PR 2646 – Die Tage des Schattens
Menschliches an sich haben.
Die Bilder, so Furcht einflößend sie sind, bestärken natürlich die Betrachter eher in ihrer Weltanschauung, als dass sie davon verunsichert würden. Letztlich jagt man auch Rottan mit Schimpf und Schande davon, so wie den Bullbold und Gucko und ihre übrigen Spießgesellen.
*
Am letzten der Tolldreisten Tage, wenn der Popanz aus Stroh abgebrannt worden ist, der keinen richtigen Namen hat und nur »Es« genannt wird, tanzt ihr um die Reste des Feuers.
In dieser Nacht gelten keine Gesetze oder Tabus. Alles ist erlaubt, und ihr macht Gebrauch von der Freiheit im Überschwang.
Danach aber kehren wieder Ruhe und Regelmäßigkeit ein. Ihr habt euch von Tand und Ausschweifungen verabschiedet, damals nach der Formatierung, und ihr bleibt dabei.
In verlässlichem, gemütlichem Trott verstreicht eure Lebenszeit. Nicht, dass nicht ab und zu ein jugendlicher Wirrkopf auf komische Ideen käme!
Gelegentlich tauchen überschlaue »Verbesserungsvorschläge« auf. Ab und an werden Erfindungen präsentiert, die den Alltag erleichtern sollen, oder Fernreisen ermöglichen oder was nicht noch alles.
Aber diesen in unregelmäßigen Abständen auftretenden Verlockungen entsagt ihr immer wieder aufs Neue. In der Genügsamkeit liegt die Kraft!
Wer sich dauerhaft uneinsichtig zeigt, weiter insistiert und den anderen Dörflern damit allzu sehr auf die Nerven geht, wird dem Schamanen übergeben. Gefesselt und geknebelt, versteht sich.
Mit denjenigen, die aus der Einsiedelei zurückkommen, gibt es danach nie wieder Schwierigkeiten ...
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9.
Das Gesicht des Schattens
Keiner der Neuformatierten verweilte lange bei seinen Angehörigen in der Begegnungsinsel. Sie bestiegen die Gleiter. Eskortiert von vier TARAS nahm der kleine Konvoi Fahrt auf und entschwebte Richtung Solare Residenz.
»War's das, Frau Regierungssprecherin?«, fragte eine markant sonore Männerstimme. »Oder habt ihr euch noch eine spezielle Schlusspointe aufgespart?«
Phaemonoe drehte den Kopf und antwortete Aksander Oskar, ihrem Reporterkollegen vom Sender Augenklar: »Mir wurde jedenfalls nichts avisiert. Ich denke, für heute ist die Show vorüber. Nein, warte – soviel ich weiß, singt in Kürze Milla Yaszkas auf der Lepso-Bühne ihren Hit ›In memoriam‹.«
»Hübsches Lied, aber nicht gerade von umwerfendem Neuigkeitswert.«
»Man muss die Feste feiern, wie sie fallen ...«
»Entschuldige.« Oskar legte den Kopf schief, er bekam wohl gerade einen Anruf von seiner Sendeleitung. »Ich halte mich an den blo... an Eghoo«, gab er zur Antwort. »Ihr kriegt Bescheid, sobald wir abrücken.«
Phaemonoe feixte. »Hättest ruhig ›Blonder Hai‹ sagen können. Du glaubst doch nicht, dieser Spitzname hätte sich nicht längst bis zu mir herumgesprochen?«
»Höflichkeit und Diskretion sind mir nun mal in die Wiege gelegt worden.«
»Mhm. Gleich neben Präpotenz und Impertinenz.«
»Solch Komplimente aus deinem berufenen Mund ... Was machst du jetzt? Hältst du hier noch länger die Stellung?«
Phaemonoe überlegte. Ihr lagen keine Anweisungen von Marrghiz vor. Der Sayporaner würde sich bestimmt vordringlich den Neuformatierten widmen. »Vielleicht bleibe ich noch ein Weilchen.«
»Und genießt den lauen Abend?«
»Mein Overall ist geheizt.«
»Klar. Unter uns, ich kann's irgendwie auch nicht glauben, dass die ganze Sache schon vorbei sein soll. Ich meine, schöne Geschichte, dramatische Momente, tolle Nahaufnahmen und so, aber das Ende kam ein wenig jäh und unbefriedigend.«
»An mir lag's nicht.«
»Kein Vorwurf, Beste.« Oskar vollführte eine bestätigende Geste mit dem Kinn. »Sieh mal, der neue Oberspion und sein schweigsamer blauer Engel von Ferrol sind auch noch hier.«
In der Tat lehnten Fydor Riordan und Ve Kekolor an einem Stehtisch in der Nähe des Gnauplons. Sie wirkten recht entspannt – und nicht, als ob sie jeden Moment das Weite suchen würden.
»Glaubst du, du könntest mir ein Interview mit Riordan vermitteln?«
Phaemonoe verneinte. »Er gibt keine Interviews – und deinem Sender schon gar nicht.«
»O weh, die Hydra der Vorurteile erhebt
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