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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Füßen und den tanzenden Lichtkegeln der Taschenlampen. Ein- oder zweimal blieb er wie angewurzelt stehen; er hätte dem Sicherheitspersonal ausweichen, hätte Wege und beleuchtete Areale meiden müssen, also ging er weiter und beschloss, sich zu zeigen.
    Um Verfolger und Zeugen auf eine falsche Fährte zu locken, rannte er los, schrie und schwenkte die Arme in der Luft: »Die Schüsse kamen aus dem Zimmer dort ... ich hab jemanden hier drüben gesehen ... Vorsicht, er ist bewaffnet ... er ist den Hügel hochgelaufen ... «
    Die Hütten vorn am Wasser standen auf Pfählen. Als er sich der Verwirrung weiter oben sicher sein konnte, suchte er, knöcheltief im Wasser stehend, unter der Hütte Schutz, die der Anlegestelle für die Inselfähre am nächsten war. Die Fähre war nicht da. Er sah sie auf der anderen Seite des Hafens, an der kleinen Kaianlage der Hauptinsel, und es würde eine Weile dauern, bis sie nach Reriki Island zurückfuhr. Zu dieser Abendstunde ließen sich die meisten Fahrgäste nur in eine Richtung übersetzen, es waren Urlauber, die nach einem Casinobesuch auf der Hauptinsel in die Ferienanlage zurückkehrten.
    Wyatt dachte darüber nach, welche Möglichkeiten ihm blieben. Keinesfalls wollte er schwimmen. Zwar würden ihn seine Schuhe vor Steinfischen schützen, wenn er durchs Wasser watete, aber rund um die Insel gab es Korallenriffe und die Reiseführer warnten vor Seeschlangen, Kegelschnecken und Seeigeln. Er malte sich aus, wie er sich an Korallen schnitt und sein Blut Haie anzöge; er konnte den betäubenden Schmerz buchstäblich fühlen, wenn das Gift sein Nervensystem attackierte. Er hatte Ängste, denen er sich nur bei Tageslicht stellen konnte, dann, wenn er sehen konnte, was auf ihn zukam.
    Es gab eine Menge Boote auf der Insel. Ein halbes Dutzend Dinghys aus Aluminium, bestückt mit Außenbordmotoren, hatte am Anlegesteg festgemacht. Jenseits des Stegs, am Rande des einzigen Stück Strandes der Insel, betrieb ein Verleih für Tretboote und Tauchzubehör sein Geschäft in einer Bretterbude.
    Wyatt gab den Schutz durch die Hütte auf und rannte halb geduckt Richtung Anlegesteg. Er stoppte mitten im Lauf und legte sich sofort flach auf die bemooste, feuchte Oberfläche einer Felsplatte, die ins Wasser ragte. Mehrere Gestalten eilten über den Steg. Wyatt verfolgte, wie sie in jedes Dinghy sahen. Kurz darauf waren alle verschwunden, bis auf zwei, die die Durchsuchung der Boote fortsetzten. Schließlich brüllte der eine dem anderen Anweisungen zu, kletterte in eines der Boote und jagte mit heulendem Motor durch den dunklen Hafen davon, einen leuchtenden Schweif — tropisches Meeresleuchten — im Kielwasser.
    Wyatt erhob sich, um loszurennen, wurde aber ein weiteres Mal daran gehindert. Irgendjemand hatte die Polizei alarmiert. Drei Barkassen näherten sich der Insel in schnellem Tempo, ihre Scheinwerfer stocherten im ruhigen Wasser.
    Er gewährte sich eine halbe Minute Aufschub, starrte in die Dunkelheit und rekonstruierte vor seinem inneren Auge die Hafenanlage und das Hügelgebiet gegenüber, wo die teuren Villen auf gepflegten Rasenflächen standen, die sich bis zum Wasser hinunter erstreckten. Über De Lisles Anlegestelle brannte Licht.
    In diesem Moment wanderte ein Suchscheinwerfer ziellos die Küstenlinie entlang und tauchte Mangroven und Hütten in gleißende Helligkeit. Wyatt duckte sich. Unten am Kai versammelten sich Leute und versuchten, die Besatzungen der Barkassen durch Zurufe anzuspornen.
    Er hatte kaum noch Alternativen. Die Fähre schied völlig aus, genau wie die plumpen, orangefarbenen Tretboote, in denen die Touristen ihren Spaß hatten. Ebenso wenig konnte er sich ins Hinterland aufmachen, wo jetzt alles umgekrempelt wurde. Blieb nur noch die felsige Küste des unbewohnten Teils der Insel. Er schlich zurück unter die erste Hütte, dann weiter von Hütte zu Hütte, weg vom Anlegesteg. Es war eine dunkle, heimtückische Welt jenseits der letzten Hütte, und hier gestattete Wyatt der Nacht, ihn zu verschlucken.
    Je weiter er sich vom Anlegesteg entfernte, desto mehr gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Zuerst musste er über die Klippen; Kalkstein, zerklüftet, rissig und scharfkantig genug, um Hände und Schuhe aufzureißen. Dann fielen die Klippen ab und er watete knietief durchs Wasser, fand schließlich einen Pfad entlang eines Streifens aus grobem, korallenhaltigem Sand von etwa einem Meter Breite. Mücken schwirrten um seinen Kopf, und weil es so dunkel

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