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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Petros Soldaten saß nämlich draußen vor der Kneipe auf einer Bank neben dem Bettler auf seinem Faß. Der Soldat hatte zwar einen Weinkrug und einen Teller mit matschigen, gefüllten Weinblättern vor sich stehen, aber ich wußte, weshalb er dort war. Petro hatte ihm aufgetragen, dafür zu sorgen, daß ich nicht reinkam. Der Kerl hatte die Frechheit, mich anzugrinsen, als ich mit gespielter Nonchalance auf der anderen Straßenseite vorbeispazierte.
     
    Ich ging heim zu Mama. Mein zweiter Fehler.
    »O Juno, sieh mal, wer da angezockelt kommt!«
    Allia ist meine Zweitälteste Schwester. Sie war immer Victorinas treueste Verbündete gewesen, deshalb stand ich in ihrer Gunst so tief wie der Bodensatz in einer leeren Amphore. Umgekehrt hatte sie bei mir erst recht keinen Stein im Brett. Bestimmt war sie gekommen, um sich was von Mutter auszuborgen – Allia lebte praktisch auf Pump –, aber zum Glück wollte sie gerade gehen, als ich reinkam.
    »Falls du mich mit deinen Fragen zu Festus löchern wolltest – spar dir die Spucke!« erklärte meine Schwester mit dem üblichen Trotz. »Ich weiß nichts über seine Geschäfte, und außerdem hab ich keine Zeit.«
    »Besten Dank auch«, sagte ich.
    Mit Allia zu argumentieren wäre sinnlos gewesen. Also verabschiedeten wir uns auf der Schwelle, und sie schlurfte davon, grobknochig und ein wenig unbeholfen, als ob die Hebamme sie bei der Geburt falsch angepackt hätte.
     
    Helena und Mama saßen auffällig gerade am Tisch. Ich hockte mich auf eine Truhe und war auf das Schlimmste gefaßt.
    »Allia hat uns ein paar interessante Geschichten erzählt«, begann Helena unverblümt. Damit konnte nur eine Geschichte gemeint sein: die mit Marina. Meine stille Hoffnung, Helena würde nie davon erfahren, war dahin.
    Ich sagte nichts, sah aber, wie Helena die Zähne zusammenbiß – mit deutlichem Überbiß auf der linken Seite: ein untrügliches Zeichen dafür, daß sie wütend war. Aber ich hatte selbst eine gehörige Wut im Bauch. Begegnungen mit Allia waren für mich immer so, als müsse ich etliche Stunden meiner Kindheit noch einmal durchleben – und zwar gerade jene tristen und unerfreulichen, die man normalerweise als Erwachsener aus seinem Gedächtnis tilgt.
    Mutter sah müde aus und ließ mich mit Helena allein.
    »Nun schau nicht so durchtrieben!« Wenigstens sagte sie endlich was!
    Verstohlen holte ich einmal tief Luft. »Nun frag schon!«
    »Wonach denn, Marcus?«
    Ich wollte eine Chance, die Sache aus der Welt zu argumentieren. »Na, nach der vergifteten Distel halt, die Allia ins Melonenfeld gepflanzt hat.«
    »Ich hol dir was zu essen«, sagte Helena, als hätte sie mein großmütiges Angebot nicht gehört.
    Sie wußte schon, wie sie mich bestrafen konnte.
XV
    Das Mittagessen, das Helena mir vorsetzte, war in Ordnung – mehr allerdings nicht. Ich trollte mich gleich danach mit einer Miene, als hätte ich was Wichtiges vor. In Wirklichkeit trainierte ich den ganzen Nachmittag in der Palaestra meiner Ringkampfschule, denn ich mußte mal in aller Ruhe über den Mord an Censorinus nachdenken – und außerdem wollte ich mich für das, was möglicherweise auf mich zukam, in Form bringen.
    Als ich in der Palaestra ankam, sah Glaucus mich so komisch an. Auch wenn er nichts sagte, wußte ich, daß Petronius ihn ausgefragt hatte.
    Danach hatte ich es nicht eilig, wieder heim zu meiner Mutter zu kommen. Während ich so über die Via Ostia trottete, hörte es endlich auf zu regnen. Eine fahle Sonne schob sich durch die Wolken und warf heiteren Glanz auf Dachgauben und Markisenstangen. Ich wagte es, die Kapuze vom Kopf zu streifen, und schnupperte ausgiebig die klare, kalte Luft, die nun nicht mehr nach Gewitterstürmen roch. Nein, das war ganz einfach ein normaler römischer Wintertag.
    Die Stadt lag im Halbschlaf. Die paar Menschen, die irgendwas erledigen mußten, konnten das fröhliche Treiben nicht ersetzen, das ich aus wärmeren Tagen gewohnt war. Niemand lustwandelte in Caesars Gärten, kein Nachbar schrie dem anderen von Balkon zu Balkon die letzten Neuigkeiten zu, kein Faulpelz döste auf seinem Schemel in einer Toreinfahrt, und es ging auch niemand ins Theater und erfüllte die Abendluft mit dem Echo klatschender Hände. Weder hörte ich Musik, noch sah ich festlich gekleidete Leute auf dem Weg zu einem Fest. Nur der beißende Rauch aus den Thermen mischte sich schwer und träge mit der Luft.
    Die ersten Lichter flammten auf, und es war entschieden an der Zeit, sich

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