Planeten 03 - Venus
Besatzungsmitgliedern, mit der Erde zu kommunizieren, und ein paar von ihnen gaben das Geld über die elektronischen Links mit vollen Händen aus, so dass sie wohl alles verprasst haben würden, wenn wir landeten.
Ich führte derweil viele Gespräche mit Mickey Cochrane und anderen Wissenschaftlern und präsentierte ihnen die Daten und Videoaufnahmen von der Venus. ›Gespräche führen‹ war aber vielleicht das falsche Wort. Selbst Lichtwellen brauchten über neun Minuten, um die Entfernung zwischen der Lucifer und der Erde zu bewältigen. Richtige Gespräche waren unter diesen Umständen illusorisch; eine Seite redete, und die andere hörte zu. Dann tauschten wir die Rollen.
Ich wunderte mich, dass Professor Greenbaum sich nicht an der Kommunikation beteiligte, bis Mickey mir sagte, dass er gestorben sei.
»Gestorben?«, fragte ich konsterniert. »Wie denn?« Ich vermochte mir wohl vorzustellen, dass Leute bei Unfällen getötet wurden oder starben, weil sie nicht rechtzeitig die notwendige medizinische Versorgung erhielten, wie zum Beispiel Fuchs.
Aber Greenbaum musste sich doch in einer großen Universität befunden haben. Woran er wohl gestorben war?
Mickey hörte die Frage natürlich nicht, die mir entfahren war. »Die offizielle Todesursache war Nierenversagen«, fuhr sie fort. »Aber im Grunde war es Alters-schwäche. Er hat sich nie einer Verjüngungstherapie unterzogen, und die inneren Organe waren einfach verschlissen.«
Wie konnte ein Mensch zulassen, dass er starb, wenn gar keine Notwendigkeit bestand?
Ich verstand die Denkweise dieses Mannes nicht. Das Leben ist so wertvoll...
»Er ist aber als glücklicher Mensch gestorben«, fügte Mickey mit einem Lächeln hinzu.
»Deine telemetrischen Daten über die Vulkanausbrüche haben ihm bestätigt, dass er recht hatte mit seiner Vermutung, dass die Venus in eine unruhige Phase eintritt.«
Ich fragte mich, ob sie das auch glaubte. Als ich wieder mit dem Sprechen an der Reihe war, fragte ich sie das. Nach fast zwanzig Minuten erschien ihre Antwort auf meinem Bildschirm.
»Wir werden sehen«, sagte sie sachlich.
Kurze Zeit nach dieser ›Konversation‹ mit Mickey kam Marguerite in meine Kabine.
Sie schaute ernst und besorgt.
»Was ist denn?«, fragte ich und bedeutete ihr, auf einem Stuhl vorm Schreibtisch Platz zu nehmen. Ich hatte gerade in einem von Fuchs’ alten Büchern gelesen, das schon aus dem Leim ging. Es handelte vom Goldrausch am Yukon vor fast zweihundert Jahren.
»Dein Bruder«, sagte sie, wobei sie angespannt auf der Stuhlkante saß.
Das Herz krampfte sich mir in der Brust zusammen. »Ist etwas von Alex übriggeblieben? Irgendetwas?«
»Es waren feine, pulvrige Rückstände im Raumanzug«, sagte Marguerite.
»Asche.«
»Ja. Asche.«
Es blitzte wieder vor dem geistigen Auge auf: Wie Alex in der Rettungskapsel gefangen war und auf der höllischen Oberfläche der Venus bei lebendigem Leib gedünstet wurde. Wie lang hatte es gedauert? Ob er das Visier gelüftet hatte, damit der Tod schneller kam?
»Der Anzug ist intakt«, sagte Marguerite, als ob sie meine Gedanken gelesen hätte. »Anscheinend hat er ihn anbehalten, bis die Hitze ihn umgebracht hat.«
Ich sank auf dem Drehstuhl zusammen.
»Er ...« Ihre Stimme versagte. Dann schluckte sie schwer und fuhr fort: »Er hat dir eine Botschaft hinterlassen.«
»Eine Botschaft?«, fragte ich überrascht.
Marguerite griff in die Tasche ihres Overalls, holte einen kleinen Datenchip heraus und reichte ihn mir über den Schreibtisch. Ich sah, dass ›Van‹ darauf gekritzelt war.
»Er war in einer Beintasche des Anzugs. Es handelt sich vermutlich um eine Botschaft«, sagte sie. »Ich habe noch nicht reingeschaut.«
Ich hielt den Chip auf der Fläche der ausgestreckten Hand. Das ist alles, was von Alex übrig ist, sagte mir eine innere Stimme.
Marguerite erhob sich. »Du wirst dir das ungestört ansehen wollen«, sagte sie.
»Ja«, flüsterte ich. Erst als sie schon an der Tür war, fiel es mir ein, mich bei ihr zu bedanken.
Sie nickte und ging, wobei sie die Tür leise hinter sich schloss.
Ich weiß nicht, wie lang ich dagesessen und auf den Chip gestarrt hatte. Ich hatte wohl Angst, ihn abzuspielen und meinen Bruder sterben zu sehen. Ich wusste zwar, dass er nicht mein Bruder war, zumindest nicht genetisch, aber ich vermochte mir Alex nicht anders vorzustellen als meinen Bruder. Er war mein Leben lang mein großer Bruder gewesen, und nun wurde ich mir bewusst, dass er in den
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