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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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worden. Galilei erhielt die Erlaubnis, die Ideen des Kopernikus in einem Buch darzulegen, allerdings unter der Bedingung, dass das Modell von Aristoteles und Ptolemaios in gleichem Maße und genauso unvoreingenommen abgehandelt würde.
    Durch seine Gespräche mit dem Papst ermutigt, schrieb Galilei in den nächsten sechs Jahren an einem Buch mit dem Titel
Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische
, das 1630 fertiggestellt und schließlich im Februar 1632 veröffentlicht wurde. Das Buch ist in vier Tage und Gespräche unter drei Freunden unterteilt: Salviati, einem Kopernikaner, Sagredo, einem intelligenten Skeptiker, der zum Kopernikanismus konvertiert war, und Simplicio, einem Aristoteliker.
    Der erste Tag ist der Widerlegung der aristotelischen Auffassung des Universums gewidmet. Am zweiten Tag werden die Einwände gegen die Erdbewegung aus physikalischer Sicht entkräftet, wobei viele Argumente Galileis zwar überzeugend sind, aber auf der irrigen Vorstellung von der Trägheit der Kreisbewegung beruhen. Am dritten Tag geht es um Argumente für und gegen das kopernikanische System. Beim Vergleich der beiden Weltsysteme ist Galileis Kritik oft unfair, und in den Aussagen, die für die Überlegenheit der heliozentrischen Theorie sprechen, übertreibt er. Am vierten Tag wird Galileis irrige Theorie der Gezeitenaktivität behandelt, die er als einen schlüssigen Beweis für die Erdumdrehung erachtete.
    Trotz dieser Unzulänglichkeiten waren die Argumente für den Kopernikanismus äußerst überzeugend, und der arme Simplicio, der Aristoteliker, musste sich auf Schritt und Tritt geschlagen geben.Simplicios Schlussbemerkungen sind Galileis Versuch, sich mit einem Urteil in der Sache zurückzuhalten. Dort heißt es: »Dies zugegeben, ziehe ich aber sofort den Schluß, daß es eine unerlaubte Kühnheit wäre, die göttliche Macht und Weisheit begrenzen und einengen zu wollen in die Schranken einer einzelnen menschlichen Laune.« Dies war offenbar ein fast wörtliches Zitat dessen, was Papst Urban 1623 zu Galilei gesagt hatte. Als Urban den
Dialog
las, erinnerte er sich an seine Worte und war zutiefst gekränkt, denn er hatte den Eindruck, dass Galilei ihn zum Narren gehalten und ihre Freundschaft ausgenutzt hatte, um gegen das Dekret von 1616 gegen die Lehre des Kopernikus zu verstoßen. Der florentinische Botschafter Francesco Niccolini berichtete, dass der Papst nach einem Gespräch mit ihm über den
Dialog
zornig ausrief: »Euer Galileo hat es gewagt, sich in Dinge einzumischen, die ihn nichts angehen und die zu den ernstesten und gefährlichsten Themen zählen, die man heute überhaupt anrühren kann.«
    Der Papst wies die Inquisition an, sich der Sache anzunehmen und bestellte Galilei nach Rom. Dieser kam im Februar 1633 in die Stadt, doch sein Prozess vor dem Inquisitionsgericht begann erst im April. Er wurde angeklagt, das Dekret des Heiligen Offiziums von 1616 gegen den Kopernikanismus missachtet zu haben. Das Gericht verhandelte bis Juni, bevor es sein Urteil sprach, während Galilei im Palast des florentinischen Botschafters festgehalten wurde. Dann wurde er erneut in das Heilige Offizium gebracht, wo man ihn dazu brachte einzugestehen, dass er in seiner Unterstützung der kopernikanischen »Ketzerei« zu weit gegangen war, der er jetzt abschwor. Daraufhin wurde er zu einer unendlichen Freiheitsstrafe verurteilt und sein
Dialog
wurde auf den Index gesetzt. Die Gefängnisstrafe wurde sofort in Hausarrest umgewandelt, so dass man ihn zunächst in einer der römischen Residenzen der Familie Medici festhielt, von wo aus er nach Siena gebracht wurde, bevor es ihm schließlich im April 1634 gestattet war, in seine Villa in Arcetri zurückzukehren.
    Nach seiner Rückkehr nahm Galilei seine Forschungen wieder auf, die er ein Vierteljahrhundert zuvor aufgegeben hatte, vor allem das Studium der Bewegung. So entstand sein letztes und bedeutendstes Werk,
Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno à due nuove szienze attenenti alla meccanica ed i movimenti locali
(Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend), das er seinem Schüler Vincenzo Viviani diktierte. Das Werk wurde 1636 beendet, als Galilei 72 Jahre alt war und zunehmend erblindete. Da wegen des päpstlichen Verbots der Werke Galileis die Veröffentlichung in Italien nicht in Frage kam, schmuggelte man das Manuskript nach Leiden,

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