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Poppenspael

Poppenspael

Titel: Poppenspael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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überzeugen. Außerdem,
eine Hand wäscht die andere, also nichts für ungut, bis
dann.«
    Es klickt im
Hörer, der Chefredakteur legt ihn auf die Station zurück,
steht auf und marschiert im Raum hin und her. Erst als er die
Blicke der Redakteure bemerkt, die hinter ihren Schreibtischen
verstohlen zu ihm herüberschielen, stoppt er seinen Lauf
abrupt ab, reißt die Bürotür auf und bellt in den
Raum: »Maria, sofort in mein Büro!«
    Maria Teske
stöhnt unüberhörbar auf, stößt den
Drehstuhl demonstrativ nach hinten und schreitet in den Glaskasten
des Chefs, der die Tür hinter ihr schließt. Das Tuscheln
im Raum gleicht dem Meeresrauschen an einem Herbsttag.
    »Geradeheraus,
Maria«, beginnt Bigdowski, ohne die Redakteurin anzusehen.
»Es geht um deinen Artikel. Wir sollten noch mal reden, bevor
er in Druck geht.«
    »Ich bin ganz
Ohr.«
    »Nun, wie
wasserdicht ist die Nummer mit Staatsanwalt Rebinger? Ich bin mir
nicht mehr so sicher, ob wir uns da nicht zu weit aus dem Fenster
lehnen.«
    »Nanu, wir haben
doch alles bis ins Kleinste durchgekaut, die Quelle ist
glaubwürdig. Es handelt sich um den Staatsanwalt, der
gleichzeitig für die Ermittlung verantwortlich ist,
eindeutig!«
    »Trotzdem bleibt
die Sache verdammt heikel.«
    »Aha, eine
imaginäre Stimme hat gesprochen, von ganz oben, und dir ins
Gewissen geredet.«
    »Du hörst
überall die Flöhe husten, Maria. Mich plagt nur ein
banaler Zweifel.«
    »Ich glaub dir
kein Wort, Theodor. Erst spitzt du mich an, dir eine Superstory zu
liefern, und wenn ich sie dir anschleppe, kriegst du kalte
Füße. So wird ein Schuh daraus, und nichts
anderes!«
    »Der Inhalt ist
ohne die Rebingersache viel mehr auf dem Punkt, finde ich. Wer
waren die Mordopfer, das interessiert die Leser, alles andere ist
nur schmückendes Beiwerk.«
    »Das ist eine
Zensur durch die Hintertür! Was bleibt, ist nur noch die
kastrierte Wahrheit.«    
    »Zensur, Zensur!
Was redest du denn da, Maria!«
    »Vorsicht, denk
an deinen Bluthochdruck, Theodor!«
    *
    »Ja, meine Damen
und Herren«, sagt der Zauberer und schwingt seinen
Zauberstab, »die Frage aller Fragen bleibt, wo ist die Grenze
zwischen der winzigen Welt der Quantenwahrscheinlichkeiten und
unserer vertrauten Realität? Wie viele Elektronen braucht ein
System, bevor es wirklich wird, die Wellenfunktion zusammenbricht
und zur Materie wird?«
    Hauptkommissar Swensen
lehnt seit 20 Minuten neben der Eingangstür an einer Wand des
Rittersaals. Das Stück war bereits in Gang gewesen, als die
Frau an der Kasse ihn noch hineingelassen hatte. Seine
Verspätung war durch einen Anruf zustande gekommen, der ihn
noch kurz vor Beginn der Vorstellung im Schlosshof
erreichte.
    »Sie sind mir
vielleicht ein undankbarer Geselle!«, hatte die Journalistin
Maria Teske ihn ohne Vorwarnung angepflaumt. »Das hätte
ich nicht von Ihnen erwartet, Herr Swensen!«
    »Frau Teske, was
ist passiert, dass ich so in Ungnade gefallen
bin?«
    »Ziemlich
scheinheilig, gelinde gesagt, was Sie sich da geleistet
haben.«
    »Ich weiß
nicht, wovon Sie reden.«
    »Sie wollen mir
erzählen, dass Sie keine Ahnung haben, warum die Passage mit
Staatsanwalt Rebinger aus meinem Artikel gestrichen wurde? Ist das
der Dank für meine Informationen?«
    »Sie müssen
verstehen, dass ich Ihre brisanten Tatsachen nicht einfach für
mich behalten konnte, Frau Teske, zumal Sie sowieso verpflichtet
sind, der Polizei Ihr Wissen nicht zu verschweigen. Alles andere
wäre strafbar.«
    »Und bei diesen
Spielchen falle ich hinten runter, oder?«
    »Ich habe nicht
veranlasst, Ihren Artikel zu entschärfen.«
    »Mein Chef hat
das sicher nicht aus eigenen Stücken beschlossen, der wurde
zurückgepfiffen, da bin ich sicher.«
    »Solche Intrigen
werden nicht auf der Etage eines Hauptkommissars geschmiedet, da
kann ich mir höchstens meinen Teil dazu
denken.«
    »Und was denken
Sie so?«
    »Das würde
entschieden zu weit führen, Frau Teske. Aber ich verspreche
Ihnen, Sie haben etwas gut bei mir.«
    Swensen war mit dem
Handy am Ohr in den Vorraum getreten und hatte einen
missbilligenden Blick von der großen, schlaksigen Frau hinter
der Kasse geerntet. Demonstrativ hielt sie den Finger vor den Mund
und flüsterte: »Das Stück hat bereits
angefangen.«
    »Kripo
Husum«, hatte Swensen Druck gemacht. »Ich muss mit
Herrn Bender sprechen.«
    »Das geht jetzt
nicht, Herr Bender steht gerade auf der
Bühne.«
    »Dann würde
ich gern drinnen warten.«
    »Das Stück
ist ausverkauft, es ist kein Platz

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