Polt - die Klassiker in einem Band
mitgekriegt, und – noch einmal angenommen – bei Ihnen den Verdacht erweckt, er könnte irgendwann Ihrer Frau davon erzählen. Sie und Bibsi, Ihr liebt einander doch, wie? Wäre das nicht ein recht passabler Grund gewesen, eine in Ihren Augen für die Menschheit ohnehin entbehrliche Existenz auszulöschen?“
Florian Swoboda schwieg. Mit ruhiger Hand goß er sein Glas voll, wollte trinken, schob es dann aber von sich und sagte: „Bingo.“
„Womit?“
„Mit einem ordentlichen Holzscheit, das im Hof vom Stelzer gelegen ist. Ich hab’s dann in den Bach geworfen. Irgendwie scheint auch mit meiner Verbrecherkarriere etwas nicht zu stimmen: Statt die Welt von Albert Hahn zu befreien, habe ich einen elenden Säufer erschlagen.“
„Nicht einmal das.“
„Was sagen Sie da? Er lebt?“
„Ja. Einigermaßen. Zu trinken hätte er halt gern.“
„Darauf, Herr Gendarm, wollen wir anstoßen. Außerdem muß die Bibsi jetzt wenigstens nicht mehr lügen wegen mir.“
„Ich habe Sie immer für einen völlig uninteressanten Menschen gehalten“, sagte Polt langsam, „aber als Verlierer sind Sie gar nicht so übel.“
„Bin ich doch.“ Swoboda grinste verschwommen. „Der arme Bartl.“
Der Anfang vom Ende
Üblicherweise nahm Polts Kater Czernohorsky Beweise menschlicher Zuwendung huldvoll und ohne nennenswerte Reaktion entgegen. Manchmal, und das geschah sehr selten und ohne erkennbaren Anlaß, fand er es aber auch angebracht, von sich aus seinen Gastgeber und Mitbewohner mit Innigkeit und Nähe zu beschenken. Dann plazierte er sein ausladendes Hinterteil auf Polts Knien, stemmte die Vorderpfoten besitzergreifend in dessen Bauch, schnurrte heftig und legte hemmungslose Hingabe in den Blick seiner bernsteinfarbenen Augen.
Am Abend des Tages, an dem Florian Swoboda verhaftet wurde, war es wieder einmal so weit. Der Gendarm kraulte das Tier sorgfältig, wenn auch ein wenig unkonzentriert, hinter den Ohren. „Eigentlich müßte ich recht zufrieden sein, mein lieber Herr Kater. Kratky ist mit einem geständigen Übeltäter im Gepäck hocherfreut abgereist, und er meint, daß Swoboda auch den Mord an Albert Hahn auf dem Gewissen hat. Natürlich kann er recht haben. Aber dieser Swoboda ist so etwas wie ein aufrichtiger Lügner. Doch wer war’s dann, verdammt noch einmal? Theoretisch kommen viele Leute in Frage, aber ganz oben auf der Liste stehen nun einmal die Weinkellernachbarn. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke. Auch ein Unfall kann es noch immer gewesen sein, nur glaube ich einfach nicht mehr daran.“
Czernohorsky, der seine Aufwallung edelster Gefühle nicht ausreichend gewürdigt sah, sprang zu Boden, begab sich vor den Ofen, ließ sich zur Seite fallen und streckte vier Pfoten in die Wärme.
Tags darauf erledigte der Gendarm erst einmal Schreibarbeit in der Dienststelle und besuchte gegen Mittag Grete Hahn, ohne genau zu wissen, was er von ihr erfahren wollte. Er stutzte, als er sah, daß sie ein schwarzes Kleid trug, wie damals beim Begräbnis.
„Ich war heute früh beim Notar, Herr Inspektor, und da habe ich Schwarz für angebracht gehalten. Immerhin bin ich eine trauernde Witwe.“
„Aber doch wenigstens eine, für die so halbwegs gesorgt ist?“
„Was reden Sie von so halbwegs, mein Lieber. Mein unnachahmlicher Ehegemahl hat mich zwar auch noch in seinem Testament beschimpft und verhöhnt, aber er hat mich zu einer wohlhabenden Frau gemacht. Wirklich wohlhabend: Mir ist im ersten Augenblick die Luft weggeblieben.“
Polt nickte zufrieden. „Es geht mich ja nichts an, aber wenn Sie es mir sagen wollen … wie soll es weitergehen?“
„Sie meinen, mein Leben als lustige Witwe? Vielleicht geht es im Gefängnis weiter, weil ich einen dieser rotgesichtigen Weinschädel dazu gebracht habe, einen Gärgasunfall zu inszenieren. Schließlich stand ja eine Menge Geld auf dem Spiel, nicht wahr? Möglicherweise ist auch mein romantischer Liebhaber, dieser Affe Swoboda, nur ein Werkzeug meiner Hände gewesen. Am besten käme ich aber als Unschuld vom Lande davon, die jeder dahergelaufene Prinz haben will, weil es sich jetzt ordentlich auszahlt. Wissen Sie, was Ekel ist, Inspektor?“
„Ich glaube schon“, sagte Polt unbehaglich, „doch Sie meinen wohl etwas Schlimmeres.“
„Ich werde irgendwie damit leben müssen“, fuhr Frau Hahn fort, „und kein Geld der Welt macht es mir leichter. Trinken Sie einen Schluck mit?“ Sie griff nach einer Doppelliterflasche, die unter dem Küchentisch
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