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Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Titel: Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etgar Keret
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das erleichtert, dann hat sie kein Problem damit, die Flecken rauszuwaschen.
    Bevor ihr Vater starb, waren sie sich ganz nah. Auch sie und Kuti waren sich nah, er war in sie verliebt. Ich bin der einzige Mann, der ihr nahe ist und noch lebt. Am Ende werde ich mit einer anderen ausgehen, und sie wird allein bleiben. Das ist unvermeidlich, das weiß sie, und wenn das passieren wird, wird sie traurig sein. Traurig für sie selbst, aber auch froh für mich, dass ich Liebe gefunden habe. Nachdem ich gekommen bin, streichelt sie mein Gesicht und sagt, dass es abgesehen davon, dass es traurig ist, auch ein Kompliment für sie ist. Ihr schmeichelt, dass ich von allen Frauen auf der Welt nur an sie denke, wenn ich onaniere. Dieser Kunsthändler, mit dem sie schläft, ist behaarter und kleiner als ich, aber so was von sexy. Beim Militär war er ein Untergebener von Netanjahu, und seitdem sind sie in Kontakt. Richtig Freunde. Manchmal, wenn er zu ihr kommt, erzählt er seiner Frau, dass er auf einen Sprung bei Bibi vorbeischaut. Einmal ist sie ihm und seiner Frau im Einkaufszentrum über den Weg gelaufen. Sie standen weniger als einen Meter voneinander entfernt, sie hat ihm zugelächelt, ein kleines, heimliches Lächeln, aber er hat sie ignoriert. Seine Augen ruhten auf ihr, doch sie waren völlig blank, als sei sie ein Nichts. Als sei sie komplett Luft. Sie verstand ja, dass er nicht zurücklächeln oder etwas zu ihr sagen konnte neben seiner Frau, aber trotzdem hatte das etwas stark Beleidigendes. Sie stand dort allein neben den öffentlichen Telefonen im Einkaufszentrum und fing zu weinen an. Das war in jener Nacht, in der sie mit mir geschlafen hat. Im Nachhinein gesehen war es ein Fehler.
    *
    Vier ihrer Verehrer haben versucht sich umzubringen. Zwei haben es sogar geschafft. Ausgerechnet die zwei, an denen sie am meisten hing. Sie waren ihr nah, sehr nah, echt wie Brüder. Manchmal, wenn sie allein zu Hause ist, kann sie uns regelrecht fühlen, mich und Kuti, mit ihr im Wohnzimmer, wie wir sie ansehen. Und wenn das passiert, ist es einen Moment beängstigend, aber es macht sie auch froh. Denn sie weiß, dass sie nicht ganz allein ist.

Nach dem Ende
    Auftragsmörder sind wie Feldblumen. Es gibt sie von jeder Sorte und jeder Art. Ich kannte einmal einen, der hieß Maximilian Sherman. Bestimmt hieß er anders, aber so stellte er sich immer vor. So ein Killer der Oberliga, klassisch, von der Sorte, die nicht öfter als ein bis zweimal im Jahr einen Vertrag abschließen. Bei dem, was er als Kopfpreis erhielt, brauchte es nicht mehr. Dieser Maximilian war seit seinem vierzehnten Lebensjahr Vegetarier, aus Gewissensgründen, und hatte ein Kind in Darfur adoptiert, das Nuri hieß. Er hatte Nuri nie getroffen, aber er schrieb ihm lange Briefe, und Nuri schrieb ihm zurück und schickte Bilder. Kurz gesagt, ein sensibler Mörder. Maximilian war nicht bereit, Kinder zu töten. Auch mit alten Frauen hatte er ein Problem. Eine Masse Geld entging ihm deswegen im Laufe seines Lebens. Extrem viel Geld.
    Es gibt also Maximilian, und es gibt mich. Und das ist das Schöne an unserer Welt, dass jeder verschieden ist. Ich kann nicht hübsch reden wie Maximilian oder mich wie er in Artikel über Giftstoffe vertiefen, die keine Spuren im Blut hinterlassen, die in Webseiten von Universitäten erscheinen, von denen ich die Namen nicht mal buchstabieren kann. Aber dafür bin ich einverstanden, euch Kinder und Alte kiloweise abzuschlachten. Ohne zu stottern, ohne zu blinzeln und ohne dafür einen Aufpreis zu verlangen.

    Mein Rechtsanwalt sagt, dass ich haargenau deswegen die Todesstrafe bekommen habe. Heute, so sagt er, ist das nicht mehr wie früher mal, als die Leute öffentliches Aufhängen einem guten Essen vorzogen. Heute sind die Leute nicht mehr so echt begeistert davon, Mörder zu töten, das dreht ihnen den Magen um, führt dazu, dass sie sich in ihrer Haut nicht wohl fühlen. Aber Kindermörder, die kriegen es noch ab. Ganz ehrlich? Ich versteh nicht so recht, warum. Ein Leben ist ein Leben. Und Maximilian Sherman oder meine scheinheiligen Geschworenen können da die Nase rümpfen bis morgen, aber einer sechsundzwanzigjährigen bulimischen Genderstudentin oder einem achtundsechzigjährigen Limousinenchauffeur und Poesiefan das Leben zu nehmen, ist nicht mehr und nicht weniger in Ordnung als das eines verrotzten Dreijährigen. Staatsanwälte lieben es, eine Riesenstory daraus zu machen, ich weiß schon. Sie lieben es, nervtötend was von

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