PR 2644 – Die Guerillas von Terrania
Menschen übernommen hatte. Er öffnete das Lagermenü, wählte die entsprechenden Kategorien und rief alle infrage kommende Lagerware ab. Nur Augenblicke später wurde ein Stapel von drei Kästchen aus der Ausgabeklappe geschoben.
»Die Neuzugänge. Afrika, Eurasien, Amerika«, erläuterte der Antiquitätenhändler, während er nacheinander die Kästchen vor Riordan abstellte und die Deckelfelder abschaltete. »Wenn eine dich interessiert, nimm sie ruhig heraus. Sie sind alle tiefenverstärkt.«
»Mhm.« Riordan klappte eine Flexopt-Scheibe vor das rechte Auge. Prüfend glitt sein Blick über die dargebotenen Kästchen. Schließlich griff er nach einer Münze aus dem Sortiment afrikanischer Währungen.
»Zum ersten Mal gewinne ich der Katastrophe, die uns widerfahren ist, etwas Gutes ab«, stellte er fest, während er die Münze eingehend von allen Seiten musterte. »Ohne die besonderen Umstände hätte ich für diese Münze womöglich weit reisen müssen.«
»Zum ersten Mal? Ist die Ernennung zum Assistenten Leccores und somit faktischem Leiter des TLD denn nicht gut gewesen?«
Chakt-Vachtor hatte sich die sarkastische Bemerkung nicht verkneifen können.
»Eine reine Notwendigkeit, die weder gut noch schlecht ist. Meine neue Stellung bringt Einfluss, aber auch eine Menge Arbeit und Verantwortung. Ich will sichergehen, dass die Menschheit dieses Desaster bestmöglich übersteht, trotz mancher Kurzsichtigkeit in Regierung oder Bevölkerung. Das erfordert manchmal Zugeständnisse. So wie bei dir die Übernahme der Waren deines Geschäftspartners ohne dessen explizite Zustimmung. Unter den geltenden Umständen würde das niemand als Diebstahl ansehen.«
Riordan warf einen kurzen Blick zu Chakt-Vachtor, ehe er sich wieder ganz der Münzschachtel widmete. Er steckte die erste Münze zurück und wählte eine zweite aus.
»Das sind Dinge, die wir alle beim Dienst früher oder später gelernt haben«, antwortete Chakt-Vachtor vorsichtig. Riordans indirekte Drohung war durchaus bei ihm angekommen. »Man muss sich an Situationen anpassen, um herauszufinden, auf welchen Wegen man sein Ziel mit dem geringsten Widerstand erreicht.«
»Richtig. Und man sollte seine Ziele so wählen, dass sie dem Wohl der meisten dienen, nicht den idealistischen Vorstellungen einer Elite.«
»Das Wohl seines Volkes im Auge zu behalten ist eine der höchsten Pflichten eines jeden.«
Riordan nickte und legte auch die zweite Münze zurück. Seine Finger glitten über den Rest der Reihe.
»Leider gibt es immer wieder Unverbesserliche, die einem diese Aufgabe schwer machen. Leute, die sich einfach nicht auf das Neue einstellen können, egal wie unausweichlich und vielleicht sogar vorteilhaft es ist. Die glauben, sie könnten den Fortschritt, die Evolution, mit Gewalt aufhalten. – Ah, ägyptisch! Wie schön.« Er hielt eine weitere Münze ins Licht.
»Frühe Zeit des demokratischen Staates.« Chakt-Vachtor hatte nicht vor, weiter auf die Dinge einzugehen, die Riordan angesprochen hatte. Doch seine Gedanken rasten, während der Assistent das Geldstück inspizierte.
Er kannte den angeblichen Abkömmling Tipa Riordans noch aus seinen Zeiten beim TLD. Zwar hatte er damals kaum direkt mit ihm zu tun gehabt, doch manche Dinge sprachen sich herum. Riordan hatte eine Karriere hinter sich, die der von Attilar Leccore erstaunlich ähnelte. Auch seine Verdienste lagen weniger in der relativ kurzen Zeit seines Außeneinsatzes, sondern mehr in der später übernommenen strategischen Planung und Logistik.
Doch in den Reihen der Agenten war nicht vergessen worden, warum Riordan trotz einer hohen Erfolgsquote vom Außen- in den Innendienst geholt worden war. Mancher Einsatzleiter war nicht glücklich gewesen über die Gefühllosigkeit, mit der der Agent seinen Aufgaben nachkam. Da sein Talent für die nachrichtendienstliche Arbeit trotzdem unumstritten gewesen war, hatte man ihn nicht entlassen, sondern den anderen Weg gewählt. Ab diesem Punkt war sein Ruf makellos.
Nicht allzu lange nachdem Chakt-Vachtor den Dienst quittiert und seinen Laden in Peking gegründet hatte, war Riordan das erste Mal als Käufer aufgetaucht. Angeblich fand er es angenehm, mit jemandem Geschäfte zu machen, mit dem man nebenbei auch einmal über anderes plauschen konnte, ohne jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen. Tatsächlich war Chakt-Vachtor dadurch über manches im TLD auf dem Laufenden geblieben, was er sonst nicht erfahren hätte.
Doch die Machtübernahme
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