Playing with Fire - Verbotene Gefühle
Heute war die Lockenpracht zu einem kurzen, konservativen Haarschnitt zurechtgestutzt, doch einige Strähnen fielen ihm immer noch widerspenstig ins Gesicht. Obwohl sie mit der Zeit etwas nachgedunkelt war, changierte seine Haarfarbe zwischen Honigbraun und Weizenblond. Sein Gesicht war markanter als früher – das Kinn wirkte wie gemeißelt. Beim Begrüßungslächeln waren kurz seine schneeweißen, perfekten Zähne aufgeblitzt. Seine Augen waren noch genauso strahlend haselnussbraun und geheimnisvoll wie früher. Aber sein Körper …
Sportlich war er immer schon gewesen. Doch sie konnte nicht anders, als seine langen, muskulösen Beine und den knackigen Hintern zu bewundern, die sich unter dem anschmiegsamen Stoff seiner eleganten hellbeigefarbenen Hose abzeichneten. Der cognacfarbene Pulli mit dem V-Ausschnitt war lässig und für einen Bürotermin an einem Samstag gut ausgewählt.
Manches dagegen passte nicht in ihr Bild von ihm. Seine sehnigen, durchtrainierten Arme etwa. Die breiten Schultern und der muskulöse Oberkörper, nicht zu übersehen unter dem körpernah anliegenden Stoff. Seine satte, gesunde Bräune, als hätte er stundenlang in der Sonne gelegen. Die raubtierhafte Geschmeidigkeit seiner Bewegungen. Aus dem halbwüchsigen Schönling Nick Ryan war ein Mann geworden. Ein richtiger Mann, vom Scheitel bis zur Sohle – der in ihr nach wie vor bloß Maggies kleine Spielgefährtin sah. Denn so etwas wie Interesse oder sogar Gefallen sprach nicht aus seinen Augen, wenn sich ihre Blicke trafen. Nur eine neutrale Freundlichkeit, wie man sie eben aufbrachte, wenn man jemandem von früher wiederbegegnete.
Nun, sie würde den Teufel tun, sich anmerken zu lassen, wie attraktiv sie ihn fand. Sein Charakter war noch genauso mies wie früher. Langweilig. Dröge. Spontan kam ihr der denkwürdige Tag in den Sinn, an dem Maggie ihm im Freibad die Badehose heruntergezogen hatte. Ob sich auch in dieser Hinsicht nichts verbessert hatte?
Eilig verscheuchte sie den Gedanken.
Seine Gegenwart machte sie nervös, sogar ein wenig schwindelig. Und das war ihr gar nicht recht. Vor einer Woche hatte sie den Liebeszauber durchgeführt, und Gaia hatte ihr Flehen erhört. Sie verfügte nun über das nötige Geld, um das Haus ihrer Familie zu retten. Bloß was war mit dem Rest der Liste?
Der Mann, der vor ihr saß, verkörperte nichts, woran sie glaubte. Von einer Liebesheirat konnte nicht die Rede sein. Nein, hier ging es nur ums Geschäft, eiskalt und knallhart. Vage stieg die Erinnerung an ihren allerersten Kuss in ihr auf, den er vermutlich längst vergessen hatte. Oh, was für eine Demütigung! Genug davon. Zumindest den einen Wunsch, der auf ihrer Liste an oberster Stelle stand, würde Gaia ihr doch wohl nicht abschlagen? Sie atmete tief durch, ehe sie das Wort an ihn richtete. «Ja. Da wäre noch etwas.»
«Ich höre», sagte er.
«Interessierst du dich für Baseball?»
«Natürlich.»
Vor Anspannung krampfte sich ihr Magen zusammen. «Hast du eine Lieblingsmannschaft?»
Er grinste selbstgefällig. «Da kommt in New York wohl nur eine in Frage.»
Alexa unterdrückte die aufsteigende Übelkeit und stellte die alles entscheidende Frage. «Welche?»
«Die Yankees natürlich. Weil sie regelmäßig Siege einfahren. Sie sind die einzige Mannschaft, auf die es ankommt.»
Sie bemühte sich, bewusst tief und ruhig aus dem Bauch heraus zu atmen, wie sie es im Yogakurs gelernt hatte. Brachte sie es über sich, einen Yankees-Fan zu heiraten? Wäre das nicht ein Verrat an allem, was ihr heilig war? Konnte sie es ertragen, mit einem Mann zu leben, für den nüchterne Logik offenbar an erster Stelle stand? Der Monogamie als weibliche Wahnvorstellung belächelte?
«Alexa? Fehlt dir was?»
Sie winkte nur unwillig ab und dachte weiter fieberhaft nach, während sie rastlos im Zimmer auf und ab lief. Wenn sie jetzt einen Rückzieher machte, blieb ihrer Mutter nichts anderes übrig, als das Haus zu verkaufen. Wie sollte Alexa damit leben, wenn sie aus schnödem Egoismus ihre Familie hängenließ? Hatte sie wirklich eine Wahl?
«Alexa?»
Sie wirbelte herum. Die Ungeduld stand ihm ins Gesicht geschrieben. Für Gefühlsausbrüche brachte dieser Mann kein Verständnis auf, so viel war klar. Sicher, er sah zum Anbeißen aus, aber er würde ihr furchtbar auf die Nerven gehen, genau wie früher. Sein Tagesablauf war vermutlich straff organisiert, auf die Minute durchgeplant. Spontaneität war für ihn wahrscheinlich ein Fremdwort.
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