Poseidons Gold
hat?«
»Was, er hatte das Kommando?«
»Und kämpfte an vorderster Front!« Der Gefangene lächelte in der Gewißheit, daß die Antwort mir gefallen würde. Vielleicht war er ja selbst Soldat gewesen.
»Aber er ist gefallen?«
»Hat Pech gehabt.«
»Wieso?«
»Irgendwie hat ihn ein Pfeil unterm Helm durch erwischt.«
Das glaubte ich. Dieser Mann hatte tatsächlich unseren Festus gesehen.
Den Helm nicht ordentlich festgeschnallt. Typisch! Schnüre, Haken, Gürtel – immer war alles nur halb geschlossen. Festus konnte es auf den Tod nicht leiden, wenn etwas zwickte, drückte und spannte. Am liebsten stürmte er mit baumelndem Kinnriemen in die Schlacht, als wollte er nur zwischendurch mal rasch den Feind vermöbeln und habe eigentlich ganz was anderes vor. Jupiter allein weiß, wie der Junge je zu seiner Beförderung gekommen ist.
Na ja, ich weiß schon, wie. Festus war verdammt gut. Wenn mein Bruder sich auch nur halbwegs auf ein Problem konzentrierte, konnte er all die lahmen Gipsköpfe, mit denen er’s zu tun hatte, leicht übertrumpfen. Festus gehörte zu jenen charismatischen Menschen, denen ein Übermaß an echtem, unverfälschtem Talent den kometenhaften und mühelosen Aufstieg garantiert. Er war wie geschaffen für die Armee, und die wiederum wußte, was sie an ihm hatte. Einen Mann, der dumm genug war, sein besonderes Talent zu zeigen; friedfertig genug, seine Vorgesetzten nicht zu brüskieren; schlau genug, sich, sobald er’s einmal geschafft hatte, von keinem den Schneid abkaufen zu lassen.
Und trotzdem blöd genug, den Helm offen zu tragen.
»Sind Sie damit zufrieden?«
Es war genau die Geschichte, die ich hatte hören wollen.
Bevor ich ging, mußte ich ihnen noch eine Menge Fragen zu meiner Arbeit beantworten. Was machte ich genau und in wessen Auftrag? Ich revanchierte mich mit ein paar Geschichten für ihre Schilderung der Schlacht um Bethel. Sie waren begierig auf ein paar gute Abenteuer, und ich hatte einen ganzen Haufen auf Lager. Die Vorstellung, daß jeder, vom Kaiser abwärts, mich engagieren und als Schnüffler in die Welt hinausschicken konnte, faszinierte sie so, daß sie mir gleich selbst einen Auftrag geben wollten. (Natürlich hatten sie kein Geld, aber inzwischen standen wir gut miteinander, und ich hatte erwähnt, daß die Hälfte meiner »ehrbaren« Klienten das Bezahlen vergißt.)
»Also, was habt ihr denn auf dem Herzen?«
»Wir müssen was wiederhaben.«
Und dann erzählten sie mir eine umständliche Geschichte, in der irgendein Heiligtum eine Rolle spielte.
Irgendwann mußte ich sie unterbrechen. »Hört mal, wenn’s hier um die Schätze geht, die Titus Caesar aus eurem Tempel in Jerusalem erbeutet und dem Capitol geweiht hat, dann könnt ihr’s gleich vergessen! Trophäen von Roms heiligstem Altar zu rauben, fällt nicht in mein Ressort.«
Sie wechselten verstohlene Blicke. Hier war ich über ein sehr viel älteres Geheimnis gestolpert. Neugierig geworden, fragte ich nach Einzelheiten. Was sie verloren hatten, war ein großer und schon uralter Kasten, etwa in Form einer Arche, mit zwei Tragestangen und geziert von zwei geflügelten Figuren. Die Judäer wollten sie wiederhaben, weil diese Lade magische Kräfte besaß, die ihnen helfen konnten, ihre Feinde zu überwinden. Auch wenn ich nicht wollte, daß meine römischen Mitbürger vom Blitz getroffen oder mit einer tödlichen Krankheit geschlagen würden (oder jedenfalls nicht viele von ihnen), reizte mich der Fall. Ich habe nun mal eine Schwäche für verrückte Geschichten. Aber wie hätte ich Helena einen derart aberwitzigen Auftrag erklären sollen?
»Klingt ja«, sagte ich grinsend, »als bräuchtet ihr einen richtigen Draufgänger! Ich übernehme Scheidungen, was schon hart genug ist, aber verschüttgegangene Archen – das ist wohl doch nichts für mich …«
Ich bedankte mich mit Hartgeld für die Information über Festus, und wir trennten uns freundschaftlich.
Als ich den Biwak verließ, rief der unbekannte Sklave mir noch nach: »Er war heldenhaft! Hat mit dem Mut eines Löwen gekämpft. Bestellen Sie seiner Mutter, der Mann, den Sie suchen – Ihr Bruder –, ist ein wahrer Krieger gewesen!«
Ich glaubte ihm kein Wort, war aber bereit, die Lüge weiterzuerzählen.
LXIX
Ich kann nicht sagen, daß ich glücklich war, fühlte mich aber immerhin um soviel besser, daß ich mir eine kleine Freude gönnte: Ich ging vom Forum in die Via Flaminia rauf zum Haus der Kunstsammler. Dort reihte ich mich in
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