Platon in Bagdad
wo die
Discorsi
1638 veröffentlicht wurden, als er schon völlig erblindet war.
Die
Discorsi
sind auf die gleiche Weise wie der
Dialog
aufgebaut, unterteilt in vier Tage und Gespräche unter drei Freunden. Am ersten Tag geht es um Fragestellungen, die Galileo noch nicht befriedigend gelöst hatte, insbesondere eine Spekulation über die Atomtheorie der Materie. Am zweiten Tag geht es um die erste der beiden neuen Wissenschaften, die heute im Maschinenbaustudium als »Festigkeitslehre« bezeichnet wird. Der dritte und vierte Tag sind der zweiten der beiden neuen Wissenschaften gewidmet, der Kinematik, der mathematischen Beschreibung der Bewegung, darunter auch die Bewegung bei konstanter Geschwindigkeit, die gleichförmig beschleunigte Bewegung, wie zum Beispiel im freien Fall, die ungleichförmig beschleunigte Bewegung, wie bei der Schwingung eines Pendels, und die zweidimensionale Bewegung, wie bei der parabelförmigen Bahn eines Projektils.
Galilei starb am 8. Januar 1642 in Arcetri, 38 Tage vor seinem 78. Geburtstag. Der Großherzog der Toskana wollte ihm ein Denkmal errichten lassen, doch man riet ihm davon ab, aus Angst, den Groll der Inquisition auf sich zu ziehen. Schließlich hatte Galilei nach den Worten des Papstes »Anlass zu dem größten Skandal der Christenheit« gegeben.
Nach Galileis Tod fand man auf den ersten Seiten seines Exemplars des
Dialogs
eine Notiz von seiner Hand. Vermutlich hatte er sie geschrieben, nachdem ihn die Inquisition wegen Unterstützung der kopernikanischen »Ketzerei« inhaftiert hatte.
Hütet Euch, Theologen, aus der Lehre von der Bewegung und der Ruhe der Sonne und der Erde einen Glaubensartikel zu machen und Euch damit der Gefahr auszusetzen, daß Ihr seiner Zeit diejenigen wegen Ketzerei verurteilen müsst, welche behaupten, die Erde stehe fest und die Sonne bewege sich vom Platze; seiner Zeit, sage ich, wenn nämlich sinnlich oder durch zwingenden Beweis dargethan sein wird, daß sich die Erde bewegt und die Sonne feststeht.
DIE WISSENSCHAFTLICHE REVOLUTION
D ie Beobachtungen und Theorien von Kopernikus, Tycho Brahe, Kepler und Galilei sowie die einiger ihrer Zeitgenossen stehen am Beginn einer geistigen Umwälzung, die man später als wissenschaftliche Revolution bezeichnete; sie dauerte über das 17. Jahrhundert bis in die ersten Jahre des 18. Jahrhunderts an. Einige Historiker halten den 1939 geprägten Begriff »wissenschaftliche Revolution« für problematisch, aber man ist sich darin einig, dass sich die Kosmologie im westlichen Europa in dieser Zeit grundlegend veränderte und die moderne wissenschaftliche Tradition ihren Anfang nahm.
Im 17. Jahrhundert entstanden zwei verschiedene Wissenschaftsphilosophien: Die eine war die empirische, induktive Methode des Francis Bacon (1561 – 1626), die andere der theoretische, deduktive Ansatz des René Descartes (1596 – 1650).
Nach Bacon sollte die neue Wissenschaft hauptsächlich auf Beobachtungen und Experimenten beruhen und erst nach sorgfältigem Studium der Natur zu allgemeinen Gesetzmäßigkeiten gelangen. Bacon lehnte die kopernikanische Theorie ab, die er als »Hypothese« bezeichnete, und er kritisierte Ptolemaios wie auch Kopernikus dafür, dass sie nichts außer »Berechnungen und Vorhersagen« vorgelegt hätten und keine »Philosophie … die in der Natur selbst zu finden ist und tatsächlich und wirklich wahr ist«.
Descartes war bestrebt, den Gesetzen der Physik das gleiche Maß an Gewissheit zu verleihen wie den Gesetzen der Mathematik.Dieses Programm legte er in seiner
Abhandlung über die Methode, die Vernunft richtig zu gebrauchen und die Wahrheit in den Wissenschaften zu suchen
dar. So wie er in der Philosophie mit der Existenz des Selbst begann (»
Cogito ergo sum
«: Ich denke, also bin ich), fing er in der Physik mit der Existenz der Materie an, ihrer Ausdehnung im Raum und ihrer Bewegung durch den Raum. Das bedeutet, dass sich in der Natur alles auf Materie in Bewegung zurückführen lässt. Die Materie besteht aus einzelnen Teilchen, die in ihrer unaufhörlichen Bewegung immer wieder kollidieren und dabei ihre individuelle Geschwindigkeit verändern, während die »Quantität der Bewegung« im Universum insgesamt konstant bleibt. In
Die Prinzipien der Philosophie
(1644) schreibt Descartes über den göttlichen Ursprung dieses Gesetzes: »Die allgemeine Ursache kann offenbar keine andere als Gott sein, welcher die Materie zugleich mit der Bewegung und Ruhe im Anfang erschaffen hat, und der
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