Pole Position: Sebastian Vettel - sein Weg an die Spitze (German Edition)
gibt es zwei Mischungen. Eine härtere, eine weichere. Die weichere erlaubt meist die schnelleren Rundenzeiten, hält aber nicht so lange. Im Rennen muss jede Mischung mindestens einmal aufgezogen werden. Das ermöglicht vielfältige Strategie-Spiele. In den Trainingsläufen geht es deshalb darum zu schauen: Was machen die Reifen? Wann ist es klug, welche Mischung aufzuziehen?
Das Verhalten wird auch vom Gewicht des Autos bestimmt. Vorgeschrieben sind mindestens 640 Kilogramm, inklusive aller Flüssigkeiten und inklusive des Fahrers. Mit vollem Tank aber kommen noch einmal 150 Kilogramm dazu. Nachgetankt werden darf seit der Saison 2010 nicht mehr. Das Auto wird also jede Runde leichter, bis es im letzten Umlauf so schwer ist wie in den ersten Qualifikationsdurchgängen, in denen nur ganz wenig Benzin an Bord ist. Um das Auto für diese Bedingungen zu optimieren und auch dem Fahrer die Gelegenheit zu geben, sich auf sie einzustellen, werden meist die 60 Übungsminuten am Samstagvormittag genutzt. Während dieser Zeitspanne geschehen oft wunderliche Dinge. Autos, die mit vollen Tanks wunderbar lagen, verwandeln sich mit leeren plötzlich in Zicken. Oder umgekehrt. Im Abschlusstraining für den Großen Preis von Japan 2011 aber passieren keine wunderlichen Dinge: Jenson Button ist in seinem McLaren-Mercedes wieder der Schnellste. Mehr als eine halbe Sekunde bleibt er vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton. Sebastian Vettel ist mehr als acht Zehntelsekunden zurück und Dritter. Für die Qualifikation sieht es nicht gut aus. Die Hoffnung, dass der neue Flügel aus England rechtzeitig eintrifft, besteht. Aber noch ist er nicht da.
Uhrenvergleich
Uhren spielen in der Formel 1 eine wichtige Rolle. Sie sind omnipräsent. In jeder Box und in jedem Motorhome hängen Flachbildschirme, auf denen die Zeiten notiert werden. Gibt es gerade nichts zu notieren, zeigen die Uhren, wie lange es noch dauert, bis die Ampel am Ende der Boxengasse wieder auf Grün springt. Wenn die Autos sich bewegen, wird jedes Zucken von ihnen auf die Tausendstelsekunde genau gestoppt. Jeder Rennwagen trägt dafür einen Sender, der Impulse auslöst, die von den in der Strecke verlegten Antennen aufgenommen werden. Außerdem steht an der Ziellinie eine Hochgeschwindigkeitskamera. Jedes Auto, das vorbeischießt, wird mit Dutzenden Bildern pro Sekunde registriert – inklusive der Zeit, wieder auf die Tausendstelsekunde genau. Die Technik könnte es noch genauer, aber die winzige Unschärfe wird in Kauf genommen, schließlich geht es hauptsächlich um eine Fahrerweltmeisterschaft und jenseits der Tausendstelsekunde beginnt eine Dimension, die alles Menschliche übersteigt. Einmal, 1997 beim Saisonfinale in Jerez, schafften es in der Qualifikation tatsächlich drei, gleich schnell zu sein: Jacques Villeneuve, sein Williams-Teamkollege Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher, der damals einen Benetton fuhr, wurden alle mit 1:21,072 Minuten gestoppt. In so einem Fall entscheidet, wem die Zeit früher glückte. Villeneuve vor dem Titelrivalen Schumacher und Frentzen – so lautete die Reihenfolge damals in Jerez. Ein guter Startplatz bringt viel. Vor der Ampel werden die Autos mit acht Metern Abstand versetzt zueinander aufgereiht. Wer ganz vorne steht, spart sich also ein paar Meter. Die Rennen gehen bis auf eine Ausnahme über eine Runde mehr als die Distanz von 305 Kilometern oder werden gestoppt, wenn die Zwei-Stunden-Marke erreicht ist. Die Ausnahme ist Monaco. Im Fürstentum sind 260 Kilometer zu bewältigen. Die Uhr in der Red-Bull-Garage zeigt exakt 12.34 Uhr, als der neue Frontflügel für Sebastian Vettel eintrifft. Um 13 Uhr startet die Qualifikation. Normalerweise dauert das Umrüsten der Fahrzeugnase eine Stunde. Aber um 13.06 Uhr rollt Sebastian Vettel mit dem neuen Teil auf die Strecke. Er hat die harten Reifen aufgezogen. Und ist auf Anhieb schneller als sein Teamkollege Mark Webber.
Zeitfahren
Eine Runde zum Einrollen und Reifenaufwärmen, drei Versuche, eine möglichst gute Zeit hinzubekommen, dann eine Runde im kontrollierten Tempo zurück an die Box – in der Qualifikation geht es nicht um Ausdauer. Es geht darum, sich schnell zurechtzufinden und im entscheidenden Moment konzentriert zu sein. Der Modus, in dem die Reihenfolge ermittelt wird, war lange der gleiche – dann wurde er immer wieder geändert. Zu den Zeiten von Niki Lauda und von Ayrton Senna war die Qualifikation ein einstündiges Spektakel, in dem die Fahrer mit immer
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