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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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ist die Ruhe selbst, als er mein Lächeln erwidert, so sinnlich, nein, so zärtlich, dass meine Knie weich werden wollen. Nein, das gestatte ich auf gar keinen Fall. Das bilde ich mir nur ein, genauso, wie ich die Stimme – seine Stimme – in meinem Kopf entschieden in das Reich der Visionen verweise, überzeugt, verführerisch: »Ich weiß, was du brauchst ...« Meine Panik wird größer und größer ... und exakt diesen Augenblick nutzt er, um mich spüren zu lassen, was mir wirklich solche Angst bereitet: Er gibt mir das Gefühl, ganz tief in mich schauen zu können, meinen Gedanken auf den Grund zu gehen, mich zu begreifen, zu verstehen, und mich zu wollen – trotz allem. Und genau das ist es, was mich so schockiert. Die Frage, weshalb das so ist, kann ich mir nicht beantworten, und die Tatsache, dass ich laufend auf diese Unkenntnis hingewiesen werde, treibt mich an den Rande der Verzweiflung. Warum? Andere wollen mich auch, ständig, sie himmeln mich an, laufen mir nach, und so weiter. Aber er ist ganz anders, und er passt nicht in das Muster. Er verwirrt mich, wie gesagt. Und ich habe noch nie die Kontrolle verloren, bis auf dieses Mal. Nicht einmal annähernd, ich war immer kühl und gelassen, bis ER kam. Ich bin nicht einmal in der Lage, mich von ihm abzuwenden, sondern starre ihn immer noch unvermindert an, während er mir zuzwinkert. Ich will nichts lieber als weg von hier. Einzige Möglichkeit: Ich mache ein paar Schritte rückwärts, versuche dabei, seinem Blick auszuweichen, was mir nicht gelingt, denn er schaut mir nach, verwundert und scheinbar ein kleines bisschen enttäuscht, bis ich irgendwo anstoße und reflexartig nachschaue, was passiert ist. Nichts Schlimmes, ich habe nur einen Stapel Bücher umgestoßen, und eine Verkäuferin kümmert sich bereits darum. Das allerdings hilft mir, mich auch psychisch von ihm loszureißen, ich stammele eine kurze Entschuldigung, kämpfe fast schon panisch die Versuchung nieder, einen letzten Blick in seine Richtung, zu ihm, zu werfen, und verschwinde stattdessen. Nur raus aus diesem Laden. Weg, von IHM.

13
    Shahin
     
    Eigentlich würde ich am liebsten wieder gehen. Der ganze Laden ist voll – und von wegen, Studis schon weg – sie drängeln sich um die Stapel mit den Lehrbüchern des letzten Jahres wie die Motten um das Licht. Ein Gutes hat die Sache, der Bereich Physik ist dafür ziemlich abgegrast, und kaum einer schaut nach Sekundär- oder Tertiärliteratur, vielleicht ich mal ausgenommen. Astrophysik und Raumfahrt interessieren mich besonders. Und da – Hammerschmidts »Geostationäre Satellitensysteme« – statt 178,- Euro (was mir bisher immer zu teuer war) für 75,- Euro – gekauft! Bei der Gelegenheit kann ich gleich noch ein paar Bücher über Raumfahrttechnik mitnehmen, denn die mathematische Fraktion ist nicht wirklich prickelnd, zumal die antiquarische Abteilung so gut wie nicht belegt ist – leider. Na ja – und wie ich da so beim Stöbern herumblättere, sehe ich plötzlich IHN – den Typen von gestern. Steht da halb hinter einem Buchständer versteckt und mustert mich. Scheint verwirrt zu sein, der Gute. Und er ist völlig durchnässt. Nicht, dass das schlecht aussehen würde, wie das T-Shirt auf seinem Body klebt, im Gegenteil. Gut, die Sporthose sieht etwas peinlich aus und ist mindestens eine Nummer zu groß. Und ich möchte eigentlich gerne zu ihm gehen, ihn anlächeln und auf einen Kaffee einladen, aber er scheint mich einerseits zu beobachten und sich andererseits vor mir zu verstecken – und als ich sein Zucken sehe, habe ich das Gefühl, seine Gedanken hören zu können und dass er Angst hat vor mir.
    Seine gedankliche Frage »Was ist dein Geheimnis?« dröhnt in meinen Ohren. Okay, dann ... schaue ich ihm direkt in die Augen und schenke ihm ein besonders aufmunterndes Lächeln. Weil, er hätte jetzt zum Beispiel die Gelegenheit, zu mir zu kommen, und mich anzusprechen.
    »Na, komm schon«, denke ich mir, und er lächelt mich schief an. Ich ziehe meine Augenbrauen leicht nach oben, um ihn spüren zu lassen, dass ich ihm nicht böse bin, weil er mich gestern stehen gelassen hat – schließlich habe ich die Angst in seinen Augen gesehen. Plötzlich ein Funkeln der Erkenntnis in seinen Augen, und er geht, fast fluchtartig, rückwärts, stößt noch einen Stapel Bücher um, fast wie ein Wegrennen vor mir. Tja. Stellt sich mir nur die Frage, wie oft ich mir noch einen solchen Korb geben lassen soll, bis ER mir gleichgültig wird

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