Managers konfrontiert
zu werden und nicht zu wissen, wer der eigentlich Fragwürdige
ist, der eventuell Verleumdete oder der, nun, Anklagende, sie sieht
ihn an, dann sagt sie, tut mir Leid, Herr Fontaine, ich kann dazu
wirklich nichts sagen, ich arbeite für Herrn Worbs erst seit er
hier im Konzern tätig ist und in dieser Zeit ist mir nichts in
irgendeiner Art und Weise Unbotmäßiges aufgefallen, über
seine Zeit vor uns kann ich freilich nichts sagen, andererseits, sie
zögert, ja, fragt er, andererseits hat mir neulich schon einmal
jemand Fragen über Herrn Worbs Vergangenheit gestellt, wer,
fragt Fontaine, Herrn Mellendorfs Referent, wie heißt er noch,
ich komme nicht auf seinen Namen, und, unterbricht er sie, was haben
Sie ihm gesagt, das Gleiche wie Ihnen, erwidert sie.
65
Die
Pommesbude …
… am
Stadion hat sich in den letzten Jahren zum Kiosk mit Ausschank
gemausert, Willi Funke, der Betreiber und Besitzer, hat ein Händchen
für seine
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