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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Miene des Mannes veränderte sich, war nicht mehr so beherrscht, und die Stimme verlor ihren metallischen Klang, als sich Emotionen beimischten. »Er hat das Ding einer Tussi gegeben? Gott im Himmel!«
    Man gewann den Eindruck, er spräche mit sich selbst. Wyatt veränderte unmerklich die Haltung, legte die Füße übereinander, bewegte die Hände, bis sie seinen Nacken umfassten und nicht mehr seinen Kopf.
    Der Mann erstarrte augenblicklich und hielt die Waffe fester, doch Wyatt bemerkte, dass seine Aufmerksamkeit nach innen gerichtet und er in Gedanken bei De Lisle war.
    »Und jetzt bereitet er seine Flucht vor«, sagte Wyatt und versuchte, von seiner Person abzulenken. »Ihr macht die Drecksarbeit, er baut Scheiße und sackt trotzdem alles ein.«
    Der Mann lachte. »Denk, was du willst, Junge, nach dir kräht eh kein Hahn mehr. Lang mal mit der Hand rüber und knips die Nachttischlampe an.«
    Als das Licht anging, sah Wyatt, wie der Typ Richtung Ecke zurückwich, an der Schnur für die Vorhänge zog, die sich daraufhin vor die offene Balkontür schoben. Schließlich hob er wie in Trance ein Kissen vom Boden auf und näherte sich dem Bett. Auf der Waffe saß kein Schalldämpfer, also war bei einem Schuss aus kürzester Distanz ein Kissen die nächstbeste Lösung. »Wie konnten Sie hier mit einer Waffe einreisen?«, fragte Wyatt, um den Mann abzulenken
    »Vielleicht bin ich befugt dazu?«
    Ein Cop? Dieser Niekirk, von dem Mansell erzählt hatte? Wyatt sagte: »Ich kann Ihnen helfen, De Lisle zu finden.«
    »Vergiss es«, erwiderte Niekirk und machte einen Schritt nach vorn, woraufhin Wyatt sich das Wasserglas auf dem Nachttisch schnappte und es dem Mann entgegenschleuderte. Der hob sofort den Lauf seiner Waffe, um das Glas vorbeisegeln zu lassen. Das war ein Fehler, der Wyatts Leben verlängerte. Er nutzte die Gelegenheit, zog an dem Kabel der Nachttischlampe und plötzlich war es dunkel. Er bewegte sich aus der vermeintlichen Schusslinie, dann fiel der Schuss. Wyatt rollte sich auf die andere Seite des Bettes und ließ sich auf den Boden fallen. Er kroch über den Teppich, an das Fußende des Bettes, hielt inne: Niekirk drückte zweimal ab, zwar platzierte er seine Schüsse, setzte sie niedrig an, aber er hatte kein konkretes Ziel, nur Intuition und Hoffnung.
    Wyatt machte sich bereit. Ihm war eingefallen, dass zwischen den beiden Rattansesseln genug Platz war, um auf den Balkon zu gelangen oder erst einmal dorthin, wo die Schiebetür offen war und nur noch der Vorhang ihn von der schützenden Nacht draußen trennte. Er machte einen Satz, heraus aus der Lücke zwischen Bett und Wand, und lief geduckt durch den Raum, so schnell wie möglich. Jetzt hatte Niekirk ihn im Visier. Er gab drei weitere Schüsse ab. Zu schnell, zu unpräzise. Das Glas des Balkonfensters neben der Schiebetür zersplitterte. Niekirk wartete, er wartete auf Wyatts Silhouette, wenn der sich an den Vorhängen zu schaffen machte und sich selbst als Zielscheibe für sein gesamtes Magazin anbot.
    Wyatt erriet Niekirks Absichten, verharrte in seiner geduckten Haltung, griff sich den Glastisch und warf ihn gezielt gegen Niekirks Knie. Niekirk ging zu Boden, es fiel ein weiterer Schuss.
    Von draußen drangen Stimmen herein und Lichter gingen an. »Ich hab einen Schuss gehört.«
    »Komm wieder rein, Liebling.«
    »Aber wenn ich’s dir doch sage, irgendjemand hat in unser Fenster geschossen.« Andere Stimmen wurden laut. Weitere Lichter gingen an.
    »Ruf den Sicherheitsdienst.«
    »Welche Nummer?«
    »Woher soll ich das wissen? Benutz deinen Verstand, Weib. Ruf die Rezeption an.«
    »Kein Grund, gleich diesen Ton anzuschlagen.«
    Hinter Wyatt rollte sich Niekirk auf die Seite und tastete auf dem Teppich nach der Waffe. Wyatt langte nach hinten über die Schulter, griff sich unter das Hemd, an eine Stelle zwischen seinen Schulterblättern, zog das Fischermesser und warf es. Er wollte die Kehle treffen und traf sie; die Klinge bohrte sich in Niekirks Luftröhre, raubte ihm die Stimme, und so begleitete ihn nur das nutzlose Rasseln seines Atems in den Tod.
    Wyatt verschwand durch die Balkontür und schwang sich über das Geländer, ein Schatten unter Schatten.

    NEUNUNDDREIßIG

    Vorsichtig machte er sich den Abhang hinunter, versuchte, Felsvorsprüngen, freiligendem Wurzelwerk und harten Rankengewächsen auszuweichen. Der Inselgenerator brummte weiter durch die Nacht, ein ruhender Pol inmitten eines Durcheinanders aus aufgeregtem Geschrei, rennenden

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