Planetenwanderer: Roman (German Edition)
sich die Türen öffneten und Haviland Tuf hereintrat, eskortiert von vier bewaffneten Wächtern in goldenen Overalls. Er war unglaublich. Seine Schuhe quietschten, wenn er ging, und sein langer Mantel war völlig verdreckt. Dax war wie erwartet in seiner linken Tasche zu sehen, hatte die Pfoten über den Rand gehängt und blickte eindringlich mit großen Augen. Aber die Oberwächter schauten gar nicht auf das Kätzchen. Unter dem anderen Arm trug Haviland Tuf einen schlammverschmierten Stein, der ungefähr so groß war wie der Kopf eines großen Mannes. Eine dicke Schicht aus grünbraunem Schleim bedeckte ihn, und Wasser tropfte auf den edlen Teppich.
Ohne ein Wort ging Tuf direkt zum Konferenztisch und legte den Stein mitten darauf ab. Nun bemerkte Kefira Qay den Saum aus Tentakeln, blass und dünn wie Garn, und stellte fest, dass es gar kein Stein war. »Ein Schlammtopf«, rief sie vor Überraschung. Kein Wunder, dass sie ihn nicht erkannt hatte. Sie hatte zwar schon viele Schlammtöpfe in ihrem Leben gesehen, aber erst, nachdem sie gewaschen und gekocht und die Tentakeln entfernt worden waren. Normalerweise wurden sie mit Hammer und Meißel serviert, um die knochige Schale aufzuknacken, und mit geschmolzener Butter und Gewürzen.
Die Oberwächter sahen erstaunt zu, dann begannen alle fünfundzwanzig auf einmal zu reden. In der Ratskammer ertönte ein Durcheinander sich überlagernder Stimmen.
»… das ist ein Schlammtopf, ich verstehe nicht …«
»Was hat das zu bedeuten?«
»Er lässt uns den ganzen Tag warten und kommt dann verdreckt wie ein Schlammbuddler in den Rat. Die Würde des Rates ist …«
»… habe keine Schlammtöpfe mehr gegessen seit, oh, zwei, drei …«
»… kann nicht der Mann sein, der den Planeten retten …«
»… völlig verrückt, schauen Sie sich nur …«
»… was ist das da in seiner Tasche? Sehen Sie nur! Mein Gott, es hat sich bewegt! Es lebt, glauben Sie mir, ich hab es doch gesehen …«
»Ruhe!« Lysans Stimme durchschnitt das Gemurmel wie ein Messer. Der Raum beruhigte sich, als sich die Oberwächter, einer nach dem anderen, zu ihm umdrehten. »Wie Sie es wünschten, sind wir hier zusammengekommen«, sagte Lysan in ätzendem Tonfall zu Tuf. »Wir erwarteten, dass Sie uns eine Antwort mitbringen. Stattdessen haben Sie uns das Abendessen gebracht.«
Jemand kicherte.
Haviland Tuf betrachtete finster seine schmutzigen Hände und wischte sie sich geziert am Mantel ab. Er nahm Dax aus seiner Tasche und setzte das lethargische schwarze Kätzchen auf den Tisch. Dax gähnte und streckte sich und ging gemächlich auf die nächste der Oberwächterinnen zu, die vor Schreck erstarrte und dann hastig ihren Sitz etwas nach hinten schob. Tuf zog seinen nassen, schmutzigen Mantel aus, suchte nach einem Ort, wo er ihn ablegen konnte, und hängte ihn schließlich über das Lasergewehr eines Mannes aus seiner Eskorte. Erst dann wandte er sich wieder den Oberwächtern zu. »Hochverehrte Oberwächter«, sagte er. »Dies ist kein Abendessen, was Sie hier vor sich sehen. Darin liegt die Wurzel all Ihrer Probleme. Dies ist der Botschafter der Spezies, die Namor mit ihnen teilt und deren Name bedauerlicherweise weit außerhalb meiner bescheidenen Fähigkeiten liegt. Sein Volk würde es sehr übelnehmen, wenn Sie ihn essen würden.«
Schließlich brachte jemand Lysan einen kleinen Hammer, und er schlug damit lange und laut genug auf den Tisch, bis er jedermanns Aufmerksamkeit hatte und der Lärm langsam abebbte. Haviland Tuf hatte währenddessen teilnahmslos dagestanden, sein Gesicht blieb ausdruckslos, die Arme hatte er vor der Brust gekreuzt. Erst als wieder Ruhe hergestellt war, sagte er: »Vielleicht sollte ich das erklären.«
»Sie sind verrückt«, sagte Oberwächter Harvan, der von Tuf zum Schlammtopf und wieder zurück blickte. »Völlig verrückt.«
Haviland Tuf hob Dax vom Tisch, legte ihn in seine Armbeuge und streichelte ihn. »Selbst im Augenblick unseres Triumphs werden wir verhöhnt und beleidigt«, sagte er zu dem Kätzchen.
»Tuf«, rief Lysan vom Kopf des langen Tisches. »Was Sie behaupten, ist unmöglich. Wir haben Namor in den hundert Jahren, seit wir hier leben, äußerst sorgfältig erkundet und sind uns sicher, dass hier keine intelligente Spezies lebt. Es gibt keine Städte, keine Straßen, keine Anzeichen irgendeiner Zivilisation oder Techno logie, keine Ruinen oder Artefakte – nichts , weder über noch unter der Wasseroberfläche.«
»Außerdem«, sagte
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