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Poppenspael

Poppenspael

Titel: Poppenspael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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Schmerz in der Herzgegend lässt
ihn innehalten. Erschrocken stellt er fest, dass er die Einnahme
seiner Pille vergessen hat. Er zieht die Schreibtischschublade auf,
fingert eine Packung Ramipril heraus und drückt eine Tablette
aus dem Alustreifen.
    »Ihr Blutdruck
ist bei 185 zu 110, Herr Bigdowski«, hört er die
warnende Stimme seines Hausarztes, »das ist ein bedenklicher
Wert. Sie sollten Ihren Lebenswandel sofort drastisch
verändern. Keine Zigaretten, kein Alkohol, gesunde
Ernährung. Machen Sie sich bloß keinen unnötigen
Stress, und bewegen Sie sich ab und zu mal!«
    Der hat gut quatschen,
dieser Hustendoktor, findet der Chefredakteur, der muss ja nicht
jeden Tag einen Sack voll egozentrischer Selbstdarsteller
hüten.
    Seit Bigdowski die
Redaktion leitet, hat er dem Blatt im Laufe der Jahre einen
liberalen Anstrich verpasst, gegen den Widerstand der Kieler
Zentrale, die den überregionalen Mantel der Zeitung
beisteuert. Er fordert von seinen Redakteuren dezidierte Meinungen
und würde seine Truppe als halblinks von der SPD einordnen. Es
gibt natürlich auch einen oder zwei CDU-Anhänger
darunter. Sein Motto lautet: Wir müssen dem Leser mehr bieten
als nur die nackten Fernsehnachrichten vom Vortag.
    Er schluckt die
Tablette ohne Wasser herunter, lehnt sich im Drehstuhl zurück,
und im selben Moment, als er sich den Schweiß von der Stirn
wischt, klingelt das Telefon.
    »Polizeiinspektion Husum,
Püchel!«, hört er eine bekannte Stimme.
    »Heinz, hallo!
Was kann ich für dich tun, mein Lieber?«
    »Also, ich
…, versteh mich nicht falsch, ich ruf nur ungern an«,
druckst der Husumer Polizeichef herum, »aber es geht um
diesen Mordfall von heute Nacht.«
    »Schrecklich,
wirklich schrecklich! Die Menschheit wird immer
brutaler.«
    »Ihr berichtet
natürlich, aber mich interessiert, wie hoch ihr die Sache
hängt.«
    »Heinz, was
glaubst du? Höher geht’s nicht! Wir gehen damit auf die
erste Seite, ist doch klar.«
    »Deswegen ruf
ich an, ich hab da nämlich was läuten
gehört.«
    »Nanu, seit wann
interessierst du dich für unsere
Schlagzeile?«
    »Deine
Schlagzeile ist mir egal, Theodor, mir geht es um das Wohl der
Stadt. Ein Vogel pfeift vom Dach, dass eine deiner Redakteurinnen
etwas aufgeschnappt haben könnte, was mächtig Wirbel
verursachen kann.«
    »Ich versteh nur
Bahnhof, mein Lieber. Rede bitte nicht um den heißen Brei
herum!«
    »Okay, Theodor,
also grad heraus, taucht in eurem Artikel der Name Rebinger
auf?«
    »Rebinger?
Meinst du unseren Staatsanwalt Rebinger?«
    »Theodor,
markier nicht den Ahnungslosen«, poltert der Polizeichef.
»Du kannst mir nicht erzählen, dass du den Inhalt deiner
Zeitung nicht kennst!«
    »Moment, Heinz,
ich hol mir den Artikel sofort auf den Bildschirm«, lenkt
Bigdowski ein, ohne auf die gereizte Haltung seines Telefonpartners
einzugehen. »Da ist er ja schon, ich überflieg ihn kurz,
ah ja, da steht es: Aus dem Umfeld des Förderkreises gibt es
Hinweise, dass eines der Mordopfer einen Mann mit Namen Rebinger in
einer verfänglichen Situation beobachtet haben soll. Das wirft
die Frage auf, ob es sich dabei um den Staatsanwalt Rebinger aus
Husum handelt, der die Ermittlung in genau diesem Mordfall
leitet.«
    »Seid ihr
wahnsinnig? Theodor! Sag, dass das nicht wahr
ist!«
    »Mir scheint, du
weißt wesentlich besser, ob das wahr ist, Heinz! Wir haben
nur geschrieben, was recherchiert wurde.«
    »Das kannst du
unter keinen Umständen so in den Druck gehen
lassen!«
    »Leitest du
neuerdings meine Zeitung, Heinz? Es gibt eine freie Presse in
unserem Land!«
    »Vergiss diese
Phrasen, Theodor, ich brauch dir nicht zu erzählen, was es
für die Zeitung bedeuten würde, wenn diese Behauptung
sich in Luft auflöst. Und dass sie sich in Luft auflöst,
steht außer Frage.«    
    »Bist du dir da
wirklich sicher? Meine Leute saugen sich üblicherweise nichts
aus den Fingern, Heinz.«
    »Wir wissen
beide, wie der Hase läuft! Recherchen werden so hingebogen,
dass es für die Auflage gut ist. Noch ist das Kind nicht in
den Brunnen gefallen, Theodor! Staatsanwalt Rebinger hat Kontakte
zu den höchsten Kreisen der Kieler Landesregierung. Der wird
dir die Hölle heiß machen, wenn die Anschuldigung nicht
Hand und Fuß hat.«
    Theodor Bigdowski
trommelt angespannt mit den Fingern auf der Tischplatte,
während sich sein Kopf puterrot färbt.
    »Okay, okay, ich
werde die Sache noch einmal ausführlich prüfen,
versprochen.«
    »Ich wusste,
dass stichhaltige Argumente dich

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