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PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse

Titel: PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Die Sorge vor dem nächsten Schritt bannte ihn an Ort und Stelle. Mühsam und unter heftigem Atmen setzte er Fuß vor Fuß.
    Wo willst du hin?, fragte Puc.
    Er schloss die Augen. »Ich weiß es nicht.«
    Lass dich nicht irritieren, riet Puc. Bleib ruhig. Du bist nicht in Gefahr. Du wirst nicht angegriffen.
    »Ja«, gab Routh zu. Er verhielt sich geradezu kindisch. Der Boden war solide, die Wände auch, andernfalls wären die riesenhaften Wohntürme längst unter dem eigenen Gewicht kollabiert. Aber er verzagte, als ob er auf einem Drahtseil über einen Abgrund gehen müsste.
    Man könnte die Stadt sogar schön finden, merkte Puc an.
    »Oh ja«, lachte Routh. »Die Stadt ist ein Touristenmagnet erster Klasse.«
    Puc hob zustimmend sein Glas. Du sagst es, großer Bruder.
    Routh entschloss sich, sein Raumgefühl zu trainieren. Er rannte los, spurtete durch das Geschoss. Er hielt an, tat bedächtig Schritt für Schritt. Der Boden trug ihn, selbstverständlich.
    Nach einiger Zeit gelangte Routh zur Außenwand der Etage. Er lehnte die Stirn an das transparente Material. Es war weniger kalt als Glas. Routh meinte zu spüren, wie es einen Hauch nachgab, wenn er die Stirn dagegen drückte. Was für ein Baustoff war das?
    Vielleicht ist es eine semiorganische Membran, vermutete Puc.
    »Eine Glückshaut«, fiel Routh ein. »Wie sie der junge Müllersbursche in diesem alten Märchen getragen hat, als er auf die Welt kam.«
    Du meinst eine Glückshaube, sagte Puc. Routh erinnerte sich daran, was es damit auf sich hatte: die embryonale Eihaut, die manchen Neugeborenen noch wie eine Haube auf dem Kopf lag. Sie war in alten Zeiten als Glückszeichen gedeutet worden.
    Routh lachte höhnisch auf. Die Stadt eine Glückshaube? Zu viel Glück für einen einzelnen Menschen.
    Nach einigen Stunden hatte er den gesamten Turm durchsucht. Er war weder auf einen Menschen getroffen noch auf einen Sayporaner oder irgendein anderes Lebewesen.
    Nicht einmal Zofen und Junker hielten sich in diesem Daakmoy auf, diese Gestalten, von denen Routh bislang nicht wusste, ob es sich um Roboter oder Androiden oder um etwas völlig anderes handelte.
    Die Suche war alles andere als einfach. Die Transparenz des Gebäudes bewirkte ja nicht, dass alle seine Etagen restlos einzusehen waren. Hier und da stand ein Möbelstück, ein Stuhl, ein Tisch, ein Spender, aus dem die Sayporaner und ihre Gäste Nahrungsmittel entnehmen konnten. Auf fast jeder Etage gab es Schlafkuhlen, und wenn auch die meisten von ihnen leer lagen, fand er doch immer wieder eine, die mit einer Decke ausgestattet war oder einer Art Grasmatte.
    Oft war er auf einem Geschoss ausgestiegen, hatte sich umgesehen, war in die Kabine zurückgetreten und hatte sie anfahren lassen, nur um sie kurz darauf wieder anzuhalten, zurückzufahren, auszusteigen und dem Eindruck nachzugehen, bei einem Tisch, in einer Schlafkuhle oder in einem Schlaf-Ei eine Bewegung gesehen zu haben, den Schatten eines Körpers.
    Irgendwann hatte er jede Kontrolle darüber verloren, ob er eine Etage bereits gesehen und durchsucht hatte oder das nur glaubte. Er hatte Puc aktiviert, der darüber Buch führen sollte.
    Als Banteira sank, überkam Routh eine schwere Müdigkeit. Ihm war, als würde er von innen her mit Blei ausgegossen. Das ganze Gebäude stand offenbar leer, mithin zu seiner Verfügung.
    Aber eine Scheu, über die er sich keine Rechenschaft ablegen wollte, hinderte ihn, sich auf einer der Etagen des Daakmoy eine Schlafstelle zu suchen.
    Er verließ das Bauwerk und ging zurück in den Park. Unter einem der Folienbäume fand er einen Streifen nackter Erde, der nicht von den glasfaserähnlichen Halmen bewachsen war.
    Er zog sich das Schemenkleid von der Schulter und ballte es zu einem kleinen Kissen zusammen. Den Thermomantel zog er aus, legte ihn auf den Boden und wickelte sich behutsam darin ein.
    Er schlief fast augenblicklich ein. Durch die Hallen seiner Träume klang die Stimme der Spiegelin, die die Gestalt von Henrike angenommen hatte. »Der Sog der Herkunft besteht immer«, sagte sie.
    Er wollte ihr antworten, aber selbst in seinem Traum war er zu erschöpft, und so träumte er, dass er einschliefe und von der Stimme der Spiegelin träumte, die leiser wurde und immer leiser.
     
    *
     
    Tage verstrichen. Statt sich immer besser in Anboleis zurechtzufinden, fiel Routh die Orientierung in der Stadt zunehmend schwerer. Ihm war, als würde er sich in einem komplexen Glaslabyrinth verirren. Manchmal litt er unter der

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