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Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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Einerseits stand ja meine Existenz in all den Jahren auf tönernen Säulen, und andererseits war mir zwischendurch sehr wohl bewußt geworden, wie sehr die Trinkerei meine Persönlichkeit verändert hatte. Ich bin nur noch Fassade, Inspektor. Innen ist nichts mehr.“
    Der Weg hatte die beiden in einen kleinen Talschluß geführt, umfangen von Rebhängen. Die blasse Novembersonne war schon hinter dem Hügelrücken verschwunden, und allmählich fiel Nebel ein.
    „Als Albert dann tot in seinem Keller aufgefunden wurde“, fuhr Pahlen fort, „war ich erst einmal maßlos erleichtert. Gleich darauf erkannte ich aber, daß Florian und ich noch immer von ihm abhängig waren. Swoboda mußte um sein lustiges Leben fürchten und ich noch immer um meine berufliche Existenz. Ich bin sicher, daß Albert Beweise für den Prüfungsbetrug aufbewahrt hat, und von diesen ekelerregenden Festen gibt es Fotos. Das ist die Situation, und darum fällt es dem Florian und mir auch so schwer, mit dem Trinken aufzuhören. Mehr gibt’s nicht zu sagen.“
    „Doch. Sie haben etwas vergessen: die Bitte.“
    „Ja, richtig. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Mit einiger Selbstbeherrschung könnte es mir gelingen, meinen Beruf bis zur Pensionierung auszuüben, ohne daß meine Kunden etwas merken, und vielleicht habe ich Glück und keine von Alberts Zeitbomben geht hoch. Ich wollte Ihnen alles erzählen, damit Sie meine Rolle richtig einschätzen können. Natürlich ist mir klar, daß ich weiter zu den Verdächtigen zähle, was Albert Hahn betrifft und auch diesen unglückseligen Bartl. Meine Aussage, daß ich nicht der Täter bin, ist hier und jetzt wohl nur von theoretischer Bedeutung. Aber es liegt an Ihnen, meine schöne Fassade unversehrt zu lassen. Sie ist so etwas wie die letzte Krawatte für einen, der schon sehr lange unter der Brücke schläft, wissen Sie?“
    Simon Polt dachte lange nach. „Viel Glück, Herr Architekt“, sagte er dann, und schweigend gingen die beiden zurück nach Burgheim.
    Als der Gendarm von der Dienststelle aus versuchte, Florian Swoboda zu erreichen, hatte er auf Anhieb Erfolg.
    „Hallöchen, Herr Inspektor“, drang es frohgemut aus dem Hörer, „mich dünkt, daß wir so allerhand zu beplaudern haben.“
    „Das kann gut sein.“
    „Dann möchte ich mir erlauben, hochdero Inquisitor in mein bescheidenes Preßhaus zu bitten. Dort sind wir ungestört, und zu trinken gibt es auch, wie ich hoffe. Einverstanden? In zehn Minuten könnte ich dort sein.“
    „Also gut. In zehn Minuten.“
    Inspektor Zlabinger, der ohnedies in Brunndorf zu tun hatte, brachte Simon Polt in die Kellergasse, wo schon der Geländewagen Swobodas stand.
    „Flugs herein und Platz genommen, bevor mir der Exekutor die Möbel wegträgt“, tönte Swobodas Stimme aus dem Preßhaus. „Was möchten Sie trinken? Grünen Veltliner oder Blauen Portugieser aus der Doppelliterflasche? Mehr kann ich mir nämlich nicht mehr leisten.“
    „Danke, keins von beiden.“
    „Donec eris sospes, multos numerabis amicos und so weiter“, zitierte Swoboda mit klagender Stimme.
    „Das ist vermutlich Latein“, sagte Polt. „Ich verstehe kein Wort.“
    „Ist ja auch gleichgültig.“ Swoboda nahm einen kräftigen Schluck. „Der Dichter will uns sagen: Solange es dir gut geht, hast du viele Freunde. Geht’s dir schlecht, pfeifen sie dir was.“
    „Ich war nie Ihr Freund.“
    „Sie werden es kaum glauben, aber ich habe es irgendwie geahnt. Wissen Sie übrigens, warum ich Sie damals bei unserer hochnotpeinlichen Verkostung nicht in den Keller gelassen habe?“
    „Wegen der losen Ziegelsteine in der Mauer, nehme ich an.“
    „Aber woher denn. Meine aparte Durchreiche brauchte doch das Auge des Gesetzes nicht zu scheuen. Aber der Keller war leer, erbärmlich leer. Die teuren Flaschen, mit denen ich angegeben habe wie wild, waren die letzten.“
    „Ach so. Etwas anderes: Wo waren Sie denn am vergangenen Freitag gegen neun Uhr abends?“
    „Eine wirklich gute Frage, Herr Inspektor, weil sie doch das Schicksal unseres grindigen Mittrinkers Bartl so unnachahmlich elegant berührt. Aber ich muß Sie enttäuschen: In dieser mondbeglänzten Stunde habe ich mit meiner Frau geschlafen. Ich erinnere mich genau, geschieht ja selten genug. Und Bibsi denkt auch immer wieder gerne daran, wie ich vermute. Sie wird es Ihnen schon erzählen. Ich kann nur hoffen, daß sie anerkennende Worte findet.“
    „Und wie geht es jetzt weiter, mit Haus und Auto und so?“
    „Das

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