Power - die 48 Gesetze der Macht
Katze fauchte und kratzte, doch keiner konnte den Kampf für sich entscheiden. »Lass uns zum Fuchs gehen und ihn zum Schiedsrichter machen«, schlug die Katze schließlich vor. »Einverstanden«, sagte der Hund. Also gingen sie zum Fuchs. Der hörte sich bedachtsam an, was die beiden vorbrachten. »Ihr dummen Tiere«, tadelte er sie, »warum hört ihr nicht auf? Wenn beide wollen, teile ich den Käse, und beide sind zufrieden.« »Einverstanden«, sagten die Katze und der Hund. Der Fuchs nahm sein Messer und schnitt den Käse in zwei Teile. Doch er setzte das Messer nicht längs, sondern quer an. »Meine Hälfte ist kleiner«, beklagte sich der Hund. Der Fuchs betrachtete das Stück des Hundes prüfend durch seine Brille. »Du hast recht, ganz recht!«, entschied er. Also nahm er einen Bissen von der Hälfte der Katze. »Damit sind sie gleich!«, sagte er. Als die Katze sah, was der Fuchs tat, heulte sie: »Schau doch! Jetzt ist mein Teil kleiner!« Der Fuchs setzte erneut seine Brille auf und besah sich prüfend das Stück der Katze. »Du hast recht!«, sagte der Fuchs. »Einen Moment, das richte ich gleich.« Und er biss ein Stück vom Käse des Hundes ab. Das wiederholte sich so lange, bis der Fuchs, abwechselnd am Anteil der Katze und an dem des Hundes nagend, den ganzen Käse vor ihren Augen aufgegessen hatte.
A TREASURY OF JEWISH FOLKLORE HERAUSGEGEBEN VON NATHAN AUSUBEL, 1948
Wenn Sie nach Macht und Einfluss streben, probieren Sie es mit Alkibiades’ Taktik: Positionieren Sie sich in der Mitte zwischen konkurrierenden Mächten. Verführen Sie die eine Seite mit dem Versprechen, ihr zur helfen; die andere Seite, die ihren Feind immer übertreffen will, wird Sie gleichfalls umwerben. Wenn so beide Seiten um Ihre Aufmerksamkeit buhlen, werden Sie sogleich als Person von großem Einfluss und großer Begehrlichkeit erscheinen. MehrMacht fällt Ihnen zu, als wenn Sie sich vorschnell an eine Seite gebunden hätten.
Während der französischen Julirevolution von 1830 saß nach dreitägigen Kämpfen der nun schon ältere Staatsmann Talleyrand in Paris am Fenster und lauschte dem Glockengeläut, das das Ende der Kämpfe verkündete. Er wandte sich einem Mitarbeiter zu und sagte: »Ah, die Glocken! Wir siegen.« – »Wer ist ›wir‹, mon prince ?«, fragte der Mitarbeiter. Talleyrand bedeutete dem Mann, zu schweigen: »Kein Wort! Ich werde Ihnen morgen sagen, wer wir sind.« Er wusste nur zu gut, dass bloß Narren blind in eine Situation hineinrennen – dass man seinen Spielraum verliert, wenn man sich zu schnell bindet. Die Menschen respektieren Sie dann auch weniger: Vielleicht binden Sie sich, fürchten sie, morgen an eine andere Sache, weil Sie sich so schnell dieser verschrieben haben. Die Bindung an eine Seite nimmt Ihnen den Vorteil der Zeit und den Luxus des Wartens. Lassen Sie andere sich in diese Gruppe oder jene vernarren, verlieren Sie aber nicht den Kopf, übereilen Sie nichts.
Symbol: die jungfräuliche Königin. Auf sie richten sich Begehren, Aufmerksamkeit und Verehrung. Da die jungfräuliche Königin nie einem ihrer Freier erliegt, kreisen alle weiter um sie wie Planeten. Sie können ihre Umlaufbahn nicht verlassen, aber auch nicht näher kommen.
Garant: Man sei Niemandem für Alles, auch nie Allen verbindlich gemacht. Denn sonst wird man zum Sklaven, oder gar zum Sklaven Aller. Freiheit ist viel köstlicher, als das Geschenk, wofür man sie hingiebt. Man soll weniger Wert darauf legen, Viele von sich, als darauf, sich selbst von Keinem abhängig zu sehn. Besonders halte man die Verbindlichkeit, die Einem auferlegt wird, nicht für eine Gunst: denn meistentheils wird die fremde List es absichtlich so eingeleitet haben, dass man ihrer bedürfen mußte. (Baltasar Gracián, 1601–1658)
GESETZ
21
SPIELE DEN DEPPEN, UM DEPPEN ZU ÜBERLISTEN – GIB DICH DÜMMER ALS DEIN OPFER
WAS HEISST DAS?
Niemand fühlt sich wohl, wenn sein Gegenüber intelligenter ist. Geben Sie Ihren Opfern das Gefühl, sie seien klug – und zwar klüger als Sie. Wenn die anderen davon überzeugt sind, werden sie keinen Verdacht schöpfen, dass Sie vielleicht niedere Absichten verfolgen.
SCHLÜSSEL ZUR MACHT
Der Eindruck, dass ein anderer intelligenter ist als wir, ist uns fast unerträglich. In der Regel versuchen wir, das auf verschiedene Weise zu rechtfertigen: »Er hat sein Wissen nur aus Büchern, ich aber kenne das wirkliche Leben.« – »Ihre Eltern konnten ihr eine gute Ausbildung bezahlen. Wenn meine
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