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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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Institutionen vor Ort korrumpiert und unterminiert werden und gleichzeitig eine sich selbst erhaltende Lobby für Entwicklungshilfe-Organisationen entsteht. Arme Länder sollten sich am besten an einen einfachen Grundsatz halten: Wenn die Märkte frei sind und die Anreize stimmen, dann finden die Menschen Lösungen für ihre Probleme. Sie brauchen keine Anleitungen, weder von Fremden noch von der eigenen Regierung. So gesehen sind die Entwicklungshilfe-Pessimisten genau genommen ziemlich optimistisch, was den Lauf der Welt angeht. Easterly zufolge gibt es keine Armutsfalle.
    Wem sollen wir nun glauben? Denen, die sagen, dass Entwicklungshilfe das Problem löst? Oder denen, die behaupten, dass sie alles nur noch schlimmer macht? Die Frage kann nicht am grünen Tisch entschieden werden, wir brauchen Beweise. Doch leider sind die Daten, die üblicherweise zur Beantwortung der
»großen Fragen« herangezogen werden, alles andere als verlässlich. Nette Anekdoten findet man reichlich, darunter garantiert immer eine, die die jeweilige Position stützt. Ruanda beispielsweise erhielt in den Jahren nach dem Völkermord sehr viel Geld und blühte auf. Als die Wirtschaft prosperierte, begann Präsident Paul Kagame, das Land von der Entwicklungshilfe zu entwöhnen. Ist Ruanda nun ein Beispiel für gelungene Entwicklungshilfe (im Sinne von Jeffrey Sachs) oder ein Aushängeschild für das Vertrauen in die eigenen Kräfte (wie Dambisa Moyo meint)? Oder trifft etwa beides zu?
    Weil man Einzelfälle wie Ruanda nicht verallgemeinern kann, versuchen Wissenschaftler in der Regel, die großen philosophischen Fragen zu beantworten, indem sie mehrere Länder miteinander vergleichen. So zeigen etwa die Daten von ein paar Hundert Ländern, dass diejenigen, die mehr Entwicklungshilfe erhielten, nicht schneller wuchsen als die anderen. Häufig wird das als Beweis dafür angesehen, dass Entwicklungshilfe nichts bringt. Genau genommen könnte es aber auch das Gegenteil bedeuten. Die Entwicklungshilfe könnte größeres Unheil verhindert haben und ohne sie wäre es noch viel schlimmer gekommen. Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht, wir spekulieren lediglich auf hohem Niveau.
     
    Doch was sollen wir tun, wenn sich der Erfolg von Entwicklungshilfe wirklich nicht beurteilen lässt? Die Armen aufgeben? So pessimistisch müssen wir zum Glück nicht sein, denn es gibt Antworten. Dieses Buch etwa ist eine ausführliche Antwort – wenn auch nicht die Art pauschaler Antworten, wie sie Sachs und Moyo bevorzugen. Sie werden hier nicht hören, dass Entwicklungshilfe gut oder schlecht ist, sondern erfahren, wo welche Form von Entwicklungshilfe sinnvoll war oder nicht. Wir können nicht behaupten, dass mit Demokratie alles besser funktionieren würde, aber wir können sagen, dass Demokratie im ländlichen Indonesien mehr bewirken würde, wenn man die Art und Weise ändern würde, wie sie vor Ort organisiert ist.

    In jedem Fall sind die Antworten auf die großen Fragen – wie die, ob Entwicklungshilfe hilft oder nicht – keineswegs so wichtig, wie man uns manchmal glauben machen will. Entwicklungshilfe hat große Bedeutung für alle, die sich in Paris, London oder Washington leidenschaftlich dafür einsetzen, den Armen zu helfen (und für die, die – eher zähneknirschend als begeistert – ihr Portemonnaie dafür öffnen sollen). In Wahrheit macht die Entwicklungshilfe nur einen kleinen Teil des Geldes aus, das jedes Jahr für die Armen ausgegeben wird. Die meisten Programme zur Armutsbekämpfung werden von den jeweiligen Staaten selbst finanziert. Indien erhält beispielsweise praktisch keine Entwicklungshilfe. In den Jahren 2004 und 2005 gab es eine halbe Billion Rupien (31 Milliarden PPP-USD) 7 allein für Grundschulprogramme für Arme aus. Selbst in Afrika, wo Entwicklungshilfe eine wesentlich größere Rolle spielt, machte sie 2003 nur 5,7 Prozent der gesamten Staatshaushalte aus (wenn man Nigeria und Südafrika weglässt, zwei große Länder, die nur sehr wenig Entwicklungshilfe beziehen, waren es 12 Prozent). 8
    Doch die endlosen Diskussionen um die Vor- und Nachteile von Entwicklungshilfe verschleiern oft, was wirklich wichtig ist: nicht so sehr, woher das Geld kommt, als vielmehr, wohin es fließt. Viel hängt davon ab, welches Projekt man zur Förderung auswählt – Nahrungsmittel für die Bedürftigen, finanzielle Unterstützung für die Alten, Hospitäler für die Kranken –, dann muss man sich überlegen, wie man es am besten

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