Pitch (German Edition)
alles glatt geht, wird er ihn der Belegschaft als seinen
Nachfolger präsentieren, Altenberg wird er freilich vorab davon
informieren, von Lachmann-Zeil kaut auf seiner Pfeife, leicht bucklig
steht er da, die Hände in den Hosentaschen, das etwas wirre,
dünne Haar um den Ansatz der Glatze vom Wind verstrubbelt, man
sieht es ihm nicht an, aber er ist ein Werber mit Sinn für Geld,
Macht und Manipulation, gerade kommt Jo in sein Büro, wie
abgemacht, ein Liedchen trällernd, er kommt heraus auf den
Balkon und stellt sich neben ihn, von Lachmann-Zeil sagt nichts,
schrecklicher Anzug, denkt er, beige, das mag er nicht, zu hell, zu
grell, Ferdi selbst, er weiß es, gleicht mit seinen auswärts
gerichteten Füßen und der grünen Strickjacke ein
wenig einem Clown ohne Schminke, herrlicher Morgen, sagt er, ich mag
es, wenn die Sonne das Dach aufheizt, den anderen wird es immer
schnell zu warm, aber ich mag es, Jo nickt nur, das alles, fährt
Ferdi fort, muss am Laufen gehalten werden, jeden Monat muss genug
Geld reinkommen, damit sechzig Mitarbeiter bezahlt werden können,
es muss etwas übrig bleiben für das Haus, und für neue
Rechner, selbst die Putzkolonne will bezahlt sein, er blickt Jo an,
der aufmerksam zuhört, das ist nicht immer einfach, sagt Ferdi,
es macht nicht immer Spaß, es ist schön, Leute,
einzustellen, aber es ist gar nicht lustig, sie entlassen zu müssen,
wenn die Jobs ausbleiben, wenn Rechnungen nicht mehr bezahlt werden,
wir haben gute Kunden, bekannte Kunden, aber sie geben uns nicht so
viele Aufträge, wie sie es schon getan haben, einige haben wir
verloren, einen wegen Werner, darüber möchte ich gerade gar
nicht sprechen, manche sind auch nur noch auf dem Papier bei uns,
nun, wenn wir den Etat heute Mittag gewinnen, wird das wie eine Bombe
einschlagen, Aufträge wird es uns bringen, ich gehe davon aus,
dass wir dann satt zu tun haben werden, verschmitzt blickt er Jo an,
wir werden Alex mitnehmen, Jo nickt nur, aber es scheint ihn
unangenehm zu berühren, vielleicht, denkt Ferdi, weil die beiden
in letzter Zeit immer weniger als Kumpel, eher als Kollegen
aufgetreten sind, distanzierter ist ihr Verhältnis geworden,
denn Alex Mack hat sich zum Rivalen gemausert, Ferdi sieht das und
sagt beruhigend, die Data AvaNew AG wird sich bei Magellan’s
Ads einkaufen, Altenberg hat mich aufgefordert, einen Geschäftsführer
aufzubauen, der den Laden nach mir mal leiten wird, der wirst du
sein, Jo, du hast es dir verdient, gleichwohl, beschwichtigt Ferdi
Jo, der ihm danken will, gibt es da noch einen Haken, den Altenberg
bislang noch nicht wahrgenommen hat, das ist unsere derzeitige
Auftragslage, die Umsatzzahlen sind unter Plan und unsere
Gewinnaussichten wenig erfreulich, das heißt, fragt Jo, das
heißt, antwortet Ferdi, wenn wir den Pitch heute nicht
gewinnen, wird Altenberg gar nicht begeistert sein, vielleicht wird
dann sogar der Deal mit Data AvaNew platzen, Jo wendet sich
gedankenverloren dem Fluss zu, wie du siehst, sagt der Alte, es ist
ein Tag der Entscheidungen, und jetzt freu dich, mein Junge, zeig mir
die Layouts, es wird schon schiefgehen.
13
Ausgerechnet
Anselm Hoffmann …
... hat man
sie zuweisen müssen, denkt Mareike Müller, die als
Texttrainee seit drei Wochen in der Agentur ist, Alex, der ist
witzig, der hat was weg, bei dem kann man was lernen, aber Anselm ist
ein dröger Kerl, der glaubt, sie hätten viel gemeinsam,
weil sie an der gleichen Uni bei den gleichen Profs studiert haben,
jetzt textet er sie zu, um kurz nach neun in der Kombüse,
erzählt ihr was von Werbung, der USP, das ist die Unique
Selling Proposition , das einzigartige Verkaufsargument, das, was
den Kunden zum Kauf reizt, das, was das Produkt von allen anderen
unterscheidet, referiert Anselm, blablabla , Gott, dieser dürre
Langweiler, dieser ewige Student, der noch immer seiner längst
aufgegebenen Promotion nachweint, Mareike will nur ihren Kaffee
trinken, sie schäumt die Milch auf, wählt die große
Tasse , der Kaffeeautomat beginnt laut zu mahlen, aber Anselm
lässt sich davon nicht abhalten und Mareike tut so, als würde
sie ihn noch verstehen und ihm zuhören, dabei werden seine Worte
zwischen den Kaffeebohnen zermahlen, Anselm redet weiter,
ununterbrochen, red du nur, Mareike lacht immer höflich zu
seinen Kalauern, dann bringt Anselm mal wieder eine Abkürzung, KISS , denk immer an KISS , nicht die Gruppe, sondern das KISS -Prinzip, keep it stupid and simple , kurz, erwarte
nie zu viel von der
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