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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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sich mit Klienten im Nachtleben, wenn er nicht gerade durch sein Gewächshaus wanderte. Aber er war stiller als sonst, irgendwie kleinlaut, fast schon mürrisch. Wir sprachen nicht viel darüber. Vermutlich, weil keiner von uns zugeben wollte, wie sehr uns die Erfahrung, aber auch die Tatsache, dass uns dort draußen immer noch Gefahr drohen könnte, beschäftigte. Er verbrachte viel Zeit damit, aus dem Fenster zu sehen. Fenn installierte etwas, das er als Frühwarnsystem bezeichnete, in meinem Appartement und im Landhaus. Es war nur ein schwarzer Kasten mit einer eigenen Stromversorgung, der mit den KIs verbunden wurde. Er würde alle Besucher überwachen, würde Türen blockieren, Eindringlinge außer Gefecht setzen, die Polizei benachrichtigen, Lärm machen und ganz allgemein ein Höllenspektakel veranstalten, sollte irgendwer irgendwas versuchen. Das war vermutlich der Untergang meiner Privatsphäre, aber ich war bereit, mich auf den Handel einzulassen, wenn ich so friedlich schlafen konnte.
    Am Tag nach der Installation der schwarzen Kästen rief Fenn an, um uns zu erzählen, dass er versucht hatte, Gina Flambeau ausfindig zu machen, die Frau, die Diane Gold besucht und ihr den Geldpreis übergeben hatte, offensichtlich in der Absicht, Maddys Etui zu inspizieren. »Eine Person dieses Namens existiert nicht«, sagte er, »jedenfalls keine, auf die diese Beschreibung zutreffen würde.«
    »Haben Sie versucht, eine DNS-Probe zu bekommen?«, fragte Alex. »Sie hatte doch das Etui in Händen.«
    »Sie meinen dieses kleine Schmuckkästchen?«
    »Ja.«
    »Die halbe Dorfbevölkerung hatte das Ding in Händen.«
     
    Jedes Mal, wenn ich an Marcus Kiernan dachte, kam mir die Tagung in den Sinn.
    Die Angehörigen der Polaris-Gesellschaft bezeichneten sich selbst als Polariten. Natürlich ist das keine ernsthafte Benennung, aber es passt zu der Grundstimmung. Die leitende Polaritin war eine Frau aus Lark City, die ich nicht erreichen konnte. Nicht in der Stadt. Keinen Link mitgenommen. Will nicht gestört werden, vielen Dank auch.
    Polarit Nummer Zwei war ein Elektroingenieur aus Ridley, was etwa neunzig Kilometer die Küste hinab lag. Ich rief ihn an und sah, wie sein Bild, begleitet von einem strahlenden Sternenhimmel, langsam Gestalt annahm. Leute, die ihre Präsenz zu Kommunikationszwecken mit Spezialeffekten unterstreichen, machen mich immer ein bisschen misstrauisch. Wenn man sich mit jemandem unterhält, sollte ein Gespräch stattfinden, keine Show. Er hatte schmale Augen, trug eine schwarze Freizeitjacke und sah ganz allgemein gelangweilt aus. Ich habe Besseres zu tun, als mit Ihnen zu reden, junge Dame. »Was kann ich für Sie tun, Ms. Kolpath?«, fragte er. Er saß in einem Gartenhof in einem dieser unsäglichen, polierten braunen Stühle, die neuerdings auf jeder Terrasse aufzutauchen schienen. Auf einem Tisch neben ihm stand ein dampfender Drink.
    Ich erklärte, ich sei bei der Tagung gewesen und hätte mich sehr gut unterhalten, und ich würde Informationen sammeln für ein Buch über die Gesellschaft und ihren Beitrag dazu, die Geschichte der Polaris am Leben zu erhalten. »Ich hatte mich gefragt«, sagte ich, »ob es vielleicht einen archivierten Datensatz über das diesjährige Treffen gibt.«
    Seine Haltung wurde freundlicher. »Haben Sie schon etwas veröffentlicht?«
    »Einiges«, antwortete ich. »Zuletzt eine Studie über den Mazha.«
    »Ach ja«, sagte er.
    »Der Titel lautet: Das Schwert des Glaubens.«
    »Das habe ich schon mal gesehen«, erklärte er feierlich.
    »Es kommt gut an«, sagte ich. »Nun, jedenfalls hatte ich mich gefragt, ob es ein derartiges Archiv gibt, und ob ich es mir ansehen dürfte.«
    »Wir stellen grundsätzlich eine Archivdatei zusammen.« Er hatte eine heisere, schrille Stimme. Die Art Stimme, die man mit einer Person assoziiert, die gern Kinder anbrüllt. »Das hilft uns bei der Planung der jeweils folgenden Veranstaltung. Wollen Sie nur die von diesem Jahr sehen? Wir haben die Daten schon seit Beginn des Jahrhunderts archiviert.«
    »Im Augenblick brauche ich nur den aktuellen Datensatz.«
    »Okay, darum kann ich mich kümmern.« Zugestellt mit einem Schluck des Gebräus.
    Wenige Minuten später bahnte ich mir im schnellen Vorlauf einen Weg durch die Tagung. Ich übersprang alles, was ich nicht bei meinem richtigen Besuch gesehen hatte. Wieder besuchte ich das Forum ›Fremder Wind‹. Sah mich. Ging weiter zur Toxicon-Entführungstheorie. Sah den Mann, der an Bord der

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