PR 2647 – Der Umbrische Gong
Spuren zuhauf, die augenfällig bewiesen, dass hier tatsächlich drei Terraner, ein Matten-Willy und ein Fagesy gehaust hatten. Jedoch fand sich nicht der geringste Hinweis darauf, wohin sie sich abgesetzt hatten.
»Hast du telepathisch irgendetwas aufgeschnappt?«, fragte Fydor die Stille Ve. Es kostete ihn einige Mühe, sich seine Frustration nicht anmerken zu lassen.
»Jemand hat unmittelbar bevor er abgestrahlt wurde, an einen Rückzugsort gedacht, den er mit dem Begriff ›Kastell‹ verbindet. Nur das Wort, sonst nichts. Kannst du damit etwas anfangen?«
»Das sagt mir nichts. Nicht mal im entferntesten Zusammenhang mit unserem Fall war je von einem Kastell die Rede. Aber gut, unsere Leute werden dem nachgehen.«
Sein Armband piepte. Der Anruf kam aus der Solaren Residenz, laut Kennung von Marrghiz persönlich.
Es handelte sich um keine frohe Botschaft.
*
Punkt 18 Uhr schlug der Umbrische Gong. Wohlbefinden breitete sich über Terrania City aus.
Aber nicht lange.
Während nahezu sämtliche Bewohner der Metropole ihre jeweiligen Tätigkeiten unterbrachen, um sich dem besänftigenden und zugleich erquickenden Klang hinzugeben, näherte sich, von Süden kommend, ein flirrender Schemen der Residenz mit rasender Geschwindigkeit. Was aus der Ferne wie ein Nebelstreif wirkte, den der Sturmwind voranpeitschte, entpuppte sich als Schwarm von Raubvögeln.
Die Falken stürzten sich auf die rosafarbene Folienscheibe, die zwanzig Meter über dem höchsten Punkt der Stahlorchidee schwebte, in Position gehalten von Traktorstrahlern. So schnell und zielgerichtet attackierten die Falken, dass die zur Bewachung abgestellten TARAS nicht rechtzeitig eingreifen konnten.
Grauenvoller Lärm trat an die Stelle des umbrischen Klanges, als die durchscheinenden Vögel mit Krallen und Schnäbeln auf die Folie einhackten. Ein unmenschliches Kreischen und Grollen erschallte, das alle anderen Geräusche der Stadt übertönte. Jedermann presste die Handflächen gegen die Ohren und fürchtete um seine Trommelfelle.
Die TARAS feuerten auf die Falken und trafen. Zu allen Seiten regneten ihre Trümmer hinab und zerfielen im Sturz zu Staub, zu nichts.
Am Ende blieb kein einziger Vogel übrig. Aber auch der Umbrische Gong hing in Fetzen, die in alle Richtungen flatterten, als zerzause sie ein Wirbelwind noch weiter.
Nur langsam verebbte das Gebrause und Getöse. Danach lag sekundenlang schockierte Stille über der Stadt.
Toufec trat zufrieden von der Balustrade zurück. »Hervorragend, Pazuzu. Jetzt noch die Brieftaube, wenn ich bitten darf. Ich möchte ein Rendezvous vereinbaren.«
9.
Eine erhebliche Zuspitzung
22. November 1469 NGZ
Zu Fydor Riordans nicht geringer Verwunderung war Marrghiz guter Dinge. Sein Augurenlächeln wirkte weit weniger aufgesetzt als zuletzt.
Der Sayporaner hatte eine frühmorgendliche Beratung im engsten Kreis einberufen. Außer ihm und Riordan sollten nur Anicee Ybarri und die Regierungssprecherin Phaemonoe Eghoo daran teilnehmen; Letztere war allerdings noch nicht erschienen.
»Untypisch für sie, ansonsten kommt sie immer überpünktlich ... Wir fangen ohne sie an. Stimmen wir darin überein, dass die Zerstörung des Umbrischen Gongs nur Toufecs Werk sein kann?«
»Aufgrund der verwendeten tierähnlichen, mit höchster Wahrscheinlichkeit aus Nano-Maschinen zusammengesetzten Angriffswaffen – ja«, sagte Fydor. »Dieser Akt des Vandalismus trägt eindeutig seine Handschrift.«
»Gestern Abend war ich zunächst darüber erbost. Doch nach reiflicher Überlegung sehe ich ganz im Gegenteil durchaus Grund für uns zu triumphieren.«
»Inwiefern?«, fragte Anicee.
»Dieser jüngste Terroranschlag dürfte zu einer Abneigung vieler Terraner gegenüber dem Schattenmann führen«, sagte Marrghiz. »Schließlich hat er sie einer der wenigen, sofort spürbaren Annehmlichkeiten beraubt, die ihnen die Versetzung des Solsystems gebracht hat. Mit anderen Worten: Toufec hat einen gravierenden Fehler begangen.«
Fydor, der eine günstige Gelegenheit beim Schopf zu packen wusste, wenn sie sich ihm darbot, warf ein: »Vermutlich, weil meine Leute ihn in den letzten Tagen massiv unter Druck gesetzt haben. Unser unermüdlicher Einsatz trägt zu guter Letzt doch Früchte.«
»Du teilst meine Einschätzung, dass er erheblich an Popularität verlieren wird?«
»Nun ... Vielleicht nicht von heute auf morgen. Ehrlich gesagt glaube ich, dass die Proteste gegen seine Aktion nicht sonderlich vehement
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