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Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Titel: Planetenwanderer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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nicht gewohnt bin, in der Öffentlichkeit und im unschmeichelhaft grellen Licht der Bekanntheit zu sprechen«, begann Haviland Tuf, »hielt ich es trotzdem für meine Pflicht, vor Sie zu treten und Ihnen bestimmte Dinge zu erklären.«
    Er stand vor einem vier mal vier Meter großen Bildschirm im größten Saal des Spinnennestes mit einer Kapazität von fast eintausend Sitzen. Der Raum war überfüllt; Journalisten rammten sich in den ersten zwanzig Reihen die Ellenbogen in die Seiten, auf der Stirn eines jeden nahm eine winzige Miniaturkamera die gesamte Szenerie auf. Weiter hinten saßen die Neugierigen, die gekommen waren, um sich das alles anzusehen – Spinnchen jeden Alters, Geschlechts und Berufes, von Cybertechs und Bürokraten zu Erotizisten und Poeten, reiche Erdwürmer, die wegen der Show mit dem Fahrstuhl nach oben gekommen waren, Fliegen aus entfernten Systemen, die das Netz passierten. Auf der Bühne neben Tuf standen Hafenmeisterin Tolly Mune und der Erste Ratsherr Cregor Blaxon. Blaxons Lächeln wirkte gezwungen; vielleicht erinnerte er sich daran, wie die Journalisten den langen, unangenehmen Moment einfingen, als Tuf seine ausgestreckte Hand anstarrte. Aber auch Tolly Mune schaute etwas unglücklich drein.
    Haviland Tuf jedoch sah beeindruckend aus. Er überragte jeden Mann und jede Frau im Saal, sein grauer, langer Vinylmantel schleifte auf dem Boden, das Siegel des ÖIK prangte auf seiner grünen Schirmmütze.
    »Als Erstes«, sagte er, »gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass ich keinen Schnurrbart trage.« Diese Bemerkung rief ein allgemeines Gelächter hervor. »Auch haben Ihre verehrte Hafenmeisterin und ich uns niemals physisch vereint, ungeachtet der Videoshows, obwohl ich nicht daran zweifle, dass sie eine geübte Praktikerin der erotischen Künste ist, deren Gunst von jedem aufs Höchste geschätzt wird, der diese Art der Zerstreuung liebt.« Die Horde der Journalisten drehte sich wie ein großes hundertköpfiges Tier und richtete die dritten Augen auf Tolly Mune. Die Hafenmeisterin war tief in ihren Sitz gesunken und rieb sich die Schläfe. Ihr Stöhnen war fast bis in die vierte Reihe zu hören.
    »Diese Informationen sind jedoch nur von geringer Bedeutung«, sagte Tuf, »und ich habe sie nur angebracht, um der Wahrheit Genüge zu tun. Der Hauptgrund, aus dem ich auf dieser Zusammenkunft bestanden habe, ist jedoch mehr beruflicher als persönlicher Natur. Ich habe keinen Zweifel, dass jeder von Ihnen, der diese Nachrichtensendung hört, das Phänomen kennt, das von Ihrem Hohen Rat Tufs Blütezeit genannt wird.«
    Cregor Blaxon lächelte und nickte.
    »Ich muss jedoch darauf bestehen, dass Sie der drohenden Gefahr dessen nicht gewahr sind, was ich hier kühn als S’uthlams Welke bezeichnen will.«
    Das Lächeln des Ersten Ratsherrn verwelkte ebenfalls, und Hafenmeisterin Tolly Mune zuckte erschrocken zusammen. Die Journalisten schwenkten alle gleichzeitig zurück auf Tuf.
    »Sie können sich jedoch glücklich schätzen, dass ich der Mann bin, dem Sie zu Dankbarkeit verpflichtet sind, denn meine rechtzeitige Rückkehr nach S’uthlam erlaubt es mir, Ihnen ein weiteres Mal behilflich zu sein. Ihre Anführer waren keineswegs aufrichtig zu Ihnen. Denn trotz der Hilfe, die ich Ihnen geleistet habe, wird Ihre Welt innerhalb der kurzen Zeitspanne von achtzehn Standardjahren einer Hungersnot entgegensehen.«
    Erstaunte Stille breitete sich aus. Dann bildete sich in den Tiefen der Halle ein kleiner Aufruhr. Mehrere Personen wurden gewaltsam entfernt. Tuf schenkte dem Zwischenfall keine Aufmerksamkeit.
    »Bei meinem letzten Besuch bewirkte das von mir initiierte Programm der ökologischen Verbesserungen ein dramatisches Anwachsen Ihrer Nahrungsmittelversorgung, und zwar aufgrund relativ einfacher Methoden, wie zum Beispiel der Einführung neuer Pflanzen- und Tierarten, die dafür geschaffen wurden, ohne ernsthafte Eingriffe in Ihr Ökosystem die landwirtschaftliche Produktivität zu maximieren. Weitere Anstrengungen in dieser Richtung sind ohne Weiteres möglich, aber ich fürchte, dass der Punkt der überwiegend negativen Nebenwirkungen schon lange überschritten wurde und Ihnen derartige Projekte nur wenig helfen würden. Daher erachte ich es diesmal als notwendig, radikale Veränderungen in Ihrem Ökosystem und Ihrer Nahrungskette vorzunehmen. Einige von Ihnen werden meine Vorschläge unbequem finden. Ich versichere Ihnen jedoch, dass die Alternativen – zum Beispiel Hunger, Seuchen und

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