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Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Titel: Planetenwanderer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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ein anderes Ratsmitglied, eine kräftig gebaute Frau mit rotem Gesicht, »können die Schlammtöpfe unmöglich intelligent sein. Zugegeben, sie haben Gehirne von der Größe eines menschlichen Gehirns. Aber das ist auch schon alles , was sie haben. Sie haben keine Augen, Ohren, Nasen, praktisch keine Sinnesorgane außer für Berührungen. Sie haben nur diese schwächlichen Tentakel als Greiforgane, kaum stark genug, einen Kieselstein anzuheben. Und tatsächlich werden diese Tentakel nur benutzt, um sie an ihrem Platz auf dem Meeresboden zu verankern. Sie sind Hermaphroditen und ausgesprochen primitiv, mobil nur in den ersten Lebensmonaten, bevor ihre Schale aushärtet und zu schwer wird. Sobald sie sich am Boden verankert und mit Schlamm bedeckt haben, bewegen sie sich überhaupt nicht mehr. Dort bleiben sie für Hunderte von Jahren.«
    »Tausende«, stellte Haviland Tuf richtig. »Es sind bemerkenswert langlebige Wesen. Alles, was Sie sagten, ist zweifelsohne korrekt. Nichtsdestotrotz sind Ihre Schlussfolgerungen falsch. Sie sind blind vor Kriegslust und Furcht. Wenn Sie etwas Abstand von der Situation hätten und lange genug innegehalten hätten, um intensiv darüber nachzudenken, so wie ich es getan habe, dann würde es sogar militärischen Gehirnen aufgehen, dass Ihre Misere keine natürliche Katastrophe ist. Allein die Machenschaften einer feindlichen Intelligenz können den tragischen Verlauf der Ereignisse auf Namor zufriedenstellend erklären.«
    »Sie erwarten doch nicht von uns, dass wir …«, begann jemand.
    »Sir«, erwiderte Haviland Tuf. »Ich erwarte, dass Sie mir zuhören. Wenn Sie bitte davon absehen würden, mich zu unterbrechen, will ich Ihnen alles erklären. Dann mögen Sie entscheiden, ob Sie es glauben oder nicht, je nachdem, wie es Ihnen gefällt. Ich werden meinen Lohn entgegennehmen und abreisen.« Tuf schaute Dax an. »Idioten, Dax. Überall, wo wir sind, nur Idioten.« Er schenkte seine Aufmerksamkeit wieder den Oberwächtern und fuhr fort. »Wie ich Ihnen dargelegt habe, war hier eindeutig Intelligenz am Werk. Die Schwierigkeit bestand darin, diese Intelligenz zu finden. Ich habe die Arbeiten Ihrer namorianischen Biologen studiert, der lebenden und der verstorbenen, habe viel über Ihre Flora und Fauna gelesen und zahlreiche einheimische Lebensformen an Bord der Arche nachgebildet. Kein unmittelbar infrage kommender Kandidat für Intelligenz war dabei. Die traditionellen Merkmale intelligenten Lebens umfassen ein großes Gehirn, entwickelte Biosensoren, Mobilität und irgendeine Art von Greiforganen, wie zum Beispiel entgegengesetzt liegende Daumen. Nirgendwo auf Namor konnte ich ein Wesen mit all diesen Attributen finden. Meine Hypothese war jedoch trotzdem korrekt. Also musste ich meine Aufmerksamkeit auf eher unübliche Kandidaten lenken, da es keine üblichen gab.
    Zu diesem Zweck studierte ich die Geschichte Ihrer Misere, und plötzlich schien sich alles von selbst zu erklären. Sie glauben, dass Ihre Seeungeheuer aus den dunklen Tiefen der Ozeane emporgestiegen sind, aber wo tauchten sie zuerst auf? In den flachen Gewässern vor der Küste – den Gebieten, wo Sie fischen und Ihre Aquafarmen betreiben. Was haben all diese Gebiete gemeinsam? Sicherlich Leben in Hülle und Fülle, so viel steht fest. Aber nicht das gleiche Leben. Die Fische, die die Gewässer vor Neu-Atlantis bevölkern, kommen in denen der Gebrochenen Hand nicht vor. Aber ich fand zwei interessante Ausnahmen, zwei Arten, die man buchstäblich überall finden konnte – die Schlammtöpfe, die über lange Jahrhunderte hinweg unbeweglich in ihren großen, weichen Betten lagen, und die Wesen, die Sie als Namorianische Kriegsschiffe bezeichnen. Das alte einheimische Volk hat einen anderen Namen dafür. Sie nennt sie Wächter.
    Als ich erst einmal so weit gekommen war, mussten nur noch die Details ausgearbeitet und meine Vermutungen bestätigt werden. Ich hätte schon viel früher zu diesen Schlussfolgerungen gelangen können, wenn nicht die groben Unterbrechungen durch Verbindungsoffizier Qay gewesen wären, die ständig meine Konzentration gestört und mich schließlich aufs Brutalste dazu gezwungen hat, viel Zeit damit zu verschwenden, Graue Kraken und Klingenflügler und verschiedenste andere derartige Kreaturen auszusenden. In Zukunft werde ich mir derartige Verbindungen sparen.
    Doch in gewisser Weise war das Experiment auch nützlich, da es meine Theorie über die tatsächliche Situation auf Namor bestätigt hat.

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