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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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haben, in der die künstlichen Sonnen explodiert waren.
    Mein Gott, dachte Ruth. Wie viele mehr waren an anderen Orten detoniert? Die Angriffe konnten überall auf dem Planeten erfolgen und die letzten verstreuten Reste der Menschheit vernichten. Womöglich waren die Inder oder Chinesen nach langem Zaudern zu der Überzeugung gelangt, dass es besser war, selbst zu handeln, bevor es sonst jemand tat.
    Die Ungeheuerlichkeit des Geschehens ergriff wie ein Gespenst Besitz von ihrem Körper, und Ruth schwankte benommen. Dann war Cam wie immer da. Er bahnte sich einen Weg durch die Gruppe, um sie zu stützen.
    Hiroki stöhnte, als Cam an ihm vorbeidrängte, ein leises Geräusch wie das Winseln eines Hundes. Auch die anderen erwachten allmählich aus ihrer Erstarrung. Alex und Sam gingen in die Hocke, um Mike zu helfen, während Newcombe einen Blick auf seine Uhr warf. Das wiederum verstand Ruth überhaupt nicht.
    »Mike!«, rief Samantha. »Mein Gott, Mike!«
    Cam starrte Ruth mit grimmiger Miene an. »Sind Sie okay?«
    »Was?«
    »Schauen Sie mich an! Sind Sie okay?« Seine ernsten braunen Augen hielten ihren Blick fest. Der Wind in ihrem Haar roch nach Kiefernharz und feuchter Erde.
    Sie waren über die Ostseite des Berges abgestiegen, um Brandon und Mike zu verabschieden. Die beiden hatten vor, sich auf den Gipfeln jenseits des schmalen Tals umzusehen und dann zurückzukommen, ohne Kontakt mit den dortigen Bewohnern aufzunehmen. D Mac war immer noch unentschlossen, auch nach der eindrucksvollen Impfzeremonie. Mike fand sie cool, aber selbst Brandon hatte gezögert, etwas von dem Blut zu trinken, das Cam von seiner linken Hand in eine Schale tropfen ließ.
    Ruth hätte eine weniger abstoßende Methode vorgezogen. Der Impf-Nano war kleiner als ein Virus und konnte selbst durch winzige Stiche oder Schürfstellen aufgenommen werden. Es hätte vermutlich gereicht, ihren Speichel auf der Haut der Jungen zu verreiben oder den Impfstoff durch einen Kuss weiterzugeben, aber sie mussten Pannen ausschließen. Die Jungen konnten den Speichel versehentlich von den Armen abstreifen, oder der Impfstoff blieb inaktiv. Und nach einem Kuss gingen die Nanobots vielleicht beim Ausatmen verloren. Ein Schluck Blut bot dagegen absolute Sicherheit. Da der Nano zudem weit widerstandsfähiger als ein Virus war, würde er die Magensäuren überwinden und garantiert in den Blutstrom übergehen.
    Dennoch, es war eklig, Blut zu trinken. Die Jungen hatten eine Heidenangst, obwohl Cam ihnen Mut zusprach – und Ruth machte sich darauf gefasst, dass er von jetzt an seine eigenen Wege ging. Er hatte sich den ganzen Vormittag lang von ihr ferngehalten. Und sein Marschgepäck stand bereit. Cam und Newcombe waren zwar übereingekommen, ihre Ausrüstung und ihre Waffen immer in Reichweite aufzubewahren, auch wenn die Pfadfinder nette Jungs waren. Und Ruth trennte sich ebenfalls selten von ihrem Rucksack, weil sie darin die Datensammlung verwahrte. Aber nun sah sie deutlich, wie gern Cam Mike und Brandon nach Osten begleitet hätte. Es sah ihm ähnlich, sie bei ihrer Aufgabe zu unterstützen und ihnen seine Erfahrung und seine Kraft anzubieten. Er hatte Mike bereits seinen Feldstecher, zwei Feuerzeuge sowie einen kleineren Vorrat an sterilem Verbandszeug und Desinfektionsmitteln gegeben, weil er die Jungen möglichst gut ausstatten wollte.
    Aber wenn nun weitere Bomben fallen?
    Panik überwältigte Ruth, und sie taumelte gegen Cam, als sie versuchte, an ihm vorbeizukommen. Er missverstand die Situation und versteifte sich bei ihrer Berührung. Dann spürte sie, wie ihn ebenfalls eine rasende Angst erfasste. Er packte sie an der Hand und zog sie in den Schutz einiger hoch aufgetürmter Granitbrocken.
    »Hierher!«, schrie er.
    Die anderen folgten ihnen, langsam und wie betäubt. »Das war eine Atombombe!«, schrie Alex. »Das kann nur eine Atombombe gewesen sein, oder? Die greifen sich mit Atombomben an!« Der Junge lehnte Mike gegen einen Felsblock und versuchte die Finger des Freundes von den tränennassen Wangen zu zerren, um den Schaden zu untersuchen. Brandon gesellte sich zu ihnen, dann kamen Newcombe und D Mac. Ed führte Kevin und Hiroki in die Sicherheit des Granitwalls, und alle kauerten sich hin.
    Dicht zusammengedrängt warteten sie, ein winziges Häuflein Überlebender. Ruth hob den Kopf und warf einen prüfenden Blick zum Himmel. Nichts hatte sich dort oben verändert. Eine schwache Brise, ein paar Wolkenfetzen – und eine unheimliche

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