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Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Titel: Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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in etwa drei Metern Entfernung anhielt, wo noch so ein Nasentier stand, deutlich kleiner und ohne Geweih.
    »Die Kleine ist Wilma. Der Lästige ist Arthur. Sie heißen nach zwei schwedischen Elchwaisen. Regina war mal dort. Unsere sind allerdings aus der Uckermark.«
    »Wo kommt denn das Viech auf einmal her?«, fragte Irmi, die immer noch völlig verblüfft war. Hatte sie nicht Weihnachten, die Zeit der Elche, gerade erst hinter sich gebracht? In Plüsch, als Weihnachtsbaumschmuck, auf Tassen und Tischdecken gab es sie zuhauf – und ja, sie hatte sich sogar Elchbettwäsche gekauft. Ihr Bruder hatte ihr den Vogel gezeigt und was von »infantil« gemurmelt. Ihre Nachbarin Lissi besaß sogar zwei Plüschelche, die ein Weihnachtslied schmettern konnten. Der eine sang ›I wish you a merry christmas‹, der andere konnte zu ›Jingle Bells‹ sogar die Hüften schwingen. Ein echter Elch war ihr allerdings noch nie begegnet.
    »Zum Gut gehört ein eingezäuntes Areal von vier Hektar, das direkt hinter der Hütte anschließt. Hier auf dem Paddock ist die Fütterung, und man kann dieses Gehege schließen, wenn Regina ihre Elchführungen macht. Gemacht hat.« Er schluckte schwer. »Normalerweise stehen die beiden längst Gewehr bei Fuß …«
    Er brach ab, und Irmi wusste, was er dachte. Die Elche hatten wahrscheinlich den Schuss gehört und waren geflüchtet. Der Hunger und die Neugier hatten sie zurückgetrieben. Ach, Arthur, wenn du nur reden könntest! Wahrscheinlich hätte er ihr den Schützen beschreiben können. Leider war sie keine Frau Dr. Doolittle.
    »Können Sie die beiden mit etwas Futter weglocken? Wegen der KTU.« Irmi war sich klar, dass hier die Spurenlage sowieso katastrophal war, aber sie wollte dem Hasen den knutschenden Elch gerne ersparen.
    Inzwischen war der Arzt eingetroffen. Er schätzte den Todeszeitpunkt auf zweiundzwanzig Uhr, wollte sich aber angesichts des Nachtfrosts nicht genau festlegen. Aber das würden sie von der Gerichtsmedizin allemal erfahren.
    Auf jeden Fall war es stockdunkel gewesen, überlegte Irmi. Wie hatte einer da geschossen? Und dann so präzise? Sie sah sich um, es gab am Schuppen einen Bewegungsmelder, der eine relativ helle Beleuchtung auslöste. Eventuell hatte der Schütze auch ein Nachtzielgerät verwendet.
    Sie kehrte zu den Gebäuden zurück. Wieder schienen die Bäume ein Eigenleben zu führen. Als hätten sie moosige Arme, die nach ihr greifen konnten. Als könnten sie plötzlich losmarschieren, wie eine Armee von vielfingrigen grünen Gespenstern. Dornröschen und Schneewittchen. Sie hatte hier in dieser abgelegenen Waldwelt sofort an Dornröschen gedacht, Bene hatte Schneewittchen vor Augen gehabt. Das alles hier war so weit weg von der realen Welt, dabei war Regina von Brauns Tod wahrlich nicht märchenhaft.
    Benedikt hatte sich währenddessen trefflich beschäftigt. Es war ihm gelungen, eine der Vitrinen zu öffnen und die ausgestopften Vögel der Größe nach zu sortieren. Er folgte Irmi gern in einen Nebenraum und erzählte ihr, dass Regina von Braun schon da gelegen habe, als er gekommen sei. Sie habe ausgesehen wie Schneewittchen, mehr noch: Sie sei das Schneewittchen gewesen. Er hatte niemand und nichts gesehen, keine Elche, keine Menschen. Und er hatte Julia informiert. »Aber die hat’s ja nicht interessiert, die Julia.«
    Im Seminarraum versuchten die beiden Kindergärtnerinnen die Kleinen mit einem Wildtiermalbogen, den es hier im Erlebniszentrum gab, bei Laune zu halten. Sailer und Sepp hatten die Eltern informiert, das war ihre Pflicht. Eine Polizeipsychologin war gekommen und stellte so komische Fragen, dass Irmi stark am Sinn eines Psychologiestudiums zweifelte. Aus der Küche war Schluchzen zu hören. Helga Bartholomä versuchte vergeblich einen jungen Mann zu beruhigen. Sein Alter war schwer zu schätzen, wie häufig bei Menschen mit einer geistigen Behinderung.
    »Robbie, Robbielein, alles wird wieder gut. Robbie, mein liebes Robbielein.« Aber der Mann ließ sich nicht beruhigen. Er wimmerte nur immer »Gina, Gina«, unterbrochen von Weinkrämpfen, die Irmi das Herz zerrissen.
    Veit Bartholomä schob Kathi, die hilflos im Türrahmen stand, zur Seite und hielt dem jungen Mann ein Taschentuch hin. Dann nickte er seiner Frau zu, machte eine leise Kopfbewegung zum Kühlschrank hin. Helga sah unendlich traurig zu ihm auf, und als seien ihre Hände aus Blei, öffnete sie den Kühlschrank im Zeitlupentempo und holte eine große Packung Schokopudding

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