Plasma
Druckwelle die herumstehenden Autos zu Tausenden erfasst und umgekippt. Die Straße war ein Chaos aus Glassplittern, Rosthäufchen und abgeblätterter Farbe, und Captain Park führte sie zurück nach Norden, anstatt dem Highway nach Leadville zu folgen. Er weigerte sich, tiefer in die verstrahlte Zone vorzudringen. Ruths spärliche Proteste waren leise und konfus.
Die Sonnenbräune konnte nicht verdecken, dass Ruth ausgemergelt wirkte. Sie arbeitete nachts an ihrem Rastermikroskop und versuchte tagsüber auszuruhen, wenn sie unterwegs waren, aber das war, als müsste sie auf dem Rücken eines Elefanten schlafen. Die Jeeps rumpelten und schaukelten über das unebene Gelände, fuhren sich fest und kamen mühsam wieder in Gang, wenn die Ranger Wracks beiseite geschoben oder Felsblöcke aus dem Weg geräumt hatten. Sie war erschöpft. Und überall schleppte sie diesen gottverdammten Stein mit.
Sie machte sich Vorwürfe. Zwei der Flüchtlingsgruppen im Tal waren clean gewesen und erst durch sie infiziert worden. Ja, sie hatte ihnen den Impfstoff gegeben, aber zu dem Preis, dass der Geister-Nano nun ebenfalls in ihrem Blut herumspukte. »Das konnten wir doch nicht wissen«, versuchte Cam sie zu beruhigen. Ruth schnitt nur eine Grimasse und schüttelte den Kopf. Sie schienen die Spur verloren zu haben.
Und die Zeit lief ihnen davon. Funksprüche aus Grand Lake, die sie mithören konnten, warnten die amerikanischen Streitkräfte vor Aktionen des Feindes, und chinesische Panzereinheiten waren nach Colorado vorgerückt.
Die Chinesen hatten den Süden Kaliforniens und einen Großteil von Arizona ohne größere Gegenwehr erobert. Die spärlichen Siedlungen auf den Gipfeln östlich von Los Angeles waren schnell ausgelöscht worden. Das chinesische Heer bestand aus mindestens einhundertfünfzigtausend Mann – Infanterie, Piloten, Mechaniker und Artillerie – und ihre Schiffe waren bereits unterwegs, um neue Leute zu holen.
Interstate 40 und 70 entwickelten sich zu Hauptarterien der Invasion. Innerhalb der Todeszone waren die Autobahnen fast frei – bis auf die Stellen, wo amerikanische Kampfflugzeuge Brücken und Dämme gesprengt hatten. Luftgefechte fanden vorwiegend über der Wüste statt, während sich weit unten chinesische Bodenkampf-Spezialisten abmühten, Behelfsübergänge für ihre Lastwagen und Transportpanzer zu errichten.
Die chinesischen Truppen litten unter Nano-Herden. Am Rande des Los-Angeles-Beckens hatten die Pest-Nanos riesige Ablagerungen gebildet, die stärker als der Impfstoff waren und die chinesischen Reserven zu Ausweichmanövern zwangen. Auch im Colorado River an der Grenze zu Arizona wimmelte es von Nanos. Nach Einschätzung der amerikanischen Überwachungsexperten gingen die Verluste des Feindes in die Tausende, und die nordamerikanische Militärführung tat alles, um die Invasoren in diese Todeszonen zu locken.
Die Chinesen konnten ihren Vormarsch nicht verlangsamen. Sie hatten zu allem Übel auch noch gegen Insektenschwärme und die Wüstenhitze anzukämpfen. Ihre beste Strategie war Schnelligkeit und Stoßkraft. Sie plünderten jede Stadt und Militärbasis, die in Reichweite waren, und fühlten sich vorübergehend so reich, dass sie den Treibstoff und die Munition, die ihnen in die Hände gefallen waren, sinnlos verschwendeten.
Flagstaff hielt den Angreifern nur fünf Tage stand. Während Cam und Ruth in ihrem Tal westlich der Continental Divide wenig von dem Trubel mitbekamen, reklamierten die Chinesen ganz Arizona für sich und hielten in voller Stärke auf die Rocky Mountains zu.
Der Grand Canyon bildete die wichtigste Verteidigungslinie. Die uralte tiefe Schlucht erstreckte sich Hunderte von Meilen durch Nevada, Arizona und Utah, und weder eine Brücke noch ein Damm überstanden die amerikanischen Angriffe. Die feindlichen Truppen hatten im gesamten Südwesten Luftunterstützung, aber Entscheidungen mussten ihre Generäle bereits am Ausgangspunkt des Canyons bei Las Vegas treffen, weil ihre Heere unwiderruflich getrennt waren.
In Utah bekamen sie Hilfe von den Russen, die alle größeren Vorposten der Amerikaner in den Bergen östlich von Salt Lake unter Beschuss nahmen. Aber von da an ging nichts mehr voran. Die Interstate 70, die von Las Vegas aus nach Norden führte, verlief knapp hundert Meilen parallel zu einer Bergkette, ehe sie sich durch eine Reihe von Pässen zwängte und nach Osten in Richtung Colorado abbog. Die chinesische Vorhut blieb keine Sekunde lang
Weitere Kostenlose Bücher