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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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dass ich von ihm träume, weshalb er mich so aus der Bahn wirft, ob ich ihn wiedersehe ... und ob ich ihn wiedersehen will!!! Argh... hört das denn gar nicht mehr auf?
     
    Fuck, wenn das nicht bald aufhört, drehe ich völlig durch, stelle ich fest, und entschließe mich zur Flucht ... und zu meinem Spezialrezept ... Joggen. Ich jogge eigentlich jeden Tag, sogar morgens, wenn ich arbeiten muss, vor dem Frühstück, auch wenn das Wetter den Winter über nicht danach war. Aber nun ist Frühling, und das schon eine ganze Weile, der Himmel ist blau, die Luft eigentlich angenehm warm, und die Sonne scheint ... also, warum faulenze ich eigentlich morgens immer noch?
     
    Ich streife hastig ein wahllos aus dem Stapel frischer Wäsche gezogenes T-Shirt über, stecke meine Schlüssel in die Hosentasche und verlasse meine Wohnung – wie lächerlich! Sieht aus wie eine einwandfreie Flucht vor meinen eigenen Gedanken ... Sinnlos, denn es gelingt mir natürlich nicht, wie sollte es auch? Doch wider Erwarten gelingt es mir doch, und je mehr ich meinen Körper überanstrenge, desto mehr hat mein Gehirn damit zu tun, meine Körperfunktionen aufrechtzuerhalten, und desto mehr Erinnerungen an ihn verblassen. Yeah, und schließlich schaffe ich es sogar, innerlich zu entspannen und meinen Geist zu entleeren, bis nur mehr diese herrliche, oft gesehene Ruhe in mir ist ... und völlige Entspannung, zumindest auf den ersten Blick ... auf meiner Lieblingsstrecke, quer über den Steglitzer Friedhof. Sobald ich die entsetzten Blicke der Spießer sehe, das ungläubige Kopfschütteln, die vorwurfsvollen Sprüche, die sie mir hinterherrufen, werde ich im Handumdrehen absolut zufrieden, weil »ich« nicht so bin ... konservativ. Buäh. Ich unterwerfe mich keinen Konventionen. Ich tue, was ich will, wann ich will, lasse mir keine Ratschläge erteilen, sondern folge meinem Instinkt. Denn ich weiß selbst am besten, was gut für mich ist ... und wenn es am Samstagmorgen Joggen zwischen Grabsteinen ist, was ich brauche – was soll’s? Mein Kopf ist frei von sämtlichem Müll, all meine Wut ist rausgeschwitzt ... ich fühle mich wohl, und freue mich – nach einer weiteren Dusche – auf ein ausgiebiges Frühstück im Café-Olé ... oder eher Mittagessen, wenn die Uhr am Bundesplatz richtig geht, an der ich eben vorbeilaufe. Und wenn schon. Ich zucke die Schultern. Wer sagt denn, dass ich um zwei nicht mehr frühstücken kann? Die Besitzer des Café-Olé haben diese kleinbürgerlichen Regeln – Frühstück nur bis 11 – schon lange abgelegt. Gut für den Umsatz und gut für mich.
     
    Andererseits, wofür eine zweite Dusche? Erst wieder nach Hause, umziehen, und dann noch einmal hierher, zum Frühstücken? Das kann ich auch gleich haben, wenn ich es mir einfach auf der Terrasse gemütlich mache. Außerdem ist das Wetter heute viel zu schön, um es zu verpassen, und ich habe im letzten halben Jahr kaum Zeit draußen verbracht, so kalt, wie es letzten Herbst schon war. Trotzdem, meine Haut ist aus dieser Zeit nur künstliche UV-Strahlen gewöhnt, und die echten sind ziemlich heftig, wie ich feststelle, als ich auf der Spichernstraße entlanggehe, um meinen Kreislauf wieder in normale Bahnen zu lenken. Um genau zu sein, ich arbeite mich von einer Markise zur nächsten, und dies, obwohl es eigentlich absolut nicht das Wetter für den ersten Sonnenbrand dieses Jahres ist ... es ist ein ausgesprochen angenehmer Frühlingsmittag, und ich nutze jeden der seltenen Schatten aus, der sich mir bietet, weil die Geschäfte hier seltener werden und demzufolge weniger Markisen meinen Weg säumen, bis ich keinen Schatten mehr sehe und automatisch nach oben schaue ... Wolken.
    Nanu? Ich habe keine Ahnung, woher die so schnell gekommen sind. Eben war der Himmel doch noch klar? »Aus heiterem Himmel« sozusagen, na ja, wer behauptet auch, dass Sprichwörter nicht stimmen können? Wolken sind blöd, aber sie wechseln sich mit der Sonne ab, was mich zumindest mehr vor den Strahlen schützt und mich offener weiterlaufen lässt, gelegentlich nach oben schauend, das Geschehen am Himmel beobachtend. Anscheinend kann Petrus sich nicht so recht entscheiden, jedenfalls tut sich nichts Eindeutiges. Mein T-Shirt ist total durchgeschwitzt, weshalb ich den aufkommenden Wind deutlich auf meiner Haut spüre, angenehm erfrischend. Auch die ersten Regentropfen, die sanft herabfallen, sind erfrischend, wunderbar warm auf meiner erhitzten Haut, so dass ich meinen Kopf weit in den

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