PR 2648 – Die Seele der Flotte
Gerade Ramoz war in diesem Zusammenhang von höchster Bedeutung: Wenn er seine Erinnerung zurückgewann, konnte er eine Schnittstelle zu dem Oracca und damit zu der verborgenen Flotte bilden.
Der Terraner erreichte eine verengte Stelle des Korridors. Es sah aus, als hätten sich die Wände aufeinander zubewegt, genau bis zu dem Moment, in dem das Schiff eingefroren war.
Rhodan erinnerte sich an den Augenblick, als er den Obeliskenraumer zum ersten Mal betreten hatte; daran, wie die leicht pulsierenden Wände vor ihm zurückgewichen waren, ihm den Weg geöffnet hatten. Das war damals im Museum der Halbspur-Changeure gewesen, in der Endlosen Stadt auf dem Wasserplaneten Markanu, der von den Kriegshorden der Vatrox überrannt worden war. Von jenem Zustand des Schiffes konnte nun keine Rede mehr sein. Das Schiff hatte stets auf gewisse Weise gelebt, mittlerweile war es wie tot, oder zumindest ähnelte sein Zustand dem Sterben, soweit Technik sterben konnte.
Die Wände standen so eng, dass Rhodan sich nur mit Mühe zwischen ihnen hindurchdrücken konnte. Eisige Kälte schlüpfte unter das Material des SERUNS am Rücken und am Brustkorb. Als er die engste Stelle erreichte, hörte er plötzlich ein Geräusch, eine Mischung aus dem Schaben von Schmirgelpapier über Metall und dem Schmatzen, mit dem ein Matten-Willy durch ein enges Abwasserrohr schlüpfte.
Es lief ihm eiskalt über den Rücken, denn er verstand.
»Mikru! Hör auf!«
Es half nichts. Die Wände rückten enger zusammen, drohten ihn zwischen sich zu zerquetschen.
Hastig wollte sich Rhodan weiter vorandrücken, doch der Spalt wurde immer enger. Die Luft wurde Rhodan aus den Lungen gepresst.
Er riss den ausgestreckten Arm eng an den Körper, schob sich rückwärts. Weg von seinem Ziel, dorthin, woher er gekommen war – und der Korridor öffnete sich für ihn. Der Druck nahm ab.
Das Schiff will mich nicht gehen lassen, dachte er unwillkürlich. Aber – konnte das sein? Verfügte MIKRU-JON über eine gewisse Restenergie? Er dachte an Mikrus Erscheinung, ehe sie zerbrochen war, an die blutigen Augen, an die eindringliche Bitte um Hilfe.
»Mikru! Ich werde dir helfen, aber dazu muss ich das Schiff zunächst verlassen! Lass mich gehen!«
Es erfolgte keine Reaktion.
»Hörst du? Ich lasse dich nicht im Stich. Ich bin dein Pilot, aber ich muss zunächst wissen, was mit Nemo Partijan und Ramoz geschehen ist!«
Über eine Alternative zu dieser Vorgehensweise dachte er nicht einmal nach, und er wunderte sich nur ganz kurz über dieses Absolutheitsdenken.
Mikru blieb still.
Der Korridor öffnete sich nicht, war inzwischen so eng, dass höchstens ein Siganese ihn hätte passieren können. Die Bewegung war wieder erstarrt, der Atem des Schiffes vergangen.
Perry Rhodan war nicht bereit, sich an dem hindern zu lassen, was er tun musste. Entschlossen zog er einen Handstrahler und richtete ihn auf die Korridorwand vor sich.
»Mikru! Lass mich gehen, oder ich werde mir den Weg frei schneiden!«
Er zielte und hoffte, dass es nicht zum Äußersten kommen musste.
Er hoffte es für MIKRU-JON.
Und für sich, denn er zweifelte daran, dass er gegen dieses halb lebendige, sterbende Schiff auch nur die geringste Chance hatte, wenn es zum offenen Kampf kam.
4.
Irrtümer und ein Todesfall
Etwas vorher:
Numenkor-Bolok beugte sich in MIKRU-JONS Zentrale über Perry Rhodan, den aktuellen Piloten des Obeliskenraumers, dessen Oberkörper unter Ramoz begraben lag. Zu dem Knäuel gehörte auch der hagere Mann namens Nemo Partijan, auf dem wiederum Rhodans Beine lagen.
Die Namen hatte der Lare durch seine Verbindung zum Schiff und dessen Erinnerungen erfahren – es gab kein Geheimnis für ihn an Bord. Er war für eine Ewigkeit ein Teil des Schiffes gewesen, sein Bewusstsein eingebunden in den ewigen Informationsstrom.
Jeder Pilot hinterließ einen Abdruck seiner selbst in MIKRU-JON, und der Raumer integrierte ihn in sich selbst. Nur war es bislang niemals vorgekommen, dass einer der Piloten wieder einen echten Körper erhalten hatte. Es gab nur Mikru, die Projektion der Schiffsseele, die alle ehemaligen Piloten in sich vereinte.
Doch inzwischen gab es Numenkor-Bolok. Warum auch immer.
Er berührte den Fremden, aus dessen Auge ein metallischer Dorn ragte, und ... etwas geschah. Der Lare vermochte es sich selbst nicht zu erklären. Etwas ging vor, doch was er tat, verschwand sofort aus seiner Erinnerung, löschte sich aus seinem Gehirn, als würde es nie
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