Planetenwanderer: Roman (German Edition)
Krieg – wesentlich unangenehmer sein werden. Die Entscheidung liegt bei Ihnen, und ich beneide Sie nicht darum.«
Der Raum war so kalt wie ein Kryo-Lagerhaus und totenstill bis auf das Surren der vielen dritten Augen. Haviland Tuf hob einen Finger. »Erstens«, sagte er. Hinter ihm erfüllte ein Bild den Schirm, direkt von den Computern der Arche gesendet – das Bild einer angeschwollenen Monstrosität so groß wie ein Hügel, mit öliger und glänzender Haut, deren Wölbungen wie milchige rosafarbene Gelatine schimmerte. »Die Fleischtiere«, sagte Haviland Tuf. »Ein beträchtlicher Teil Ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche wird von den anwachsenden Herden von Fleischlieferanten der unterschiedlichsten Arten benötigt, deren Fleisch zu den Annehmlichkeiten einer sehr kleinen, wohlhabenden Minderheit der S’uthlamesen gehört, die sich einen derartigen Luxus leisten können und sich an gekochten Fleischgerichten erfreuen. Das ist extrem ineffizient. Diese Tiere konsumieren weit mehr Kalorien, als sie nach ihrer Schlachtung liefern, und da sie das Ergebnis der natürlichen Evolution sind, ist ein Großteil ihres Körpers nicht essbar. Daher schlage ich Ihnen vor, diese Arten umgehend aus dem Ökosystem Ihres Planeten zu entfernen.
Die Fleischtiere jedoch gehören, wie Sie hier sehen, zu den bemerkenswertesten Triumphen der Gentechnik; bis auf einen kleinen Kern sind diese Kreaturen sich selbst replizierende Massen gleichartiger Zellen, ohne dass Körpermasse durch Unnötigkeiten wie Sinnesorgane, Nerven oder Fortbewegungsorgane verschwendet wird. Wenn man eine entsprechende Metapher anwenden möchte, könnte man sie als gigantische essbare Krebsgeschwüre bezeichnen. Ihr Fleisch enthält alle zur menschlichen Ernährung wichtigen Nährstoffe und ist reich an Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen. Ein erwachsenes Fleischtier, das man im Keller eines Wohnturms auf S’uthlam hält, wird in einem Standardjahr so viel essbares Fleisch liefern wie zwei Ihrer derzeitigen Herden, und das Weideland, das man heute benötigt, um diese Herden zu ernähren, wäre frei für die Kultivierung.«
»Und wie schmeckt dieses verdammte Ding?«, rief jemand aus den Tiefen des Saals.
Haviland Tufs Kopf bewegte sich leicht, und er schaute den Rufer direkt an. »Da ich selbst kein Fleisch esse, kann ich diese Frage nicht aus eigener Erfahrung beantworten. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass das Fleischtier für einen Hungernden sehr gut schmecken wird.« Er hob eine Hand, die Handfläche nach außen gekehrt. »Lassen Sie uns fortfahren«, sagte er, und das Bild hinter ihm wechselte. Nun zeigte der Bildschirm eine endlose Ebene unter einer doppelten Sonne. Die Fläche war vom einen bis zum anderen Ende mit Pflanzen ausgefüllt – hässlich anzusehende Gebilde, so groß wie Tuf, die Stiele und Blätter von öligem Schwarz. Die Köpfe senkten sich unter dem Gewicht geschwollener weißlicher Kapseln, aus denen eine blasse, dickliche Flüssigkeit tropfte.
»Diese Pflanze wird aus mir unbekannten Gründen Jersee-Kapsel genannt«, sagte Tuf. »Vor fünf Jahren gab ich Ihnen das Omni-Korn, dessen Ausbeute an Kalorien pro Quadratmeter wesentlich höher ist als die von Nanoweizen, Neogras und den anderen Getreidearten, die Sie bis dahin angebaut hatten. Ich habe festgestellt, dass Sie das Omni-Korn extensiv kultiviert haben und der Nutzen Ihnen zugutekommt. Ich habe jedoch auch festgestellt, dass Sie weiterhin Nanoweizen, Neogras, Gewürzschoten, S’Reis und verschiedene andere Arten von Früchten und Gemüse anbauen, zweifelsohne aus Gründen der Abwechslung und des kulinarischen Genusses. Das muss aufhören. Kulinarische Abwechslung ist ein Luxus, den sich die S’uthlamesen nicht länger leisten können. Von jetzt an muss allein kalorische Effizienz Ihr Motto sein. Jeder Quadratmeter landwirtschaftlicher Nutzfläche auf S’uthlam und auch Ihre sogenannten Speisekammer-Asteroiden müssen umgehend auf Jersee-Kapseln umgestellt werden.«
»Was tropft da für ein Schleim raus?«, rief jemand.
»Ist das Obst oder Gemüse?«, wollte ein Journalist wissen.
»Kann man daraus Brot machen?«, fragte ein anderer.
»Die Jersee-Kapsel«, sagte Tuf, »ist nicht essbar.«
Eine plötzliche lautstarke Unruhe schwappte durch den Saal, als ein paar Hundert Menschen riefen und winkten und Fragen stellten und miteinander diskutierten.
Haviland Tuf wartete gelassen ab, bis wieder Ruhe eingekehrt war. »Jedes Jahr«, sagte er, »und das kann
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