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Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen

Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen

Titel: Polski Tango - Eine Reise durch Deutschland und Polen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Soboczynski
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herum.«
    Maciejowski schweigt. Dann zuckt er wieder mit den Schultern.
    Ein wenig verlegen füge ich hinzu: »Ihre Bilder nehmen immer wieder eine bereits veröffentlichte, durch Massenmedien verbreitete
     Bilderwelt auf. Es scheint, als sei die Reflexion der kapitalistischen Waren- und Bilderflut Ihr wichtigstes Thema …«
    Maciejowski antwortet nicht. Unruhig blickt er aus dem Fenster, verfolgt die Regentropfen. »Catherine Zeta-Jones«, sagt er
     plötzlich, »die habe ich immer nur
so
in Magazinen gefunden. Ab hier. So ab da.« Zur Erklärung zieht er eine horizontale Linie in Brusthöhe mit dem Zeigefinger
     nach. »Ich wollte sie aber ganz haben, von oben bis unten. Dann habe ich endlich das Foto gefunden, wo sie ganz drauf ist.«
    Ich möchte auf den Stellenwert der Massenmedien in |171| seinen Bildern zurückkommen. Schließlich bezieht er sich ständig auf Produkte der Kulturindustrie. Was hat es damit auf sich?
     Vielleicht geht es gar um den sogenannten polnischen Raubtierkapitalismus? Um Kritik am grassierenden Neoliberalismus? Die
     Kunstkritik Polens hat in Maciejowski einen sozialkritischen Epigonen gesehen, der die Glitzerwelt der Marktwirtschaft an
     ihrer banalen Oberfläche aufgreift, um sie als sinnentleerte Zeichenwelt zu entlarven. Zweifellos ist das ein Geheimnis seiner
     Kunst. Aber das Ganze? Ob es nun Kritik war oder Apotheose der Konsumwelt und der Medienwirklichkeit, darüber hatten sich
     die Interpreten schließlich schon bei Warhol erfolglos die Zähne ausgebissen. Vierzig Jahre später geht das Spiel in einem
     dunklen Krakauer Hinterhofatelier in eine neue Runde.
    Der Künstler räuspert sich, rutscht unruhig auf dem Holzstuhl hin und her. Er scheint zu überlegen. »Also, das war so«, sagt
     er schließlich lächelnd. »Auf der Akademie von Krakau, da wurde so was nicht gemalt. Und dann habe ich im Müll ganz viele
     Magazine gefunden.
Super-Express
und so was. Die habe ich nach Hause gebracht. Bilder, die mir gefallen haben, die habe ich ausgeschnitten, in Schulhefte geklebt
     und nach und nach dann abgemalt.«
    Doch beim Abmalen bleibt es nicht. Maciejowski kommentiert, indem er das Banale, die Bildunterschriften, mitmalt und indem
     er das Zentrale, die Gesichtszüge, manchmal eliminiert. Manchmal macht er auch |172| Farbfotos zu Schwarzweißgemälden. Auf einem neuen Gemälde Maciejowskis tanzt etwa Brigitte Bardot. Ihre Gesichtszüge sind
     ausgespart. Als entseelte Filmikone, als leeres Zitat strömt sie eine gespenstische Lebensfreude aus. »Nach welchen Kriterien
     suchen Sie Ihre Motive aus? Weshalb sind es häufig Filmstars?«
    Maciejowski blickt aus dem Fenster. Verfolgt die Regentropfen, die unablässig vom Himmel fallen. »Ich weiß nicht. Ich guck,
     ob sie gut sind für ein Bild, ob sie sich malen lassen.«
    »Ob sie sich malen lassen?« wiederhole ich.
    Er nickt. Lächelt. »Viele reden, viele sagen, was ich mache, ist ironisch.«
    »Und?«
    Wieder lächelt Maciejowski freundlich, sagt dann leise »weiß nicht« und nickt wieder.
    »Sie haben mit Wilhelm Sasnal und Rafael Bujnowski die Künstlergruppe
Ł adnie
(Hübsch) ins Leben gerufen. Ihre Kunstwerke wurden in Polen von Kunstkritikern ›realistischer Banalismus‹ getauft. Handeln
     Ihre Bilder vom Banalen, von einer postmodernen Langeweile, wie behauptet wurde?«
    »Das mit der Gruppe Hübsch«, antwortet Maciejowski überraschend schnell, »fing so an. Auf der Akademie gab es einen Kunstlehrer,
     der sah sich unsere Bilder an und sagte immer ›hübsch‹, ›hübsch‹. Dann ging er schnell weiter.«
    »Und das Banale?«
    |173| »Das Banale«, antwortet Maciejowski. Zuckt wieder mit den Schultern. Schaut einen freundlich an. Schweigt. Und man ahnt, daß
     das Banale wahrscheinlich schon in dem Moment seine Banalität verloren hat, in dem der Maler es zum Thema seiner Gemälde gemacht
     hat. Aber vielleicht kann man darüber nicht reden. Sonst fällt alles zurück in die Banalität der ursprünglichen Motive.
    Der Krakauer Galerist und Kunstkritiker Adam Budak hat vor kurzem behauptet, daß Maciejowski in seinen Bildern die heterosexuelle
     Männlichkeit und den männlichen Blick kritisiert. Die Filmikonen, die auf ihre Körper reduziert sind. Degenerierte Soldaten,
     die gelangweilt Billard spielen; Seeleute, die sich an Bord stolz in Pose werfen und einen übergroßen, phallischen Anker umklammern;
     Kerle, die vergeblich Frauen am Strand anzügliche Dinge zurufen. Ob er sich als ein Kritiker des Machismo

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