Polgara die Zauberin
bürden wir die Krone auf?«
»Wir reden über eine Nation von Rübenbauern, Euer Majestät«, warf Khanar ein. »Manche von ihnen mögen Adelstitel besitzen, aber trotzdem sind sie mit dem ersten Tageslicht draußen auf ihren Feldern wie ihre Nachbarn auch.«
»Ich denke, Ihr unterschätzt sie, Prinz Khanar«, gab ich zu bedenken. »Ein erfolgreicher Bauer verfügt über viel mehr organisatorische Fähigkeiten, als Ihr vermuten würdet. Und er ist wahrscheinlich viel praktischer veranlagt als irgendein verwöhnter Adliger, der mit arendischen Heldensagen großgezogen wurde, in denen nie jemand etwas ißt oder ein Bad nimmt. Ein Bauer versteht es zumindest, sich um Alltägliches zu kümmern.«
»Tss, wenn das keine Enttäuschung ist, Euer Majestät!« wandte Khanar sich an den Kaiser. »Als Junge habe ich diese arendischen Heldenepen verschlungen, und jetzt als ›verwöhnter Adliger‹ abgetan zu werden, trifft mich doch hart!«
»Es wäre also ein Experiment, nicht wahr?« überlegte Ran Horb. »Ernenne ich einen König?«
»Ich würde es nicht so machen, Euer Majestät«, riet ich ab. »Einen Herrscher zu ernennen, wäre nur eine andere Form von äußerer Einmischung und würde sogleich auf heftigen Widerstand treffen. Innerhalb eines Jahrzehnts hättet Ihr dort eine Revolution im Gange, und dann müßt Ihr nicht zehn, sondern fünfzig Legionen schicken.«
Bei der Zahl zuckte er zusammen. »Wie kommen wir denn dann zu unserem König?«
»Ich könnte mir eine Prüfung ausdenken, Euer Majestät«, bot Khanar an, »und wir könnten demjenigen Sendarer, der die höchste Punktzahl erreicht, die Krone aufsetzen.«
»Aber wenn Ihr die Prüfung ausarbeitet, Prinz Khanar, zettelt Ihr trotzdem eine Revolution an«, erklärte ich. »Die Auswahl des Königs von Sendarien kann weder Tolnedra noch Drasnien überlassen bleiben. Sie muß von innen kommen.«
»Ein Turnier vielleicht?« zweifelte Ran Horb.
»Es sind Bauern, Euer Majestät«, rief Khanar ihm ins Gedächtnis. »Ein Gemenge mit Ackergeräten könnte sehr blutig werden. Vielleicht sollten wir die Krone dem Mann mit der dicksten Rübe geben.«
»Warum keine Wahl abhalten?« brachte ich in Vorschlag.
»Ich habe nie viel von Wahlen gehalten«, sagte Ran Horb zweifelnd. »Eine Wahl ist nicht viel mehr als ein Beliebtheitswettbewerb, und allgemeine Beliebtheit ist kaum ein Maßstab für organisatorische Fähigkeiten.«
»Äh – Euer Majestät«, warf Khanar ein, »wir sprechen hier nicht von einer Großmacht. Sendarien ist vermutlich ein nettes Land, aber die Welt wird nicht in ihren Grundfesten erzittern, wenn der König von Sendarien ein paar Fehler begeht.« Dann lachte er, dieses harte, zynische drasnische Lachen. »Warum schieben wir nicht die ganze Sache auf die Priesterschaft ab? Wir suchen irgend jemanden aus, der nicht allzu häufig über seine eigenen Füße stolpert, und dann weisen wir die Priester an, der sendarischen Bevölkerung zu predigen, dieser Mann sei der vom sendarischen Gott zum Herrscher bestimmte – welchen Gott beten die Sendarer eigentlich an?«
»Alle sieben«, antwortete ich. »UL kennen sie noch nicht, aber wenn sie von seiner Existenz erfahren, schließen sie ihn vermutlich auch in ihre Religion ein.«
»UL?« wiederholte Ran Horb. Er klang verwirrt.
»Der Gott der Ulgos«, klärte ich ihn auf.
»Ihr meint den Ort, wo all diese Drachen hausen?«
»Es gibt lediglich einen Drachen, Euer Majestät, und sie lebt nicht in Ulgoland. Aber ich glaube nicht, daß Religion eine tragbare Basis für die sendarische Monarchie darstellen würde. Es würde den Priestern die Kontrolle über die Nation geben, und Priester sind nun mal keine besonders guten Herrscher. Cthol Murgos ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Ich kenne die Sendaren glaubt mir, und ich halte eine Wahl für die beste Lösung – solange jedermann zur Wahl zugelassen wird.«
»Selbst jene ohne Land?« fragte Ran Horb ungläubig.
»Das ist das Beste, um eine spätere Revolution zu vermeiden«, erinnerte ich ihn. »Wenn wir Ruhe im Haus haben wollen, können wir keine große Gruppe landloser NichtWähler gebrauchen, die ein paar Jahre später mit der grandiosen Idee aufwartet, den Reichtum des Königreichs neu zu verteilen.«
»Wir könnten es versuchen, nehme ich an«, sagte der Kaiser, immer noch nicht so recht überzeugt. »Wenn es nicht funktioniert, muß ich Sendarien vielleicht doch annektieren. Ich habe kein Interesse daran, daß der Gedanke, allgemeine Wahlen abzuhalten, sich
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