Polgara die Zauberin
lichtendem Haar und Gesichtsausdruck. »Ah, Prinz Khanar«, begrüßte er meinen Begleiter, »schön, Euch wiederzusehen. Was gibt es Neues in Boktor?«
»Die üblichen Schurkereien, Euer Majestät«, entgegnete Khanar achselzuckend. »Lügen, betrügen, stehlen – nichts Bemerkenswertes oder Außergewöhnliches.«
»Weiß Euer Onkel, wie Ihr über sein Königreich sprecht, wenn Ihr Euch in der Gegenwart von Fremden befindet, Khanar?«
»Wahrscheinlich ja, Eure Majestät. Wie Ihr wißt hat er überall seine Spione.«
»Wollt Ihr mich nicht der Dame vorstellen?«
»Das gedachte ich zu tun, Eure Majestät. Ich habe die außerordentliche Ehre, Euch Lady Polgara, Herzogin von Erat und Tochter des Heiligen Belgarath, vorzustellen.«
Ran Horb musterte mich ungläubig. »Nun gut«, sagte er, »mangels Beweise werde ich das akzeptieren – widerstrebend natürlich. Ich behalte es mir für später vor, einen Beweis für Eure Behauptung zu erbitten. Welchem Umstand verdanke ich die Ehre Eures Besuchs, Euer Gnaden?«
»Ihr seid ein überaus höflicher Mann, Eure Majestät«, merkte ich an. »Die meiste Zeit muß ich irgendwelche kleinen Tricks vorführen, ehe die Menschen geneigt sind, mich anzuhören.«
»Gewiß könntet Ihr mich zu Tode erschrecken, wenn Euch der Sinn danach stände«, entgegnete er. »Was kann ich für Euch tun?«
»Ich brauche nur einige Informationen, Eure Majestät«, versicherte ich ihm. »Ihr baut Straßen in Sendarien.«
»Ich baue fast überall Straßen, Lady Polgara.«
»Ja, ich weiß. Aber ich habe ein gewisses Interesse an Sendarien. Ist dieser Straßenbau das Vorspiel für eine Annektion?«
Er lachte. »Warum in aller Welt sollte ich Sendarien annektieren?« staunte er. »Es ist sicherlich ein hübsches Land, aber ich möchte es wirklich nicht besitzen. Diese Straßen, die ich dort oben baue, dienen dem Zweck, zu verhindern, daß die Chereker ihre Finger in meine Börse stecken. Die Straßen werden die Landverbindung nach Boktor herstellen, eine Alternative zum Transport der Waren durch diesen Mahlstrom in der Enge von Cherek. Diese bärtigen Piraten im Norden nehmen unsittliche Gebühren dafür, tolnedrische Frachtladungen von Kotu durch die Enge zu schiffen, und das beeinträchtigt meine Steuereinnahmen.«
»Es hat also ausschließlich mit dem Handel zu tun?«
»Selbstverständlich. Wenn ich landwirtschaftliche Erzeugnisse will, kann ich sie direkt hier in Tolnedra kaufen. Wegen Bohnen und Rüben muß ich nicht den langen Weg bis Sendarien auf mich nehmen. Das einzige, was mich an diesem Land interessiert, ist seine Lage.«
Da kam mir eine Idee. »Demnach wären stabile Verhältnisse in Sendarien in Eurem Interesse, Eure Majestät?«
»Natürlich, aber dafür sind schließlich die Legionen da.«
»Aber Legionen sind kostspielig, nicht wahr, Ran Horb?«
Er schüttelte sich, »Ihr würdet mir nicht glauben, wie kostspielig.«
»Vielleicht doch.« Ich schielte zu der verzierten Decke hoch. »Sendarien hat keine zentrale Regierung mehr gehabt, seit ich dort um die Jahrtausendwende geherrscht habe«, sinnierte ich. »Die fehlende Zentralgewalt hat jede Menge Einmischung von außen heraufbeschworen. Wenn es einen König und eine Regierung gäbe – und eine Armee –, wären die Menschen sicher vor fremden Abenteurern, und Ihr müßtet nicht zehn oder mehr Legionen dort stationieren, um die Ordnung aufrechtzuhalten.«
»Aha«, machte er, » darum ging es bei dieser ganzen PolgaraGeschichte. Ihr möchtet Königin von Sendarien werden.«
»Ganz gewiß nicht, Euer Majestät, ich bin viel zu beschäftigt für diesen Unsinn – nehmt es bitte nicht persönlich.«
»Selbstverständlich nicht, Euer Gnaden.« Dann lehnte er sich in seinen Stuhl zurück. »Wißt Ihr«, fuhr er fort, »das ist der Punkt, der mich immer mißtrauisch stimmt, wenn ich Geschichten über Euch und Euren Vater höre. Wenn Belgarath so mächtig wäre, wie es heißt dann könnte er doch die Welt beherrschen, oder?«
»Er wäre vermutlich kein guter Herrscher, Euer Majestät. Mein Vater haßt Verantwortung. Sie stört ihn bei seinen Vergnügungen.«
»Jetzt verblüfft Ihr mich wirklich, Mylady. Wenn Ihr Sendarien nicht regieren wollt, wen wollt Ihr dann auf den Thron setzen? Möglicherweise irgendeinen Liebhaber?«
Ich warf ihm einen eisigen Blick zu.
»Verzeihung«, entschuldigte er sich zerknirscht. »Ich stimme mit Euch überein, daß eine offizielle Regierung in Sendarien zu jedermanns Vorteil gereichen würde. Aber welchem Sendarer
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