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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ich inzwischen weiß, frage ich mich fast, ob euer Syndikat Festus vielleicht aus Wut über den finanziellen Verlust vom Wall gestoßen hat.«
    »Auf keinen Fall!« erwiderte der Centurio kurz angebunden. »Verlassen Sie sich auf den Bericht …« Mehr war aus ihm nicht rauszukriegen.
    Als er sich schon verabschiedet hatte und zum Gehen wandte, rief er mir noch über die Schulter zu: »Glauben Sie die Geschichte, Falco!« Und die harten, klugen Augen blitzten mich aus seinem ruhigen, vertrauenswürdigen Gesicht an. »Sie wissen doch, wie so was ist. Diese Sache läuft doch aufs selbe raus – was Festus zum Verhängnis wurde, war wahrscheinlich bloß ein dummer Zufall.«
    Er hatte recht, wir mußten alle den Fall vergessen. So weit verstand ich seine Meinung. Doch damit war es nicht getan. Meine Mutter verlangte mehr als Meinung und Glauben.
    Ich konnte natürlich nach Pannonia fahren und Augenzeugen suchen – Männer aus der Kompanie meines Bruders, die ihm auf den Festungswall nachgestürmt waren. Aber was die mir sagen würden, wußte ich im voraus: dasselbe, was im offiziellen Armeebericht stand.
    Ich konnte sie kräftig abfüllen, und dann würden sie mir eine andere Geschichte erzählen, aber bloß, weil alle betrunkenen Soldaten die Armee hassen und ihr, solange sie betrunken sind, eine Menge Lügen vorwerfen. Sobald sie nüchtern werden, wollen sie davon nichts mehr wissen. Seine Kameraden hatten noch dazu ein persönliches Interesse am offiziellen Schicksal meines Bruders. Ein toter Soldat muß ein Held sein. Alles andere ist undenkbar.
    Um so mehr gilt das für einen toten Offizier.
    Der Jüdische Krieg war inzwischen berühmt, hatte er doch einen Kaiser hervorgebracht. Freilich war dies eher ein Zufall, mit dem, als Festus starb, noch niemand rechnen konnte. Mein Bruder fiel im März oder April; Vespasian wurde erst im Juli (nach Neros Selbstmord) von den Legionen zum Kaiser ausgerufen. Bis er schließlich auf dem Kaiserthron Platz nehmen konnte, dauerte es noch sehr viel länger. Ursprünglich hatte man die jüdischen Aufstände nicht so ernst genommen: einfach eine weitere politische Sauerei an einem schrecklichen Ort, den wir angeblich mit den Segnungen der Zivilisation beglückten, während wir in Wahrheit nur einen Einstieg in lukrative neue Märkte suchten. Im Gegensatz zu meinen Kameraden wußte Festus immerhin aus erster Hand Bescheid über Farbstoffe, Glas und Zedernholz und über die Verbindungen zu den Seiden- und Gewürzstraßen, die Rom im eigenen Interesse verteidigen mußte. Aber selbst mit diesen Vorkenntnissen wollte kein Soldat für einen ausgedörrten Wüstenstrich mit Ziegen und aufrührerischen Zeloten sein Leben riskieren – wenn ihm nicht wenigstens die Aussicht blieb, als Leichnam etwas Ruhm einzuheimsen. Als erster den Wall eines vergessenen Bergnestes zu stürmen mußte sich lohnen. Auch für die Mutter, die er in Rom zurückgelassen hatte.
     
    Weil sie mich darum gebeten hatte, tat ich, was ich konnte. Dieser wunde Punkt hatte unsere ganze Familie seit drei Jahren gequält; es war höchste Zeit, ihn zu klären.
    Das Amphitheatrum Flavium sollte von einem Bautrupp errichtet werden, den die Sieger Vespasian und Titus praktischerweise gleich aus dem besiegten Land mitgebracht hatten: von jüdischen Kriegsgefangenen.
    Und genau ihretwegen war ich gekommen.
LXVIII
    Es war spät am Nachmittag, als ich meine Suche begann. Einen nach dem anderen mußte ich mir die gräßlichen Vorarbeiter vornehmen, deren Manieren schlimmer waren als die der Gefangenen, die sie bewachten. Und jeder reichte mich an einen anderen Drecksflegel mit Peitsche weiter. Manche wollten schon für ein bloßes Nein Geld sehen. Die meisten waren betrunken, und widerlich waren sie alle. Als ich endlich den richtigen Trupp Gefangener gefunden hatte, war die Unterhaltung mit ihnen direkt eine Wohltat.
    Wir sprachen Griechisch miteinander. Den Göttern sei Dank für diese Universalsprache, die einem armen Detektiv die Kosten für den Dolmetscher erspart.
    »Ich möchte, daß ihr mir eine Geschichte erzählt.« Sie glaubten, ihnen drohe Gewalt, und starrten mich so erschrocken an, daß ich mich unangenehm in eine Zeit zurückversetzt fühlte, in der ich mich selbst einmal als Sklave und Zwangsarbeiter verkleidet hatte. Bei der Erinnerung mußte ich mich unwillkürlich kratzen.
    Hier hatte ich es mit Kriegsgefangenen zu tun, nicht mit den netten, sauberen, gebildeten Männern, über die Manlius und Varga sich

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