Poirots erste Fälle
i genwillige Besitz e rin schließen.
Plötzlich spürte Poirot, der sehr feinfühlig war, dass j e mand ihn beobachtete. Er fuhr herum. Unter der Vera n datür stand ein Mädchen – ein blasses Mädchen mit sehr schwarzem Haar und misstrauischen Augen.
Sie kam herein und als Poirot sich leicht verneigte, stieß sie schroff hervor: »Was wollen Sie hier?«
Poirot antwortete nicht. Er zog nur die Brauen hoch.
»Sie sind kein Anwalt – nicht?« Ihr Englisch war gut, aber keine Minute lang hätte man sie für eine Englä n derin gehalten.
»Warum sollte ich ein Anwalt sein, Mademoiselle?«
Das Mädchen starrte ihn mürrisch an. »Ich dachte, Sie seien vielleicht einer. Ich dachte, Sie seien vielleicht g e kommen, um mir zu erklären, sie habe nicht gewusst, was sie tat. Ich habe von solchen Fällen gehört – eine unz u lässige Beeinflussung. So nennt man es doch, was? Aber das stimmt nicht. Sie wollte, dass ich das Geld b e komme und ich werde es bekommen. Wenn es nötig ist, nehme ich mir selbst einen Anwalt. Das Geld gehört mir! So hat sie es aufg e schrieben und so soll es sein.«
Sie sah hässlich aus mit ihrem vorgestreckten Kinn und den düster glänzenden Augen. Die Tür wurde g e öffnet, eine große Frau trat ein und sagte: »Katrina!«
Das Mädchen schrak zusammen, errötete, murmelte Unverständl i ches und lief durch die Verandatür hinaus.
Poirot wandte sich der Frau zu, die mit einem einz i gen Wort die S i tuation so erfolgreich gemeistert hatte. Aus ihrer Stimme hatten Aut o rität, Verachtung und eine Spur wohlerzogener Ironie g e klungen. Ihm war sofort klar, dass sie die Besitzerin des Hauses war, Mary Delafonta i ne.
»Monsieur Poirot? Ich habe Ihnen geschrieben. B e stimmt haben Sie meinen Brief nicht bekommen.«
»Leider nein, ich war nicht in London.«
»Ich verstehe, das erklärt die Sache. Ich heiße Delafo n taine. Das ist mein Mann. Miss Barrowby war meine Ta n te.«
Mr Delafontaine war so leise hereingekommen, dass sein E r scheinen unbemerkt geblieben war. Er war ein großer grauhaar i ger Mann, der irgendwie unsicher wirkte. Er hatte die Ang e wohnheit, nervös sein Kinn zu betasten, und sah ständig zu seiner Frau hin. Offensichtlich erwa r tete er von ihr, dass sie bei jedem G e spräch die Führung übe r nahm.
»Ich bedaure sehr, dass ich Sie in Ihrer Trauer st ö re«, sagte Po i rot.
»Es ist nicht Ihre Schuld, das weiß ich«, sagte Mrs Del a fontaine. »Meine Tante starb am Dienstagabend. Und zwar völlig unerwa r tet.«
»Ganz, ganz unerwartet«, echote Mr Delafontaine. »Schwerer Schlag.« Seine Augen beobachteten die Vera n datür, durch die das fremdländisch wirkende Mädchen verschwunden war.
»Ich entschuldige mich«, sagte Hercule Poirot. »Und ich ziehe mich zurück.« Er machte einen Schritt auf die Tür zu.
»Einen Augenblick noch!«, rief Mr Delafontaine. »Sie – hm – waren mit Tante Amelia verabredet, sagen Sie?«
»Parfaitement.«
»Vielleicht verraten Sie uns, worum es sich hande l te«, sagte Mrs Delafontaine. »Wenn wir irgendetwas für Sie tun können…«
»Es war eine vertrauliche Angelegenheit«, erwiderte Poirot. »Ich bin Detektiv«, fügte er ruhig hinzu.
Mr Delafontaine warf eine kleine Porzellanfigur um, mit der er gespielt hatte. Seine Frau machte ein ve r blüfftes Gesicht.
»Detektiv? Und Sie waren mit meiner Tante verabr e det? Wie ung e wöhnlich!« Sie starrte ihn an. »Können Sie uns nicht Näheres erzählen, Monsieur Poirot? Es – es e r scheint mir so fantastisch!«
Poirot schwieg einen Augenblick. Als er antwortete, wählte er seine Worte sehr sorgfältig.
»Es ist schwierig, Madame, zu entscheiden, was ich tun soll.«
»Hören Sie«, sagte Mr Delafontaine. »Hat sie vie l leicht Russen e r wähnt?«
»Russen?«
»Ja, Sie wissen doch – Bolschewisten, Rote, solche Le u te eben.«
»Mach dich nicht lächerlich, Henry«, mahnte seine Frau.
Mr Delafontaine trat sofort den Rückzug an. »En t schuldige – en t schuldige, ich war nur neugierig.«
Mary Delafontaine sah Poirot offen an. Sie hatte leuc h tend blaue Augen, so blau wie Vergissmeinnicht. »Wenn Sie uns Genaueres s a gen könnten, Monsieur Poirot, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Ich versichere Ihnen, dass ich einen – einen guten Grund habe, Sie darum zu bitten.«
Mr Delafontaine machte ein erschrockenes Gesicht. »Sei vorsichtig, altes Mädchen, du weißt – es steckt vie l leicht nichts dahi n ter.«
Wieder brachte ihn seine Frau mit einem
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