Polarsturm
müssen wir unsere Proben auf dem Schiff noch gründlich untersuchen, bevor wir ein Vorkommen völlig ausschließen können.«
»Wie sieht’s mit Hinweisen auf eine Mine aus?«, fragte Zak.
Die Geologen schauten einander an und schüttelten den Kopf.
»Wenn die Inuit hier vor hundertsechzig Jahren etwas geschürft haben, standen ihnen bestenfalls primitive Werkzeuge zur Verfügung«, sagte der Geologe. »Aber sie müssten Spuren hinterlassen haben. Es sei denn, diese Hinweise befinden sich unter dem Eis, sodass wir sie nicht gesehen haben.«
»Ich verstehe«, sagte Zak mit tonloser Stimme. »Na schön, dann zurück zum Schiff. Ich möchte so bald wie möglich Ihre Untersuchungsergebnisse sehen.«
Als sie über das Packeis zur Abholstelle marschierten, überschlugen sich Zaks Gedanken. Er verstand das einfach nicht. In dem Hauptbuch stand doch, dass das Ruthenium von der Insel stammte. War es denn möglich, dass es nur ein kleines Erzvorkommen gewesen war, das längst erschöpft war? War das Hauptbuch fehlerhaft, oder war das Ganze nur ein Trick? Während er auf das Zodiac wartete, starrte er auf die See hinaus und bemerkte mit einem Mal ein türkisfarbenes Schiff, das auf die Insel zuhielt.
Seine Bestürzung schlug augenblicklich in Wut um.
62
Pitt und Giordino betrachteten bereits seit drei Stunden die Sonarbilder, als das Schiffswrack plötzlich auftauchte. Giordino ließ die Aufnahmen mit doppelter Geschwindigkeit ablaufen, sodass sie mit dem ersten Suchgebiet fast fertig waren. Beide Männer hatten schon glasige Augen vom ständigen Betrachten des Meeresbodens, aber dann schossen sie aus ihren Sitzen hoch, als sie das Wrack sahen. Giordino gab sofort einen Computerbefehl ein, worauf das Bild stehen blieb.
Es war eindeutig der Umriss eines großen Wracks, das aufrecht am Grund lag und nur leicht zur Seite gekippt war. Der Rumpf war allem Anschein nach intakt, wenn man von einem Riss absah, der sich waagerecht über den Bug zog.
»Ein Holzschiff«, stellte Pitt fest und deutete auf drei hohe Masten, die quer über dem Deck und dem Meeresboden lagen. »Sieht so aus, als hätte es einen stumpfen Bug, wie er typisch für Bombarden ist. Und das waren die
Erebus
und die
Terror
ja ursprünglich.«
Giordino vermaß das Wrack mithilfe des Cursors.
»Würden zwounddreißig Meter Länge in etwa passen?«, fragte er.
»Ganz genau«, erwiderte Pitt mit einem müden Lächeln. »Das muss eins von Franklins Schiffen sein.«
Die Tür des Vorführraums wurde aufgerissen, und Dahlgren kam mit einer Festplatte unter dem Arm herein.
»Das zweite AUV ist wieder an Bord, und hier sind die Aufzeichnungen«, erklärte er und reichte Giordino den Speicher. Er warf einen Blick auf den Bildschirm und riss die Augen auf.
»Volltreffer, ihr habt sie schon gefunden. Ein wunderschönes Wrack«, stellte er fest und nickte zu der Aufnahme hin.
»Ein halbes Pärchen«, sagte Pitt.
»Ich mach das Tauchboot klar. Das gibt ’ne schöne Fahrt zum Meeresgrund.«
Pitt und Giordino sahen sich die restlichen Aufnahmen des ersten AUVs an, dann nahmen sie sich die Daten des zweiten Tauchroboters vor, die aber nichts Interessantes enthielten. Das Wrack des Schwesterschiffs musste außerhalb der ersten beiden Suchgebiete liegen. Trotzdem entschied sich Pitt dagegen, die Suche weiter auszudehnen, bevor sie festgestellt hatten, welches Wrack sie gefunden hatten.
Er begab sich mit den Koordinaten des Wracks auf die Brücke, wo Kapitän Stenseth von der Steuerbordbrückennock Ausschau hielt. Knapp zwei Meilen entfernt dampfte der Eisbrecher
Otok
mit einem leeren Leichter im Schlepptau in Richtung Norden.
»Schau an, das sieht doch wie einer der Leichter von Ihrem Freund Goyette aus«, stellte Stenseth fest.
»Zufall?«, fragte Pitt.
»Möglicherweise«, erwiderte Stenseth. »Der Leichter liegt ziemlich hoch, müsste also leer sein. Will wahrscheinlich auf der Ellesmere-Insel Kohle laden und sie durch die Passage nach China bringen.«
Pitt betrachtete das näher kommende Schiff und staunte über die Ausmaße des Leichters. Dann ging er zum Kartentisch und holte das Foto von dem auf einer Werft in New Orleans gebauten Leichter, das Yeager besorgt hatte. Er sah das Bild an und meinte, dass es ein Doppelgänger des Schiffes sein müsste, das an Steuerbord voraus näher kam.
»Die stimmen überein«, stellte Pitt fest.
»Meinen Sie, die melden uns den kanadischen Behörden?«
»Das bezweifle ich. Aber es wäre durchaus möglich, dass sie aus
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