Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
und 47 Sekunden. Gleich die erste Frage ist die entscheidende: »Sebastian, noch ein Punkt. Ganz ernsthaft, was soll noch schiefgehen?« Sebastian Vettels Antwort: »Weiß ich nicht. Ich hoffe, dass nichts schiefgeht. Aber es ist egal, ob es noch ein Punkt ist oder noch zehn sind. Ich denke, dass wir unsere Aufgabe noch erledigen müssen. Und selbst dann hört das Rad nicht auf, sich zu drehen. Das Ziel für das Wochenende ist, das Beste aus unserem Auto, dem Paket, uns selbst herauszuholen. Der Grand Prix hier bedeutet mir sehr viel. Er macht viel Spaß. Die Strecke ist einzigartig. Ich freue mich auf das Rennen. Was dann rausspringt, ob ein bisschen mehr oder weniger, werden wir sehen.«
Wortwahl
Manchmal klingen Sportler wie Politiker. Kurze Aussagen, bloß keine Schnörkel. Die Botschaft muss prägnant sein, sonst schaffen es die O-Töne nicht in die Beiträge. Und auf keinen Fall darf es Missverständnisse geben! Von den obligatorischen Pressekonferenzen des Automobilweltverbandes gibt es Wortprotokolle, die die Rivalen lesen können – und die eigenen Vorgesetzten. In jedem Team gibt es mehr als einen Pressesprecher. Bei den Interview-Runden lassen sie Aufnahmegeräte mitlaufen. Jedes Wort, das ein Fahrer an einem Grand-Prix-Wochenende öffentlich von sich gibt, wird aufgefangen, als sei es ein Tropfen Wasser in der Wüste. Sebastian Vettels Donnerstag in Suzuka ist wie jeder Donnerstag vor einem Rennen auf die Minute genau durchgeplant. 15 Uhr: Pressekonferenz. Unmittelbar im Anschluss: Fragerunde für die TV -Stationen. Danach wartet noch eine Autogrammgelegenheit für die Fans. Außerdem lädt der Automobilweltverband zu einem Drivers Meeting, der Versammlung der Fahrer. Früher, als viele Strecken noch unsicher waren, ging es bei der Gelegenheit oft hoch her. Heute geht es meist um Details. Welche Markierung auf der Strecke wann überfahren werden darf – und wann nicht. Wo die Fahrer besondere Rücksicht aufeinander nehmen sollen. Welche Regeln neu interpretiert wurden. Ärger gibt es nur noch selten, etwa wenn zwei im Rennen zuvor aneinandergeraten sind und keiner die Schuld bei sich sieht. Im Auto müssen die Fahrer häufig schalten. An dem Tag, bevor sie überhaupt ins Auto dürfen, müssen sie ständig umschalten, zwischen den verschiedenen Rollen wechseln, die von ihnen erwartet werden: Techniker, Motivator, Verkäufer, Rennfahrer. Auch die Sponsoren erwarten eine Gegenleistung. Wer in der Formel 1 wirbt, kann besondere Tickets bekommen, die einen begrenzten Zugang zum Fahrerlager garantieren und zum Paddock Club: einem exklusiven Bereich, meist mit dem besten Blick auf die Boxengasse, meist mit feinem rotem Teppich ausgelegt und immer von einer exquisiten Catering-Firma versorgt. Der Paddock Club ist nicht nur eine Tribüne, er ist auch eine Bühne. Produkt-Präsentationen lassen sich dort abhalten, Geschäftsessen. Und jede Veranstaltung gewinnt natürlich, wenn es einen besonderen Gast gibt: Grip ’n’ grin heißen diese Übungen bei den Fahrern – Händeschütteln und Lächeln. Auch das kann anstrengend sein. Erst gegen 18 Uhr kann Sebastian Vettel sich wieder auf sich konzentrieren.
Rückzugsraum
Zu den Privilegien der Hauptdarsteller gehört es, dass sie in all dem Trubel und all der Hektik, die bei jedem Formel-1-Rennen herrschen, einen kleinen Rückzugsbereich haben, einen Raum nur für sich. Bei den Rennen in Europa, zu denen die Teams das Material mit Lastwagen bringen, befindet sich der meist im Motorhome, jenen mobilen Heimstätten, die zu jedem Grand Prix errichtet und danach in Windeseile wieder abgeschlagen werden. Früher bestand so ein Motorhome aus einem Bus und einem Vorzelt. Doch dann setzte auch hier das Wettrüsten ein. Inzwischen sind die temporären Gebilde wahre Paläste. Der von Red Bull besteht aus einem komplizierten Stahlrohrgeflecht, das auf neun Lastwagen durch die Länder geschleppt wird und aus dem mehr als zwanzig Meister des Gerüstbaus in zwei Tagen ein dreistöckiges Kunstwerk formen. Beim Rennen in Monte Carlo wird es gerne auf einem Ponton im Yachthafen errichtet und mit einem eigenen Pool verziert, der 40000 Liter fasst. Bei den Übersee-Rennen geht es nüchterner zu. Dort bekommen die Teams ihre Räume an der Strecke zugewiesen. Dem Fahrer bleiben ein paar Quadratmeter. Ein Tisch, zwei Plastik-Klappstühle, eine Massage-Liege: Aber bei aller Nüchternheit garantiert das etwas Privatsphäre. Hier kann Sebastian Vettel sich massieren lassen, bevor er
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