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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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informieren. »Sei bitte vorsichtig«, sagte sie nur, und ihre Stimme klang sehr müde.
    Am folgenden Tag, pünktlich um halb zehn, hielt das angekündigte Auto vor dem Hoftor des Höllenbauern. Ein Mann um die Fünfzig stieg aus. »Herr Inspektor Polt? Freut mich!« Er öffnete die Wagentür, und Polt nahm verlegen im Fond Platz.
    Der Fahrer drehte sich halb zum Gendarmen um. »František Maxera, mein Name. Haben Sie Ihren Reisepaß mit?« Polt nickte.
    Die Fahrt zum Grenzübergang dauerte kaum 15 Minuten. Der Gendarm war froh darüber, daß ihn der Zollbeamte nicht kannte. Die Abfertigung in Kleinhaugsdorf und dann in Hatě war rasch erledigt. Polt schaute interessiert aus dem Autofenster. Die hügelige Landschaft erinnerte ihn an das Wiesbachtal, doch die grauen Dörfer mit ihren monotonen Fassaden bedrückten ihn. Chvalovice, las Polt, Oblekovice und dann auch schon Znojmo, Znaim.
    »Na bitte!« Der Fahrer zeigte auf die schmutzigweißen Bauten an beiden Seiten der Straße. »Starý Šalbach, Alt Schalendorf. Wie Neu-Kagran in Wien. Nur noch häßlicher ... Und dazwischen neue schöne Industrie: Bordelle.«
    Doch bald waren auch ältere, repräsentative Gebäude zu sehen, einige davon schön restauriert. František Maxera gab knapp Auskunft. »Hier links das Kloster Louka, hat Lukas von Hildebrandt gebaut, immerhin. Na, und vier Türme sehen Sie: Wolfsturm, grüner Turm, Gefängnisturm, Nikolaikirche. Links steht das alte Kreisgericht, heute Polizeigefängnis. Nicht sehr komfortabel. Das da ist das Znaimer Theater. Wie die Wiener Volksoper zu heiß gewaschen, was? Und dieser Ivan mit Balalaika, Maschinengewehr, will ich sagen, steht auf dem Marienplatz, weil es hier eine Marienkapelle gegeben hat. Na, und jetzt geht’s ein kleines Stück Richtung Prag. Hier das Stadion. Kubismus, glaub ich, nennt man den Stil. Dann die Badeanstalt am Prager Tor, und zu dem großen Gebäude mit den Kacheln sagen wir Weißes Haus. War das Hauptquartier der Kommunisten. Heute Finanzamt und Jugendamt. Auch nicht viel besser. So, einmal rechts, einmal links, gleich sind wir da.«
    Das Auto hielt vor einem villenartigen Gebäude. Der Fahrer läutete, sprach ein paar tschechische Worte in die Türsprechanlage, öffnete und bat Polt, ihm zu folgen. In einem mit schönen alten Möbeln eingerichteten Wohnzimmer wies er auf einen der Polsterstühle. »Wenn Sie bitte warten möchten!«
    Polt mußte nicht lange warten. Ein schlanker, elegant gekleideter Mann um die Vierzig trat ein, das hellblonde Haar glatt nach hinten gekämmt. Er schaute Polt aus grauen Augen prüfend an, lächelte und reichte ihm die Hand. »Bleiben Sie doch sitzen, Inspektor! Angenehme Fahrt gehabt? Schon einmal in Znaim gewesen?«
    »Nein. Der Herr Maxera hat mir gleich einiges erzählt.«
    »Der weiß hier besser Bescheid als ich. Entschuldigen Sie, ich habe es versäumt, mich vorzustellen. Aber wir kennen einander ja schon vom Telefon. In diesem Haus hier wohne ich mit meiner Familie. Ich dachte, es redet sich in privater Atmosphäre unbefangener als in einem der Betriebe. Kaffee, Tee, Bier, Wein, oder was Härteres?«
    »Kaffee, wenn’s keine Umstände macht.«
    »Ich bitte Sie!« Claus Scheidt ging zu einer Anrichte, auf der eine kleine chromblitzende Kaffeemaschine mit langem Hebelarm stand, daneben eine Kaffeemühle. Nach ein paar Handgriffen kam Polts Gastgeber zurück und setzte sich seinem Besucher gegenüber. »Wird ein Weilchen dauern. Ein italienischer Klassiker, diese Maschine, steht auch im New Yorker Museum Of Modern Art. Ich mag Sachen mit Stil. Hübsche Wohngegend hier übrigens, heißt Marešov. Mareš war einmal Znaimer Bürgermeister, und seine Frau stammte aus der österreichischen Familie Kreisky, man würde es kaum glauben. Schöne Häuser hier, Jugendstil bis Moderne. Und der Blick geht über den tieferwärts gelegenen Granizbach bis weit nach Österreich hinein.«
    »Und Sie sind Österreicher, Herr Scheidt?«
    »Der Geburt und der Neigung nach. Nur die Geschäfte halten mich hier fest. Aber wenn wir schon von Geschäften reden. Sie haben ja auch Ihren Beruf, Herr Inspektor. Also was kann ich für Sie tun? Setzen Sie der Einfachheit halber einmal voraus, daß ich die allgemeinen Fakten rund um den Todesfall im Preßhaus des Herrn Fürnkranz kenne. Auch die Leiche war mir zu Lebzeiten durchaus vertraut.«
    »Der Ferdinand Lutzer?«
    »Eben der. Eine vielfach gescheiterte Existenz, aber geschickt und schlau. Durchaus brauchbar, von Fall zu Fall.

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