PR 2643 – TANEDRARS Puppe
als überall außerhalb.
So langsam, dass außen offenbar bereits vor Tagen die Lebenserhaltungsfunktionen völlig ausgefallen waren. Alle Flüchtlinge waren erstickt oder erfroren oder ...
Er riss sich aus den Gedanken, um die er wieder und wieder kreiste. Er durfte sich darin nicht verfangen. Stets aufs Neue musste er daran denken, wie alle anderen an Bord stunden- oder tagelang verzweifelt um ihr Leben gekämpft hatten, während er sich nur für Sekunden oder Minuten im Schrank zusammenkauerte.
Es war ganz einfach zu viel. Er war kaum in der Lage, das zu begreifen, geschweige denn zu verarbeiten. Die Welt hatte sich verändert – erst durch den Überfall, dann wegen eines unbegreiflichen Zeitphänomens, das letztlich alle außer ihm hinweggerafft hatte.
»Aber wieso«, setzte er neu an, »ist innerhalb der Zeitblase die Lebenserhaltung noch aktiv?«
»Es ist ein äußerst ungewöhnlicher Zustand«, erklärte der Roboter. »Leider kann ich meine Steuereinheit nicht mit der Bordpositronik vernetzen. Deshalb vermag ich nicht zu sagen, ob Terraner schon einmal auf etwas Ähnliches gestoßen sind. Wir müssen uns jedoch den Tatsachen stellen, und die besagen ganz klar, dass wir uns in einer Zeitebene befinden, in der der Ausfall sämtlicher Systeme an Bord noch nicht stattgefunden hat.«
»Aber wir nähern uns diesem Zeitpunkt sozusagen mikroskopisch langsam?«, vergewisserte sich Endreas.
»Ein Mikroskop verlangsamt nicht, sondern vergrößert. Der Vergleich hinkt gewaltig. Aber ja, das, was du eigentlich meinst, trifft zu.«
»Wie lange ...« Der Koch atmete tief durch. »Wie lange dauert es noch? Also wann werde ich ebenfalls sterben?«
»Ich vermag unseren Zeitablauf nicht mit dem der Außenwelt zu korrelieren«, erwiderte der Servoroboter. »Mir fehlen feste Bezugspunkte, die einen Vergleich ermöglichen. Es kann relativ gesehen noch Stunden dauern oder Tage, vielleicht auch Jahre. Außerhalb des Zeitfelds vergeht in diesem Zeitraum ein Vielfaches davon. Und wie es wiederum jenseits der Anomalie aussieht, in die wir eingeflogen sind, vermag ich nicht zu sagen. Dort könnte der Zeitablauf noch einmal anders verlaufen, schneller oder auch langsamer. Einiges spricht dafür, dass diese Anomalie ohnehin gegenüber dem Standarduniversum über ein verändertes temporales Gefüge ...«
»Das genügt!« Endreas wollte es nicht hören. Er fragte sich nur, was ihm lieber wäre. Möglichst schnell zu sterben oder noch lange vor sich hin zu darben; gefangen in diesem bizarren Zustand mit einer Maschine als einzigem Gesprächspartner.
Plötzlich fühlte er sich, als würde sich ihm der Magen umdrehen. »Wie ... wie groß ist diese Zeitblase?«
»Die genauen Abmessungen sind ...«
»Nein! Eigentlich will ich etwas völlig anderes wissen. Gibt es innerhalb der Blase Nahrungsmittel? Wasser?«
Die Antwort kam ebenso emotionslos wie ernüchternd: »Nein.«
»Nein?« Die Kehle wurde ihm eng. »Das ist alles? Und du hast es nicht für nötig gehalten, mich vorher darauf hinzuweisen? Ist dir klar, dass du damit mein Todesurteil gesprochen hast?«
Die metallisch starren Augen blickten ihn weiterhin ungerührt an. »Du hast mir eine Frage gestellt, ich habe geantwortet. Allerdings muss ich eine Einschränkung vornehmen. Ich vermute, dass es keine Nahrungsmittelvorräte gibt, weil es auf diesem Deck kein Vorratslager innerhalb der Grenzen der Zeitblase gibt. Das heißt jedoch nicht, dass wir nicht zufällig fündig werden könnten.«
»Dann lass uns auf die Suche gehen!« Alles war besser, als tatenlos vor dem verschlossenen Schott abzuwarten und mit einem Roboter zu diskutieren.
Mit einem Mal fühlte sich Endreas' Mund trocken an – trockener als je zuvor in seinem Leben. Das Gefühl wollte nicht wieder verschwinden, sosehr er sich auch sagte, dass es nur aus seinem Kopf kam und nicht von echtem körperlichem Mangel herrührte.
Bis vor wenigen Sekunden, als er sich dieses Problems bewusst geworden war, hatte er weder unter Hunger noch Durst gelitten.
»Du begleitest mich!«, befahl er mit absoluter Selbstverständlichkeit.
Sie machten sich auf die Suche.
*
Der Korridor verlor sich in Düsternis. Endreas ließ das Schott zum Leichenraum, wie er ihn nannte, hinter sich. Der Weg führte direkt ins Nichts, in den Bereich jenseits des Zeitfelds, das zu seiner Rettung geworden war. Am Ende – an der Grenze zum Nirgendwo – gab es seltsamerweise das grünblaue Leuchten nicht. Er sprach den Roboter darauf
Weitere Kostenlose Bücher