Planetenwanderer: Roman (German Edition)
Geister oder andere übernatürliche Wesen wirklich existieren würden, dann wären sie in den Zellarchiven der Arche vertreten, damit man sie klonen könnte. Ich habe nie eine derartige Probe entdeckt. Mein Archiv umfasst Spezies, die manchmal auch als Drakulas, Windgeister, Lykanthropen, Vampire, Hexenkraut und dergleichen bezeichnet werden, aber es handelt sich nicht um die ursprünglichen mythischen Wesen, fürchte ich.«
Tolly Mune lächelte. »Gut so.«
»Vielleicht noch etwas Wein? Es ist ein exzellenter rhiannesischer Jahrgang.«
»Eine gute Idee«, sagte sie und goss sich noch etwas ins Glas. Sie hätte natürlich lieber eine Saugblase gehabt, denn offene Flüssigkeiten waren heimtückisch und warteten nur darauf, verschüttet zu werden. »Meine Kehle ist ohnehin trocken. Sie brauchen keine Monster, Tuf. Dieses Schiff kann Welten zerstören, wie es aussieht.«
»Das ist offensichtlich«, sagte Tuf. »Ebenso offensichtlich kann es Welten retten.«
»Wie unsere? Haben Sie ein zweites Wunder im Ärmel, Tuf?«
»Ach, Wunder sind genauso mysteriös wie Geister und Kobolde, und in meinen Ärmeln ist nichts außer meinen Armen. Dennoch ist der menschliche Intellekt zu gewissen weniger mysteriösen Durchbrüchen fähig.« Langsam erhob er sich zu seiner vollen Größe. »Wenn Sie mit Ihrem Puffzwiebelauflauf und dem Wein fertig sind, begleiten Sie mich bitte in den Computerraum. Ich habe mich intensiv mit Ihrem Problem beschäftigt und bin zu ein paar Schlussfolgerungen gelangt.«
Tolly Mune erhob sich schnell. »Nach Ihnen«, sagte sie.
»Passen Sie auf«, sagte Haviland Tuf. Er drückte eine Taste, und eine Projektion leuchtete auf dem Bildschirm auf.
»Was ist das?«, fragte Tolly Mune.
»Das ist die Prognose, die ich vor fünf Jahren erstellt habe«, sagte er. Dax sprang auf seinen Schoß, Tuf griff nach ihm und streichelte das Kätzchen. »Die Parameter, die ich verwendet habe, waren die damaligen s’uthlamesischen Bevölkerungskurven und das voraussichtliche Bevölkerungswachstum zu dieser Zeit. Meine Analyse deutete darauf hin, dass die zusätzlichen Nahrungsmittelreserven, die Ihrer Gesellschaft durch das zur Verfügung gestellt wurden, was Cregor Blaxon freundlicherweise als Tufs Blütezeit bezeichnete, Ihnen mindestens vierundneunzig Standardjahre verschafft hätten, bevor S’uthlam erneut durch das Gespenst einer Hungersnot bedroht wäre.«
»Nun, diese gottverdammte Prognose war keinen Topf voll Ungeziefer wert«, sagte Tolly Mune frei heraus.
Tuf hob einen Finger. »Ein unbeherrschterer Mann als ich könnte Anstoß an der Unterstellung nehmen, diese Analyse sei möglicherweise fehlerhaft. Zum Glück bin ich von ruhigem und tolerantem Gemüt. Trotzdem haben Sie unrecht, Hafenmeisterin Mune. Meine Berechnungen waren so genau, wie sie es nur sein konnten.«
»Also sagen Sie, dass wir in achtzehn Jahren keine Hungersnot und keinen Zusammenbruch erleiden werden? Dass wir noch – wie lange? – fast ein Jahrhundert Zeit haben?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich würde es ja gern glauben, aber …«
»Ich habe nichts dergleichen gesagt, Hafenmeisterin. Innerhalb ihrer beschriebenen Fehlertoleranzen scheint die letzte s’uthlamesische Prognose ebenfalls äußerst genau zu sein, soweit ich das beurteilen kann.«
»Beide Berechnungen können nicht korrekt sein«, sagte sie. »Das ist unmöglich, Tuf.«
»Sie haben unrecht, Madam. Während der vergangenen fünf Jahre haben sich die Parameter verändert. Passen Sie auf.« Er drückte eine andere Taste. Eine neue, scharf ansteigende Linie zog sich über den Bildschirm. »Dies repräsentiert die gegenwärtige Kurve des Bevölkerungswachstums von S’uthlam. Sehen Sie, wie sie ansteigt, Hafenmeisterin. Eine erstaunliche Wachstumsrate. Wäre ich poetisch veranlagt, würde ich sogar sagen, sie erhebt sich in die Lüfte. Glücklicherweise werde ich nicht von derartigen Anwandlungen geplagt. Ich bin ein einfacher Mann, der geradeheraus redet.« Er hob einen Finger. »Bevor wir darauf hoffen können, Ihre Situation zu verbessern, ist es notwendig, diese Situation zu verstehen und wie es dazu kam. Hier wird alles klar. Vor fünf Jahren benutzte ich die Ressourcen der Arche , und zwar, wenn ich so frei sein darf, meine gewohnte Bescheidenheit beiseitezulassen, zu extraordinär effizienten Diensten. Die S’uthlamesen verschwendeten jedoch keine Zeit, die Anstrengungen wieder zunichtezumachen, die ich unternommen hatte. Lassen Sie es mich kurz und knapp
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