Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
Sebastian Vettel lacht. Kurz darauf ist der Spuk vorbei. Allein mit sich im Auto – nur dort kann jeder Fahrer wirklich zu sich kommen. Als Sebastian Vettel seinen Helm aufzieht, blickt er die Startgerade entlang und sieht die gewaltigen, voll besetzten Tribünen. Was er in dem Moment denkt? »Das Leben kann nicht mehr viel besser werden.«
Formationsrunde
Zehn Minuten vor der Einführungsrunde ertönt ein Signal. Wer kein Fahrer ist, kein Teammitglied, das für die Technik zuständig ist, und kein Offizieller, muss die Startaufstellung jetzt verlassen. Die Fahrer werden wieder in den Autos verzurrt, ihre Blicke richten sich auf die Startampel. Die besteht genau genommen aus fünf Ampeln, die nebeneinander hängen und jeweils vier Lichter zeigen. Die oberste Reihe ist Grün, darunter folgen eine gelbe Reihe und ganz unten zwei rote, die in diesem Moment leuchten. Fünf Minuten vor dem Start zur Einführungsrunde gehen die roten Lichter an der Ampel ganz links aus. Drei Minuten vor dem Start zur Einführungsrunde geht die zweite Ampel von links aus, und es ertönt noch einmal ein Signal: Wessen Reifen jetzt noch nicht aufgezogen sind, der hat ein Problem – er erhält im Rennen eine Zehn-Sekunden-Strafe. Eine Minute vor dem Losfahren leuchten nur noch an zwei Ampeln die roten Lichter, die Motoren werden gestartet. 45 Sekunden später geht die vorletzte Ampel aus, jetzt heißt es für alle Teammitglieder: Schnell weg aus der Startaufstellung! Und das gesamte Equipment mitnehmen! Von nun an ist der Fahrer im Auto auf sich alleine gestellt. Hat er ein Problem und benötigt Hilfe, dann muss er den Arm heben, woraufhin er in die Boxengasse geschoben werden darf.
Ist der Countdown abgelaufen, gehen an allen fünf Ampeln die grünen Lichter an, und die Karawane setzt sich, angeführt vom Fahrer auf der Pole Position, in Bewegung. Auf der folgenden Runde herrscht Überholverbot. Wer sich nicht daran hält, riskiert eine Strafe. Der letzte Umlauf, bevor die Runden heruntergezählt werden, wirkt beschaulich, aber das täuscht. Der Fahrer und der Renningenieur stehen in ständigem Funkkontakt. Viele Systeme müssen noch einmal überprüft und einige nachjustiert werden, das Schnellschaltgetriebe zum Beispiel, das die Gänge so zügig wechselt, dass die Beschleunigung keine Sekunde unterbrochen wird. Dafür muss die Drehzahl in jedem Gang einmal ans Maximum getrieben werden. Der Vorgang ist kniffelig, vor allem für diejenigen, die mitten im Pulk fahren: Sie müssen darauf achten, dass sie nicht zu viel Abstand zum Vorausfahrenden lassen, sonst gibt es eine Strafe. Halten sie zu wenig Abstand, laufen sie Gefahr, einem Rivalen ins Heck zu rauschen, wenn der seine Manöver fährt. Es mutet an wie ein Autoballett, wenn die Piloten ihre Gefährte auf den wenigen Kilometern tanzen lassen. Mit Schwung lässt jeder sein Auto wedeln, was nach Vorfreude aussieht, nach Ungeduld. Aber auch dahinter steckt Methode: Die Reifen müssen erhitzt werden – und zwar nicht nur an der Oberfläche. Auch das Innere, die sogenannte Karkasse, muss für das, was kommt, warm gedehnt und gestreckt werden. Ansonsten sind gute Rundenzeiten nur kurz möglich. Bei den Hinterreifen ist die Übung vergleichsweise leicht, es reicht, sie durchdrehen zu lassen. Auf die Vorderräder aber wirkt kein Antrieb, die Reifen dort müssen mit rhythmischen Lenkbewegungen warm geknetet werden. Wie ein Leichtathlet, der jeden Muskel, den er für seine Disziplin braucht, aufwärmt – so müssen die Piloten jedes Teil der Maschine, mit der sie gleich zu Höchstleistungen stürmen wollen, vorbereiten. Eines der wichtigsten Teile dafür ist die Bremse. Der kräftigste Motor, die windschnittigste Karosserie und die besten Reifen bringen wenig, wenn der Fahrer alles zusammen am Ende der Start-und Zielgeraden nicht in die erste Kurve zwingen kann. Die Bremsscheiben der Formel-1-Autos sind aus Karbon. Dieses Material hat einen Vorteil: An ihm packen die Bremszangen unglaublich kraftvoll zu. Aber das Material hat auch einen Nachteil: Wenn es nicht heiß genug ist, passiert so gut wie gar nichts. 400 Grad, das ist die Temperatur, ab der auf die Karbonscheiben Verlass ist. Wie sie in wenigen Minuten so heiß zu bekommen sind? Mit kurzen, harten Tritten aufs Bremspedal und längeren, weicheren – immer schön abwechselnd.
Vor der Ampel
Die Ingenieure können an ihren Computern verfolgen, was der Fahrer tut und wie sich das auswirkt. Sind nicht alle Werte im grünen Bereich,
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