Plötzlich durch Gewalt
entfernt und schlenderte gelassen auf das Haus zu. Unmittelbar
hinter der Haustür hing eine Liste der Bewohner an der Wand. Ein Bursche namens
Douglas Sheatham hatte das Apartment im Souterrain
inne. Die Blonde hatte den Bärtigen Douglas genannt. Daran erinnerte ich mich.
Ich schien also richtig zu sein. Ich ging die Treppe zum Souterrain hinunter,
drückte mit dem Daumen auf die Klingel und hielt meine Magnum fest in der
rechten Hand.
Die Tür öffnete sich, und vor
mir stand der Bärtige. Er sah mich mit überraschten Augen an. Von der um sein
Kinn wuchernden Haarpracht abgesehen, wirkte er ganz vernünftig; etwa so wie
ein besserer Herr, der sich einen ruhigen Abend macht. Er trug ein
kurzärmeliges schwarzes Wollhemd und eine grüne
Cordhose, die von einer verknoteten, handbemalten Krawatte am Runterrutschen
gehindert wurde.
Ich drückte den Lauf der Magnum
gegen seine Brust und lächelte ihn liebevoll an.
»Ich mein’s nicht persönlich, Douglas. Das verstehen Sie doch ?« fragte ich. »Sie wissen doch, wie das so ist ?«
Er schluckte krampfhaft. »Was
wollen Sie hier, Boyd ?«
»Ihnen mit meinem treuen
Begleiter hier den Schädel einschlagen«, antwortete ich und kratzte ihm mit dem
Lauf der Magnum über die Brust, daß er vor Schmerz das Gesicht verzog. »Aber
vielleicht können Sie mich davon abbringen, falls Sie sich große Mühe geben.
Ich bin ein harter Kunde; aber wenn Ihre Verkaufsargumente wirklich gut sind,
schaffen Sie’s vielleicht gerade. Sie müssen allerdings sehr schnell reden,
Douglas, oder ich könnte doch meine Selbstbeherrschung verlieren .«
Ich legte mein Gewicht gegen
die Waffe, so daß er sich aussuchen konnte, ob er zurückweichen oder von der
Magnum ein sauberes Loch in die Brust gebohrt haben wollte. Er wich zurück. Ich
folgte ihm in die Wohnung und stieß die Tür mit dem Fuß hinter mir zu.
Hinter der Tür tat sich vor mir
kein gewöhnliches Apartment auf, sondern ein Atelier. Es war ein riesiger Raum,
dessen Wände mit Gemälden aller Arten und Größen bedeckt waren. Es herrschte
eine Art Chaos, das niemand organisieren kann, sondern das langsam über eine
lange Zeit entstehen muß. An einer Seite des Raumes stand eine riesige Kiste, auf
die eine Menge Leinwand aufgestapelt war. Obendrauf balancierte gefährlich eine
leere Kognakflasche. In dem Atelier standen zwei Couches mit ehemals weißen
Überzügen.
In der Mitte des Raumes waren
mehrere Atelierlampen so zusammengestellt, daß ein kleines Viereck in
konzentriertes grelles Licht getaucht war. Im Zentrum dieses Lichtflecks stand
ein Hocker mit einem ledergepolsterten Sitz, und darauf saß die Blonde, die
keiner weiteren Polster bedurfte. Der Lauf der Magnum klopfte einen schnellen
Wirbel gegen Douglas Sheathams Brust, als ich sie
ansah.
Sie hatte auch nicht ein
einziges Stückchen Stoff am Leib.
»Douglas«, sagte ich mit
belegter Stimme, »ich wußte nicht, daß Sie Maler sind. Der Bart hätte mir
eigentlich einen Hinweis geben sollen, aber ich hielt Sie für einen Halunken.
Und der Unterschied zwischen einem Halunken ohne und einem Halunken mit Bart
ist bekanntlich nur unerheblich .«
Ich klopfte seine Taschen ab,
um mich zu vergewissern, daß er die Vierundvierziger nicht bei sich trug; das war nicht der Fall. Die Blonde hatte sie auch nicht,
das konnte ich mit einem Blick erkennen. Mit Hilfe meiner Waffe überredete ich
Douglas, noch weiter zurückzuweichen, bis wir die Mitte des Raumes und den Rand
des hellbeleuchteten Vierecks erreicht hatten.
»Hallo, Danny«, sagte die
Blonde ungerührt, »bringen Sie mir meine fünfhundert Dollar zurück? Oder
wollten Sie mit mir über den Auftrag reden ?«
Auf einer Staffelei rechts von
mir stand eine Leinwand. Douglas Sheatham mußte das
Bild gerade beendet haben, als ich auf die Klingel drückte. Ich betrachtete es
aufmerksam, und der höhnische Ausdruck auf meinem Gesicht wurde unsicher und
schwand dann.
Der Bärtige gehörte zur
realistischen Schule. Das stand außer Frage. Er hatte genau den Farbton ihres
Haares getroffen, den warmen Schimmer ihres prachtvollen Körpers, das leichte
sinnliche Vorstülpen ihrer Unterlippe.
Das Bild zeigte sie auf dem
Gipfel der Welt sitzend, den Kopf zurückgeworfen, und lachend entblößte sie
ihre scharfen weißen Raubtierzähne. Die Welt war auf dem Gemälde eine Halbkugel
mit zwei winzigen nackten Figuren, einem Mann und einer Frau, die mit dem
Ausdruck höchsten Entsetzens davonflohen.
Neben der Blonden war eine
schwarze
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