Polizei-Geschichten
des Fensters, band sein Halstuch um den Hals,
knüpfte dann die Enden fest an die Gitterstäbe des Fen-
sters und stieß den Stuhl unter sich mit dem Fuße fort.
Als am Morgen der Gefangenwärter eintrat, hatte die
gequälte Seele Ruhe gefunden.
Nachdem in jener Nacht des Einbruchs die Diebe glück-
lich eingefangen waren, hatte sich Will Fischer, im Voraus
eines gnädigen Empfanges gewiß, seinem Chef präsentirt.
„Ihr seid ein brauchbarer Mann, Fischer,“ sagte der Po-
lizeirath, indem er ihm den Lohn auszahlte. „Dient mir so
fort, und es soll Euer Schade nicht sein.“ —
Polizeiliche Ehescheidung.
„Schließlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß,
wenn sich ein Inländer im Auslande ohne die, mit
kreisamtlicher Beglaubigung versehene, Zustim-
mung des Stadtrathes seiner Heimath verheirathet,
die ihm angetraute Ausländerin und die mit ihr
erzeugten Kinder ein Heimathsrecht in hiesigen
Landen nicht anzusprechen haben.“ —
Aus den Kurfürstl. Hess. Heimathscheinen.
„Die Eigenschaft als Preuße geht verloren: — —
4) bei einer preußischen Unterthanin durch deren
Verheirathung an einen Ausländer.“ —
Preuß. Gesetzsammlung;
Ges. v. 31. Dez. 1842, Nr. 2320, § 15.
ie ich Euch sage, Frau Gevatterin! Wie ich Euch sage.
WHat die gräulichsten, gotteslästerlichsten Dinge druk-
ken lassen, glaubt weder an Gott, noch den Teufel, noch
den König!“ —
„Gott steh’ uns bei, Frau Gevatterin!“ —
„Wie ich Euch sage. Und heute Morgen ist der Kommissair
gekommen mit vier Gensd’armen, hat ihm alle seine Brief-
schaften versiegelt, und ihn nach der Vogtei geführt.“ —
„Was man nicht erlebt in diesen Zeiten! Dieser stille,
magere Mensch mit dem Wassersuppengesicht, — ei, Du
mein Gott, wer hätt’s von dem gedacht, daß er einmal mit
der Polizei zu thun kriegte! —
„Hab’s immer gesagt, Frau Gevatterin, sind Heimtücker,
die Kerle. Jetzt sieht man’s. Ein Kommissair mit vier Gensd’ar-
men, und am hellen Tage durch die Stadt geführt!“ —
„Ach, und die arme junge Frau mit ihren drei Kindern!
Um die thut’s mir leid, Gott verzeih mir’s, nicht um den
Mann, nicht im Geringsten. Aber es war so eine liebe, gute
Frau, trug sich immer so nett und war so freundlich —
Herr, mein Gott, was wird das für ein Schlag für die arme
Frau gewesen sein!“ —
„Ist aber selbst Schuld daran, Frau Gevatterin, warum
hat sie sich mit so Einem eingelassen. Das Literatenvolk
ist gar nichts werth. Aus aller Herren Ländern werden
sie weggejagt, laufen in der Fremde herum, oder werden
eingesperrt. Alle Wochen steht so eine Geschichte in der
Zeitung, und erst neulich hab’ ich gelesen, daß sie Einen
auf sieben Jahre nach Magdeburg auf die Festung gebracht
haben.“ —
„Ei Du mein Gott, Frau Gevatterin! Auf sieben Jahre,
das ist ja gräulich!“ —
„Ja, und die Zeitungen sind immer voll von solchen
Sachen. Die Polizei ist ihnen immer auf den Hacken, was
kann da Gutes an den Leuten sein? Nicht einen Dreier geb’
ich auf solch’ einen Kerl.“ —
Das Gespräch, welches wir die beiden Weiber auf der Gasse
in K. eben führen hörten, bezog sich auf einen jungen
Mann, Namens Paul. Derselbe hatte früher dem Studium
der Theologie obgelegen und seine Prüfungen mit glän-
zendem Erfolg bestanden. Von der Kandidatur aber war
er durch das Konsistorium in seiner Heimath zurückge-
wiesen worden, weil die in seiner Probepredigt ausgespro-
chenen Grundsätze als der herrschenden Richtung zuwi-
derlaufend erachtet wurden. Paul hatte von Haus aus nur
ein kleines Vermögen besessen, und dies war durch seine
Studien fast gänzlich erschöpft. Als ihm daher durch das
Konsistorium die Aussicht auf eine Anstellung abgeschnit-
ten ward, mußte er sich eine andere Existenz zu begrün-
den suchen. Er verließ zunächst seine Heimath und begab
sich nach K., wo er Gelegenheit fand, seine Thätigkeit auf
literarische Arbeiten zu verwenden. Nach einem Jahre hei-
rathete er hier ein junges, liebenswürdiges Mädchen aus
den sogenannten gebildeten Ständen, der aus ihren einst
glücklichen Verhältnissen nur ein geringes Kapital geblie-
ben war. Indeß verschaffte dies und die Thätigkeit Pauls
den beiden Gatten eine hinlänglich ruhige Existenz und
ihr bescheidenes Glück ward lange durch nichts getrübt.
Therese schenkte ihrem Gatten im Laufe der Zeit drei Kin-
der. Sie war eine schlanke hübsche Blondine, voll
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