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Populaermusik Aus Vittula

Titel: Populaermusik Aus Vittula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Pfeife und fluchte inspirierend:
    »Wehe dem, der die Kurven schneidet! Und jetzt mal schneller, ihr roten Teufel!«
    Dann wärmte man den Torwart mit hinterhältigen, unangenehmen Schlägen auf, man parierte und schlug mit den löffelförmigen Kohoschlägern, während der Torwart wie ein zum Tode Verurteilter in seiner Totenschädelmaske dastand und durch seine Schutzkleidung hindurch blaue Flecken bekam. Einige Pucks zischten über den Kasten und die Banden und weit hinaus auf die Wiese, wo sie bei der nächsten Schneeschmelze von überglücklichen kleinen Jungs gefunden werden würden.
    »Verflucht, nun schießt in das beschissene Tor!«, tönte Sten-berg, der sich um die Jugend kümmerte und auf eigene Initiative hin in jedem Dorf im Umkreis mehrerer Kilometer Nachwuchstrainings eingerichtet hatte.
    Dann begann das Übungsspiel. Eine raubeinige, ungehobelte Veranstaltung mit mehr Willen als Taktik. Man nagelte gegen die Bande, fiel auf den Arsch und schoss den Puck, dass die Holzsplitter flogen. Der langhaarige Stürmer der einen Mannschaft trug einen Mundschutz der alten Art und sah aus wie ein Schäferhund mit Maulkorb. Er versetzte seine enorme Muskelmasse in eine immer schneller werdende Bewegung und pflügte sich durch die Verteidigung, dass die Hüftschützer zur Seite fielen wie von der Eisenbahn getroffene Rentiere. Mit der Puckkontrolle stand es nicht zum Besten. Mit ein bisschen Glück brachte er aber rechtzeitig einen Rückwärtspass zustande, sodass die Hintermänner quer durch die Schneise schießen konnten. Sein Widersacher im Spiel war ein blonder, schmächtiger Junge mit unglaublichen Reflexen. Er stand regungslos wie eine Eule, bis der Puck frei kam, um dann seinen Schläger wie eine blitzende Nadel auf die abgestoßene Gummischeibe abzuschießen.
    Wir standen eine Weile an der Bande und schauten zu. Ich schob mich wie zufällig näher an sie heran, sodass unsere Jacken sich berührten. Sie kaute ein Salmiakkaugummi, es roch nach Lakritze, wenn sie versuchte, Blasen zu machen. Ich merkte, wie sie zitterte und sich ihr Palästinensertuch enger um den Hals zog.
    »Frierst du?«
    »Ein bisschen.«
    »Wir können ... ich habe einen Kumpel, der hat Kaninchen.«
    »Wie kindisch«, sagte sie nur und wickelte sich das Kaugummi um den Zeigefinger.
    Ich hätte ihr stattdessen den Arm um die Schulter legen sollen. Zu spät. Ich fühlte mich tollpatschig. Hatte Lust, nach Hause zu gehen und Griffe vor dem Spiegel zu üben. Sie merkte, wie ich zurückwich. Wurde freundlicher, betrachtete das Spiel noch eine Weile und tat so, als interessiere es sie.
    »Die müssten mehr Pässe üben«, bemerkte ich. »Wie die Russen. Das hier ist eher kanadisch. Die pure Gewalt, weißt du, Holzfällerhockey.«
    Ich vertiefte mich eine Weile in Spielanalysen, bei denen ich die brillante Technik der Russen hervorhob, die daher resultierte, dass sie beim Training die Schaufel vom Schläger abmontierten und nur mit dem Stiel spielten. Dann merkte ich, dass sie sich langweilte. Gleichzeitig fing auch ich an zu frieren.
    »Wir können bei der Hausfrauengymnastik zugucken.«
    Sie nickte und sah mir ziemlich lange in die Augen. Zog dann schnell den Blick ab, als hätte sie sich entlarvt. Ich spürte mein Herz pochen und ging ihr voran zu der Sporthalle ein paar hundert Meter entfernt.
    Die Tür zum Umkleideraum der Frauen war nicht abgesperrt. Wir schlüpften hinein. Schrille Jazzmusik ertönte von einem Schultonbandgerät. Es roch nach Fisch und Firnis, wie es das in allen alten Gymnastiksälen tut, ein muffiger Foltergeruch von Seilen, Kästen und römischen Ringen. Plus eine säuerliche Mischung aus Altweiberschweiß und Geschlecht. Die Kleider der Hausfrauen war an Haken im Umkleideraum aufgehängt, faltige Wollhosen, zeltähnliche Unterkleider, geblümte Kleider, Stützstrümpfe, BH-Körbchen, größer als meine Mütze. Auf dem Boden standen Einkaufstaschen und Plastiktüten und ihre abgetretenen Damenstiefel, Fellschuhe und Knöpfstiefel, umgeben von Pfützen geschmolzenen Schnees.
    Ich schlich zur Halle. Da drinnen war es blendend hell. Ein jähes Erdbeben durchzog das Gebäude, die Balken erbebten. Die Tanten trainierten Absprung vom Brett. O Scheiße, wie das Fett bibberte! Die Brüste hüpften wie Mehlsäcke auf und ab, die Hüftpolster schwollen wie aufgehender Hefeteig an. Glücklicherweise folgten sie kaum dem Rhythmus der Musik, denn wenn sie im Takt gehüpft wären, wäre der Boden geborsten. Dann war Hüpfen durch den

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