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Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)

Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)

Titel: Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Hofmann
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Ausrutscher aber bricht in Milton Keynes, Mittelengland, in der Fabrik, in der die Rennwagen gebaut werden, Betriebsamkeit aus. Frontflügel bestehen aus Kohlefasern, die – aufwendig geformt – miteinander verleimt und anschließend in einem Autoklaven gebacken werden. Anschließend werden sie lackiert. Keine einfache Prozedur. Es geht nun darum, aus halb fertigen Teilen so schnell wie möglich ein fertiges Stück zu formen und dieses umgehend nach Japan zu bringen. Bis zum Start der Qualifikation am Samstagnachmittag bleiben lediglich 26,5 Stunden. Trifft das Teil nach der Qualifikation ein, ist es nutzlos: Dann sind keine Umbauten mehr erlaubt. Der Aufwand für die Operation ist gewaltig. Per Kurier reist das Teil nach Japan. Über das 50 Kilometer nordöstlich gelegene Nagoya kommt es an die Rennstrecke; das letzte Stück der Reise darf es im Hubschrauber erleben. Weil Sebastian Vettel weiß, »das war mein Fehler«, bietet er an, die Rechnung zu übernehmen. Zur Erinnerung: Sebastian Vettel hat in der WM -Wertung 124 Punkte Vorsprung. Zum Titel muss er nur noch einen Punkt holen. Dafür bleiben ihm noch fünf Rennen. Damit er schon in Japan feiern kann, muss er nicht gewinnen. Er muss lediglich Zehnter werden.

Generalprobe
    Samstagvormittag. Letztes Training. Mit einem alten Frontflügel. Wenn ein Rennwagen rollt, arbeitet nicht nur der Fahrer. Es springen auch mehr als hundert Sensoren an. Die Geschwindigkeit wird gemessen, die Temperatur der Bremsscheiben, die Querbeschleunigung, die Federwege werden überwacht, die Aufhängung, die Stoßdämpfer und die Fliehkräfte. Der Lenkeinschlag wird notiert, der Lenkwinkel, das Lenkmoment und die Lenkgeschwindigkeit. Wie hart wird welches Pedal getreten? Wie hoch sind Öltemperatur und Öldruck? Wie hoch die Wassertemperatur? Und der Wasserdruck? Gibt es Auffälligkeiten an den Einspritzventilen? Am Benzinfluss? Gemessen an dem, was den Formel-1-Maschinen an Aufmerksamkeit zuteil wird, sind Patienten, die auf der Intensivstation liegen, vernachlässigt. All die Daten werden übertragen, an den Kommandostand, zu den Ingenieuren an der Strecke, bei manchen Teams auch in die Rennstall-Zentrale, wo weitere Spezialisten sie auswerten. All das geht schneller als der Schall: In 20 Millisekunden kann ein Getriebe den Gang wechseln. Noch bevor der Vorgang im vorbeischießenden Auto zu hören ist, ist er auf den Bildschirmen zu sehen, auf den farbige Graphen, die das Geschehen nachzeichnen. Kommen die Fahrer in die Box zurück, sind Ausdrucke fertig. Die eigenen Werte lassen sich mit denen des Teamkollegen vergleichen. So ist auf einen Blick zu erkennen, wo noch Zeit gutzumachen ist. Und wo derjenige, der in derselben Garage auf der anderen Seite parkt, noch aufholen kann.
    Das Vorgehen ist bei den Top-Teams meist ähnlich: Am Freitag wird mit ordentlich Benzin im Tank gefahren. Jedes Kilogramm mehr oder weniger verändert, wie das Auto sich bewegen lässt, wie schnell es ist, wo der Fahrer bremsen muss. Am Freitag geht es darum, die Abstimmung fürs Rennen zu finden. Außerdem geht es um die richtige Reifenwahl. Die Pneus haben einen großen Einfluss auf die Rundenzeiten. Früher, als es mehrere Hersteller gab, galt die Faustregel: Pro Umlauf können unterschiedliche Reifen bis zu zwei Sekunden ausmachen. Die Aerodynamik, das wichtigste Kriterium am Auto, gerade einmal eine Sekunde. Um für spannendere Rennen zu sorgen, die Kosten nicht weiter wachsen zu lassen und die Geschwindigkeit, mit der die Autos die Kurven nehmen, nicht in den roten Bereich kommen zu lassen, entschied der Automobilweltverband 2007, dass alle mit den gleichen Reifen fahren müssen. Vier Jahre lang lieferte die japanische Firma Bridgestone die Rennreifen, 2011 übernahm Pirelli. Mit Einheitsreifen sind die Unterschiede im Feld nicht mehr so groß, aber die Details werden noch wichtiger. Formel-1-Reifen sind sensible Gebilde. Mehr als zweihundert Materialien werden für sie zusammengebracht, die drei wichtigsten sind Karbon, Öl, Schwefel. Fahren lässt sich mit ihnen fast immer problemlos, um richtig schnell fahren zu können, müssen sie aber zum Arbeiten gebracht werden. Und dafür müssen sie richtig erwärmt werden. Bei den Reifen, die im Trockenen zum Einsatz kommen, sind das rund hundert Grad. Ist das Karbon/Öl/Schwefel-Gemisch kälter, klebt es nicht richtig. Wird es heißer, wirft die Lauffläche Blasen, es bilden sich Gummi-Körner, und der Reifen ist schnell abgefahren. Bei jedem Grand Prix

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