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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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üblich war. Er zeigte nach allen Himmelsrichtungen ein stark vergrößertes Bild der Neunzehnjährigen, die so gar nicht jugendlich erschien.
    »Mein Name ist Anicee Ybarri. Ich und meine dreißig Gefährtinnen und Gefährten, die mit mir zusammen vor Kurzem angekommen sind, bilden den Umbrischen Rat, als dessen designierte Sprecherin ich fungiere. Wir fühlen uns zwei Welten zugehörig, sowohl Terra als auch der sayporanischen Kultur. Deswegen benennen wir uns neu. Wir sind ab sofort Sayterraner.«
    Sie legte eine Kunstpause ein. Falls sie Beifall erwartet hatte und enttäuscht war, weil dieser ausblieb, zeigte sie es nicht. »Wir sind auf gutem Weg, die Jahrtausendreise der Menschheit zu einem glücklichen Ziel zu führen. Dank der Auguren sind die Sayterraner bereit, Teil eines neuen, unabhängigen großen Ganzen zu werden. Teil des Neuroversums.«
    Sie lächelte. Ihre Mimik erinnerte schockierend an Marrghiz' Augurenlächeln. »Aus dem Gesagten folgert logisch, dass der Umbrische Rat nicht der Autorität der gewählten Regierung der LFT untersteht. Er wird in drei Tagen zu einer ersten öffentlichen Sitzung zusammentreten. Ihr seid herzlich eingeladen, die weitere, segensreiche Entwicklung mitzuverfolgen. Ich danke euch für euer Interesse.«
    Anicee drehte sich zurück zu Henrike Ybarri, als wäre nichts geschehen. Sie zwinkerte ihr schelmisch zu und flüsterte: »Man könnte auch etwas überspitzt sagen: Mama regiert hier nicht mehr.«
    Es klang wie ein Scherz und dann doch wieder nicht.
     
     
    Traumangebot Nr. 700B:
    Brandneu und exklusiv:
    Anicees Erben
     
    Du bist ein neuer Mensch. Mehr als das: ein Sayterraner.
    Schon in der tausendsten Generation seit der Allgemeinen Formatierung bebaut dein Volk die fruchtbare Krume eurer Ursprungswelt. Alle Wirren sind längst ausgestanden, sämtliche Irrtümer von Äonen bereinigt, hinweggefegt auf Nimmerwiedersehen.
    Ihr seid zurückgekehrt, heimgekehrt, umgekehrt zur Einfachheit. Die Äcker bestellt ihr wieder mit Ochsengespann, Pflug und Egge. Ihr beheizt die Häuser und Herde mit Rindenabfällen und Holzkohle, desgleichen die Essen der Schmieden und die Schwitzhütten.
    Die Welt und ihr seid eins. Das Dorf, der Stamm, die gesamte erlöste, sayterranische Menschheit lebt im vollkommenen Einklang mit der Natur.
    Ihr raubt der Erde nichts, was nicht beizeiten nachwachsen würde. Ihr fügt ihr keine unheilbaren Wunden zu. Ihr zwingt ihr keine Abfälle auf, die das subtile Gleichgewicht von Werden und Vergehen gefährden könnten.
     
    *
     
    Die Tage verstreichen in entspannter Einförmigkeit. Harte, jedoch rundum befriedigende Arbeit auf dem Feld, im Holzschlag, in den Stallungen oder am Webstuhl. Schon die kaum der Mutterbrust Entwöhnten packen eifrig mit an.
    Umso besser munden euch die einfachen, unverfälschten Speisen. Dazu gibt es selbst gebrautes Bier, Most aus den Früchten der Obstgärten, selbst gekelterten Wein.
    Manchmal raucht ihr getrocknete Kräuter; aber in Maßen und nur, wenn keine wichtigen Aufgaben bevorstehen.
    In der Abenddämmerung, wenn das Tagewerk vollbracht ist, sitzt ihr einträchtig beisammen am offenen Kamin, singt Lieder und spielt die Phenuben. Oder einer der Alten, die schon vier oder gar fünf Jahrzehnte auf dem krummen Buckel haben, erzählt der andächtig lauschenden Kinderschar Schauergeschichten von früher, Horrormärchen aus der bösen, zum Glück überwundenen Vorzeit.
    Dann fröstelt euch wohlig, wenn der Erzähler die Schrecken des grenzenlosen Kosmos ausmalt. Dieses Ausgeliefertsein in der Offenheit! Wo es keinen Rückzugsort gibt, kein Versteck vor den Garbeschianischen Horden, dem Siebenköpfigen Konzil, der Terroristischen Kolonne – oder wie die unzähligen, blutrünstigen Feinde sonst noch geheißen haben mögen. All die intergalaktischen Strolche und Beutelschneider, die nichts anderes im Sinne führten, als über eure armen, nahezu wehrlosen, nicht formatierten Vorfahren herzufallen.
    Vor dem Schlafengehen betet ihr. Aus ganzem Herzen lobt ihr die Umsicht und Gnade eurer Gönner, der Auguren. Ihr bittet sie, weiterhin über euch zu wachen, den Frieden zu bewahren und die Abgeschlossenheit nie, nie mehr wieder zu entriegeln.
    Dann verneigt ihr euch vor den Altären der Sayporaner und ihrer treuen, wunderhübschen Diener, den Fagesy. Traditionell sprecht ihr die Einladung aus, sie möchten euch bald wieder einmal aufsuchen. In Wirklichkeit rechnet damit niemand. Es muss Jahrtausende her sein, dass sie sich zum

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