Polarsturm
Ich möchte mir so schnell wie möglich die Nordküste ansehen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Obwohl wir vielleicht das Feuerwerk genießen sollten, bevor wir losdampfen.«
Zwei Minuten später ging die Küche des Unterkunftsgebäudes hoch und riss sämtliche Wände mit ein. Die Propangasflasche, die nahezu voll war, explodierte in einem mächtigen Feuerball aus orangen Flammen: Die Druckwelle brachte die Brückenverglasung zum Klirren. Kurz darauf ging die Ladung am Lagerhaus hoch, riss die Tür heraus und brachte das Dach zum Einsturz. Danach explodierten auch die Sprengsätze auf dem Hügel und lösten eine Fels- und Steinlawine aus, die auf das schwer beschädigte Gebäude niederprasselte. Als sich die dichte Staubwolke wieder gelegt hatte, sah Zak, dass die gesamte Halle unter einer dicken Schicht Steine und Schotter begraben war.
»Sehr wirkungsvoll«, murmelte der Kapitän. »Ich nehme an, jetzt müssen wir uns keine Gedanken mehr um die Anwesenheit der Amerikaner in dieser Gegend machen.«
»Ganz recht«, erwiderte Zak arrogant und selbstsicher.
60
Der Westwind fauchte über die Viktoriastraße und peitschte weiße Schaumkronen auf die Wogen, die über die gelegentlichen Treibeisbrocken hinwegspülten. Das türkisfarbene NUMA-Schiff, das durch das dunkle Wasser pflügte, wirkte wie eine Leuchtbake in einer farblosen Welt. Jetzt, da die Royal-Geographical-Society-Inseln voraus lagen, fuhr das Schiff langsam in das erste von Pitts Suchgebieten.
»Sieht so aus, als umrunde ein Schiff die Nordwestküste«, meldete der Rudergänger mit Blick auf das Radarsichtgerät.
Kapitän Stenseth griff zu einem Fernglas und betrachtete die beiden Punkte am Horizont.
»Vermutlich ein asiatischer Frachter, der mit Geleitschutz durch die Passage will«, sagte er. Er wandte sich an Pitt, der am Kartentisch saß und einen Bauplan von Franklins Schiffen musterte. »Wir nähern uns in Kürze der Endzone. Irgendeine Ahnung, wo Ihr Torpedo auftauchen wird?«
Pitt blickte auf das orangefarbene Zifferblatt seiner Doxa-Taucheruhr. »Er müsste in der nächsten halben Stunde hochkommen.«
Es dauerte zwanzig Minuten länger, bis ein Besatzungsmitglied das gelbe AUV im Wasser treiben sah. Stenseth steuerte das Schiff längsseits, worauf der Tauchroboter rasch an Bord gehievt wurde, wo Giordino die Festplatte mit ihrer Speicherkapazität von einem Terabyte ausbaute und in einen kleinen Betrachtungsraum brachte, in dem ein Computer und eine Projektionsanlage standen.
»Wollen Sie ins Kino?«, fragte Stenseth, als Pitt aufstand und sich reckte.
»Ja, der erste von zwei langen Hauptfilmen fängt gleich an. Behalten Sie die Transponder im Auge?«
Stenseth nickte. »Die holen wir als Nächste ein. Sie sind wegen der südlichen Strömung hier ziemlich weit abgetrieben. Wir werden uns ein bisschen sputen müssen, damit sie nicht auf den Felsen der Insel landen.«
»Ich sage Dahlgren, dass er sich bereithalten soll«, erwiderte Pitt. »Danach schnappen wir uns Aal Nummer zwo.«
Pitt stieg in den abgedunkelten Vorführraum hinab, wo Giordino bereits die per Sonar erfassten Daten über den Bildschirm laufen ließ. Eine goldfarbene Aufnahme des weitgehend flachen, aber mit Felsen übersäten Meeresbodens scrollte über den Monitor.
»Gestochen scharfes Bild«, sagte Pitt, als er sich neben Giordino setzte.
»Wir haben die Frequenz ein bisschen aufgemöbelt, damit wir eine höhere Auflösung bekommen«, erklärte Giordino. Er reichte Pitt eine Schale Popcorn aus der Mikrowelle. »Aber
Casablanca
ist es trotzdem nicht, fürchte ich.«
»Schon okay. Solange wir was finden, das es wert ist, noch mal gespielt zu werden, Sam.«
Die beiden Männer lehnten sich zurück und blickten auf den Bildschirm, an dem ein Streifen Meeresboden nach dem anderen ablief.
61
Das Zodiac preschte durch die kabbelige Dünung, jagte zwischen kleinen Eisbrocken hindurch und warf eisige Gischt empor. Der Steuermann fuhr mit Vollgas, bis er sich einem weiten Stück geschlossener Eisdecke näherte, das sich entlang der Küste erstreckte. Als er eine vom Seewasser abgeschliffene Stelle fand, fuhr er mit dem Schlauchboot hinauf, wo der harte Kiel des Zodiac noch mehrere Meter übers Eis glitt, bis es an einem niedrigen Höcker zum Stehen kam. Zak, der am Heck saß, wartete, bis die Geologen ausgestiegen waren, dann folgte er dem Sicherheitsmann, der ein Gewehr dabeihatte, um neugierige Bären zu verscheuchen.
»Holen Sie uns in genau zwei Stunden eine
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